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Im fünften Himmel

Im fünften Himmel

Titel: Im fünften Himmel
Autoren: Megan McCafferty
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musste ich an sie denken. Sie war so eine tolle Frau, deine Großmutter. Oh Mann. Scheiße. Gerade fällt mir ein, dass man für Herz vier Spieler braucht. Vielleicht können wir stattdessen Rommé spielen oder so was. Weiß auch nicht. Dieser Barrytini hat mir echt das Hirn vernebelt, und … ich … äh … ich muss noch mal ins Bad, okay? Du kannst ja so lange den Fernseher anmachen oder so, es könnte nämlich ein bisschen dauern, und …«
    Immer weiterplappernd geht er rückwärts ins Badezimmer, macht die Tür hinter sich zu und schließt ab. Er sinkt mit dem Rücken an der Tür in sich zusammen, wie der einzige Überlebende im Horrorfilm, der dem Amoklauf des sensenschwingenden Psychokillers entkommen ist.
ZWANZIG
    Irgendwas ist gerade passiert. Und Jessica weiß nicht genau, was. Sie hört im Badezimmer das Wasser laufen. Marcus steht unter der Dusche.
    Marcus steht nackt unter der Dusche , denkt sie. Verdammt noch mal, wieso bringt er mich dazu, ihn mir jetzt nackt unter der Dusche vorzustellen?
    Um sich vom Gedanken an Marcus nackt unter der Dusche abzulenken (HÖR AUF, DIR MARCUS NACKT UNTER DER DUSCHE VORZUSTELLEN!) , beißt Jessica die Verpackung des Kartenspiels auf und spuckt ein Stück Cellophan auf die Bettdecke. Sie schiebt die Karten aus der Hülle und mischt sie. Das Flattergeräusch der Karten versetzt sie sofort in die betreute Wohnanlage Silver Meadows zurück, wo sie geduldig wartet, während ihre Großmutter beim Kartenspiel aufs Ganze geht und Marcus, ihre Altersliebe Moe und eine ständig schlecht gelaunte Alte in Jogginghosen schlägt, an deren Namen sich Jessica nicht erinnern kann. Drei der vier Mitspieler waren inzwischen tot. Tod. Gladdies Beerdigung … Jessica und Marcus, die sich heimlich hinter verschlossenen Türen küssen … ihr erster Kuss … in einer Toilette …
    Das hilft kein bisschen weiter, wenn sie sich von Marcus nackt unter der Dusche ablenken will.
    Das Telefondisplay leuchtet auf. Barry Manilow singt. Jessica sieht die Vorwahl von Pineville, gefolgt von einer ihr unbekannten Nummer. Sie geht ran und erwartet eine Enttäuschung. »Hallo?«
    Â»Ich verstoße gerade total gegen alle Vorschriften.«
    Jessica lässt beinahe das Handy fallen. »Sunny?«
    Â»Ich musste warten, bis alle weg sind, ehe ich dich anrufen konnte. Ich soll mich eigentlich ausruhen, aber ich meine, hallo?! Ich habe drei Tage im Koma gelegen, ich glaube, das war genug Ruhe.«
    Â»D-d-d-d-du bist wach?«, stammelt Jessica.
    Â»Ach was «, sagt Sunny. »Wie könnte ich sonst wohl sprechen?«
    Â»A-a-aber du hast doch ein Schädel-Hirn-Trauma. Da kannst du nicht einfach aufwachen, und alles ist wieder normal! Ich habe im Netz alles darüber gelesen. So was passiert bloß im Film.«
    Â»Ich bin ja auch nicht vor einer Minute aufgewacht. Ich war schon die ganze letzte Nacht halb wach, und im Laufe des Tages bin ich dann immer wacher geworden. Ich sehe aber immer noch richtig scheiße aus. Als wäre ich überfahren worden.« Sunny legt eine dramatische Pause ein. » Bin ich ja auch. Und jetzt habe ich eine noch schlimmere Frisur, die ich rauswachsen lassen muss. Aber abgesehen davon, sollte ich wieder vollständig genesen, sagt der Arzt.«
    Jessicas Kehle schnürt sich zu. »Weißt du, dass ich gestern Nacht bei dir war?«, krächzt sie.
    Â»Ich habe so eine Erinnerung, dass du mit mir geredet hast«, antwortet Sunny, »aber ich weiß ehrlich gesagt nicht, wie viel von dem, was ich im Kopf habe, wirklich passiert ist und was nur Einbildung ist.«
    Jessica nickt mitfühlend, obwohl Sunny sie gar nicht sehen kann. Ihr Telefon weist sie piep-piep-piep darauf hin, dass der Akku fast alle ist.
    Â»Meine Eltern haben mir erzählt, dass du dir solche Sorgen um mich gemacht hast. Ich habe ihnen gesagt, du magst mich bloß, weil ich dein Alter Ego bin, die koreanische Wiedergeburt deines jüngeren Ichs, die aktuelle hauptamtliche Zynikerin an der Pineville High, die alles hat und zugleich nichts …«
    Eine Spinnenarmee kriecht Jessicas Rückgrat hinauf. Was hat sie gerade gesagt?
    Das Handy piep-piep-piept wieder.
    Â»Fast schade, dass sie mich schon vorzeitig an der Columbia zugelassen haben, sonst hätte ich daraus einen großartigen Bewerbungsessay machen können, oder? Und wie viel tiefsinniger und
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