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Im Glanz der roten Sonne Roman

Titel: Im Glanz der roten Sonne Roman
Autoren: Elizabeth Haran
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verbergen; es war das erste Mal, dass jemand sie ermutigte. Es wunderte sie, dass er die offensichtlichen Hindernisse nicht sah. Andere hatten nie gezögert, sie ihr vor Augen zu führen, am wenigsten ihre Eltern. Nicht nur, dass sie eine junge Frau war, nein, sie war außerdem ...
    Plötzlich blieb Jordan stehen. »Eden müsste irgendwo hier in der Nähe sein«, sagte er und blickte sich verwirrt um. Er glaubte, den richtigen Ort gefunden zu haben, doch auf der anderen Straßenseite stand ein Bauernhaus, das zehn Jahre zuvor noch nicht dort gewesen war.
    »Der Eingang zur Plantage ist gleich da vorn an der Straße, aber er ist zugewachsen und kaum zu erkennen.«
    Ein paar Meter weiter war in dem wilden Zuckerrohr, das am Straßenrand wuchs, tatsächlich eine schmale Lücke zu sehen. Jordan erkannte, dass er sie ohne die Hilfe der jungen Frau wahrscheinlich nicht gefunden hätte. Einen Augenblick starrte er die gewundene Auffahrt hinauf, die fast vollständig von Unkraut überwuchert war. Er hatte geglaubt, auf diesen Moment vorbereitet zu sein, doch nun schlug sein Herz vor Aufregung plötzlich rasend schnell. Während er mit seiner geheimnisvollen Führerin den Weg entlangging, überkamen ihn lebhafte Erinnerungen. Er musste daran denken, wie vielharte Arbeit in diesem Anwesen steckte ... wie viel Liebe, Hoffnungen, Träume und Tränen mit jedem Stein, jedem Balken Holz verbunden waren.
    Im Jahr 1880 hatte Thomas Fitzgerald gemeinsam mit zehn Siedlern – einer davon war Jordans Vater gewesen – und fünfunddreißig kanakas tausend Hektar Land übernommen, das ihnen vom katholischen Bischof von Brisbane und den »Gnadenreichen Schwestern« zur Verfügung gestellt worden war. Die Männer hatten den Regenwald gerodet und Zuckerrohr gepflanzt, doch zunächst ohne großen Erfolg. Die meisten waren daraufhin weitergezogen, doch Patrick Hale war in Geraldton geblieben. Er hatte sich ein Zuhause geschaffen und Eden aufgebaut. Die Ernten waren bald so ergiebig gewesen, dass im Jahr 1882 die Zuckerrohrmühle von Mourilyan Hill errichtet worden war.
    Anders als die meist ganz aus Holz erbauten Häuser anderer Plantagenbesitzer war das Erdgeschoss von Patrick Hales Heim aus Natursteinen gemauert. Zum Schutz gegen Überschwemmungen stand es auf dem höchsten Punkt der umgebenden Landschaft. Jordan hatte noch die Worte seines Vaters im Ohr, dass Stein besser gegen die Hitze schütze. Dies hatte sich bestätigt, denn selbst an den heißesten Tagen war das Haus kühl und luftig gewesen, und auch die Termiten hatten ihm nichts anhaben können. Einst hatte es eine breite Veranda besessen, von weißen Säulen getragen, die sich um das Gebäude zog; abends hatten die Hales oft auf dieser Veranda gesessen und über die Zuckerrohrfelder geblickt. In der Regenzeit hatten die Schauer auf das Blechdach getrommelt; ein lautes und beständiges Geräusch, doch Jordans Mutter hatte es stets als tröstlich empfunden.

    Als Jordan das Haus erblickte, blieb er ungläubig stehen.
    »Kein schöner Anblick, nicht wahr?«, sagte die junge Frau. »Ich hatte Sie ja gewarnt.« Als Jordan nichts erwiderte,fuhr sie fort: »Ein Agent erzählte mir, vor acht Jahren habe es hier einen Wirbelsturm gegeben, der einen Teil des Daches abgedeckt hat. Der Besitzer ließ den Schaden nicht reparieren, und so sind die Balken vom Regen verrottet. Das Dach ist einsturzgefährdet, und im Innern des Hauses wimmelt es von Ungeziefer. Als ich hierher kam, war es völlig unbewohnbar.«
    Jordan hatte von dem Wirbelsturm gehört, das Ausmaß des Schadens jedoch unterschätzt. Er konnte kaum glauben, dass das Haus tatsächlich dermaßen heruntergekommen war. In seiner Erinnerung war Eden immer ein prächtiger Besitz gewesen, doch nun war es ein verfallendes Gemäuer – ein trauriges Spiegelbild der Menschen, die einst darin gelebt hatten.
    Nichts erinnerte mehr an das schöne Herrenhaus, das Jordan vor zehn Jahren verlassen hatte. Im Dach klafften große Löcher, und an mehreren zerbrochenen Fenstern im Erdgeschoss fehlten die Läden. Die Vordertür war nur angelehnt; sie war vor langer Zeit aufgebrochen worden, wahrscheinlich von einem Plünderer nach dem Wirbelsturm. Das Fliegengitter war abgerissen.
    Jordans Blick fiel auf die Reste einer hölzernen Gartenschaukel, die sein Vater einst für seine Mutter gebaut hatte. Die Trümmer lagen auf der ganzen Veranda verstreut. Er fühlte einen schmerzhaften Stich in der Brust, schloss für einen Moment die Augen und holte tief
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