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Im fernen Tal der Hoffnung

Im fernen Tal der Hoffnung

Titel: Im fernen Tal der Hoffnung
Autoren: Nicole Alexander
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grauhaariger Mann mit einem Bart, der ihm bis auf die Brust reichte und die Spuren zahlreicher Mahlzeiten trug, schob sich nach vorn durch. » Heutzutage darf man niemanden mehr einfach so erschießen.«
    Hamish strich seinen Schnäuzer glatt, als würde er bei einem Sonntagspicknick über den Wollpreis verhandeln. » Tatsächlich?« Das Wort hing drohend in der Luft. Auf Wangallon gab es einen eingezäunten Friedhof für alle Mitglieder der Familie Gordon und zahlreiche flache Gräber oder hohle Baumstämme für die, die sich seinen Regeln nicht beugen wollten. » Wendet euch an Jasperson oder lasst es bleiben.« Er wendete sein Pferd. Boxer war hinter ihm und sicherte ihn mit seinem Gewehr. Der alte Schwarze war ein hervorragender Schütze und würde mit seinem Karabiner vier Männer niederstrecken, bevor sie noch wussten, aus welcher Richtung die Kugeln kamen.
    Â» Was ist los?« Hamish kannte diesen gequälten Ausdruck auf Boxers Gesicht. Es war der Gesichtsausdruck, der das Herannahen eines Buschfeuers verkündete, den Mord an einer schwarzen Frau oder die Entdeckung, dass Hamishs erste Frau, Rose, tot auf dem Friedhof am Bach lag. » Nun?«, fragte Hamish ungeduldig. Über Boxers breites Gesicht huschte ein Schatten. » Nun?«
    Hamish stieß seinem Hengst die Sporen in die Flanken und galoppierte vor dem alten Mann und seinem unergründlichen Aberglauben davon. Vielleicht forderte ja das Alter seinen Tribut, und die untrügliche Intuition, auf die er sich früher blind hatte verlassen können, funktionierte nicht mehr. Vielleicht sollte er den Alten in den Ruhestand schicken und durch einen seiner Söhne ersetzen. Mungo war zwar nicht Boxers ältester Sohn, aber er war relativ zivilisiert und hatte sicherlich davon profitiert, dass er viele Monate lang mit Hamishs Sohn Luke die großen Herden durchs Land getrieben hatte. Ja, das wäre sicher eine gute Lösung, dachte Hamish. Dabei fiel ihm ein, dass er von Luke seit zwei Monaten nichts gehört hatte. Er wusste gar nicht, wo er jetzt mit den Herden war. Der Junge war genauso unzugänglich wie seine verstorbene Mutter, und es fiel Hamish schwer, sich damit abzufinden. Aber wenigstens hatte er ja einen weiteren Sohn, der Wangallon erben würde, rief er sich ins Gedächtnis. Und das war doch das Wichtigste.

Herbst 1989
    Wangallon Station
    Sarah lag flach auf dem Bauch und balancierte die Pentax-Kamera auf einem Baumstamm. Dies war ihr dritter Versuch, ein einsames Wallaby zu fotografieren, aber die Aufgabe war schwieriger, als sie angenommen hatte. Vor ein paar Tagen hatte sie das Wallaby entdeckt, als sie und Anthony mit den Pferden nach Hause gekommen waren, und seitdem war sie zweimal hiergewesen. Es war ein abgeschiedener Ort. Verfallene Schafställe standen im Schatten grüner Pfefferkornbäume, und das Gelände war am Rand von einem sandigen Kamm begrenzt, der dicht mit Monterey-Kiefern bestanden war. Es war die perfekte Umgebung für das scheue Wallaby.
    Sarahs erste Aufnahmen zeigten Sonnenstrahlen, die horizontal durch das Laub eines Pfefferkornbaums fielen. Es wirkte beinahe überirdisch auf den zerfallenen Holzzäunen, dem brusthohen Speergras und den Kakteen in der Ferne. Das Wallaby jedoch duckte sich leider immer, sobald sie auf den Auslöser drückte. Man könnte annehmen, du wärest kamerascheu, dachte Sarah, als das Licht schwächer wurde. Langsam richtete sie sich hinter dem Baumstamm ein wenig auf und blickte durch den Sucher der Kamera. Der Tag neigte sich dem Ende zu, und rosa-goldenes Licht drang durch das Blätterdach. Ein Schwarm Schmetterlinge erhob sich aus dem Gras, und das Wallaby, das bedächtig auf einem langen Grashalm kaute, drehte seinen Kopf in Sarahs Richtung.
    Sie drückte auf den Auslöser. Das Wallaby gab einen leisen grollenden Laut von sich und hüpfte davon. » Hervorragend!« Sarah sprang auf und vollführte einen kleinen Freudentanz. Das war bestimmt eine prachtvolle Aufnahme geworden. Sie verstaute die Pentax sicher in ihrer Tragetasche. Plötzlich ertönte das Grollen erneut. Sarah fuhr erschreckt herum. Halb erwartete sie, einen Wildhund oder ein Schwein zu sehen oder vielleicht sogar einen Dropbär, das mythische Buschwesen, das Anthony so liebte. Erneut ertönte das Geräusch, und als Sarah aufblickte, sah sie in einem hohen Eukalyptusbaum inen Koala. Angus, ihr Großvater, hatte
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