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Im Dunkel der Schuld

Im Dunkel der Schuld

Titel: Im Dunkel der Schuld
Autoren: Rita Hampp
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mir ist so schlecht.«
    Prüfend tastete er nach ihrem Handgelenk, legte seine Finger auf ihre Stirn.
    Â»Du simulierst mal wieder«, stellte er fest. »Ich fall nicht darauf rein. Es läuft alles genauso ab, wie ich es will, verstanden?«
    Er machte sich an ihren Beinen, ihren Armen und ihrem Kopf zu schaffen. Sie verstand nicht, was er da tat, aber sie merkte, wie plötzlich der Druck nachließ. Sie konnte ihren Kopf drehen, auch wenn ihre verkrampften Muskeln das verhindern wollten. Hände und Arme waren frei, sie konnte die steifen Beine ausstrecken und etwas anwinkeln. So weit es eben ging.
    Was hatte er vor? Würde er sie laufen lassen? Bestimmt nicht. Irgendeine neue Höllenqual hatte er sich ausgedacht.
    Â»Mach jetzt keinen Scheiß. Ich helf dir, und du versuchst, hochzukommen, okay?«
    Gelähmt vor Entsetzen, war sie zu keiner Reaktion imstande. Sie wollte im Sarg bleiben, sie wollte nicht aufstehen. Bestimmt würde er sie dann auf die Metallliege legen und sie bei lebendigem Leibe aufschneiden. Nein, nein, nein …
    Â»Stell dich nicht so an. Ich will dich waschen, du dummes Stück. Du stinkst, alles ist schmutzig.«
    Â»Waschen?«, wiederholte sie und begann hysterisch zu lachen. »Für wie blöde hältst du mich?«
    Er reichte ihr die Hand. »Komm jetzt!«, befahl er.
    Sie versuchte sich aufzurichten, aber es gelang ihr nicht. Die Ellbogen waren wie aus Butter. Nächster Versuch. Nein. Unmöglich.
    Er zog die Augenbrauen zusammen, sah sich um, packte sie noch einmal an der Hand, zog sie halb hoch, merkte offenbar, dass er allein es nicht schaffen würde, sie aus dem Sarg zu heben, ließ sie mit einem leisen Fluch wieder zurückgleiten und rollte das Gestell, auf dem der Sarg lag, zur anderen Seite des Raumes, an der die drei breiten Gurte von der Decke hingen.
    Allmählich bekam sie wieder Gewalt über ihre Muskeln. Während sich Thomas an den Gurten zu schaffen machte, spannte sie ihre Armmuskeln an und entspannte sie, versuchte das Gleiche mit den Beinen, dann mit den Bauchmuskeln. Anspannen, entspannen. Ganz behutsam, damit er es nicht sah. Jetzt begann sie ihre ganze Kraft auf einen Punkt zu fokussieren, dann konzentrierte sie sich auf Bauch und Nacken, machte sich bereit. Sie war frei. Das musste sie ausnutzen. Aber noch war es zu früh. Sie brauchte noch ein paar Augenblicke, bis ihre Muskeln ihr wieder vollständig gehorchen würden. Sie musste ihn überraschen, doch im Augenblick hatte er noch die Oberhand. Am besten tat sie so, als sei sie immer noch wehrlos. Auch wenn das Taubheitsgefühl in ihren Gliedern allmählich in Kribbeln überging.
    Thomas griff zum ersten Band, löste es, führte es unter ihrem Rücken durch, klinkte es auf der anderen Seite in einen Haken, zog es fest an, und ihre Körpermitte schwebte ein paar Zentimeter in der Luft, schaukelte leicht. Verdammt. Der Gurt presste ihre Arme an den Körper, so würde sie sie nicht gebrauchen können. Schlimmer noch – jetzt ahnte sie, was er vorhatte: Er würde sie, da er sie ohne Hilfe nicht aus dem Sarg heben konnte, wie ein Kranführer an den Bändern hochhieven und genau dahin schwenken, wohin sie nicht wollte. Auf die Metallliege.
    Nein!
    Nein!
    Sie lag ganz still, sammelte sich. Konzentrierte sich auf die Beine, die noch frei waren. Sie könnte sie blitzschnell anziehen. Beinschere. Seinen Hals mit den Beinen einklemmen. Würgen. Das würde ihr Zeit verschaffen, um die Arme freizubekommen. Dann konnte sie zupacken, ihn aus dem Gleichgewicht bringen, vielleicht mitsamt dem Sarg zu Boden stürzen, ihn mit ein paar Hebelgriffen kampfunfähig machen. Doch noch gehorchten ihre Beine ihr nicht. Sie hoben sich nur ein kleines Stück, nicht hoch genug.
    Thomas lachte auf.
    Â»Vergiss es«, schnaufte er. »Das Mittel ist stärker, als du denkst. Ich habe es genau dosiert.« Schon hatte er den nächsten Gurt unter ihren Beinen hindurchgeschlungen, hakte ihn fest und zog die Schlaufe zu. Nun trat er nach vorn, beugte sich über sie. Sorglos. Ahnungslos.
    Ihre allerletzte Chance. Sie musste die Nasenwurzel treffen. Nichts anderes als die Nasenwurzel. Sie konnte es. Sie hatte es tausendmal geübt, bis zur Entkräftung. Und noch darüber hinaus.
    Jetzt!
    Mit einem Ruck und voller Kraft schnellte ihr Oberkörper hoch, ihre Stirn traf ihn, bevor er zurückzucken konnte, mitten im Gesicht. Er schrie
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