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Im Dienste Der Koenigin

Titel: Im Dienste Der Koenigin
Autoren: Karla Weigand
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Anrede, die ihr Gemahl seinem Günstling angedeihen ließ. Sie, seine Ehefrau, bedachte der König niemals mit derlei Liebenswürdigkeiten.
    Sie sah, wie der jugendliche Herrscher von Frankreich sich besorgt zu seinem Favoriten hinüberbeugte. Der saß an diesem fünften Dezember 1617 mit finsterem Gesicht neben ihm an der langen Abendtafel im Speisesaal des Louvre.
    Ungewohnt vertraulich legte Seine gerade einmal sechzehnjährige Majestät in aller Öffentlichkeit seine mit zahlreichen Ringen geschmückte Hand Monsieur Charles d’Albert auf den muskulösen Unterarm und streichelte ihn bewundernd und beschwichtigend zugleich.
    »Ich kann es nicht ertragen, wenn Ihr so düsteren Gemütes seid, mon Cher.« Die Königin schluckte.
    Der Angesprochene - ein gut aussehender, großer schlanker Herr Mitte dreißig, bekleidet mit einer reich bestickten gelben Brokatweste, einem weißen Hemd und blauseidenen Kniehosen - kniff die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen und brummte ungehalten:

    »Ach, Ihr könnt es nicht ertragen, Sire? Und dennoch seid genau Ihr der Anlass für meine üble Laune. Ja, ich gestehe, meine Stimmung ist am heutigen Abend nicht gerade die allerbeste, Sire. Und alles wegen Eures bizarren Einfalls, mir eine Gemahlin aussuchen zu wollen!
    Bereits morgen wird dieses mir völlig unbekannte Weibsstück in mein friedliches Palais eindringen, sich dort in der dreisten Art aller Weiber breitmachen und Hausherrin spielen.«
    Das wagte er zu äußern, obwohl zwei edle Damen in unmittelbarer Nähe saßen: die Königin und die Mutter des Königs. Aber niemand rügte ihn deswegen. »Mein Leben wird sie durcheinanderbringen, wie es nur einem törichten Frauenzimmer möglich ist«, fuhr er fort und verstärkte damit noch seine Grobheit.
    Ludwig tat daraufhin etwas, was er sich nur äußerst selten erlaubte: Er lachte laut und herzlich, ohne sich um die betretene Miene seiner Gemahlin Anna oder gar die verkniffene seiner Mutter, Maria de Medici, zu scheren.
    Letztere - eine plumpe, dickleibige und dumme, aber äußerst machtgierige Person - war erst wenige Wochen zuvor aus ihrer Verbannung in Blois entlassen worden und würde es sich gut überlegen, gleich wieder den Unwillen ihres Sohnes herauszufordern. Und was seine Frau, die Königin, dachte und fühlte, hatte Ludwig noch nie interessiert.
    »Mon Ami, lasst Euch doch Eure gute Laune dadurch nicht vergällen«, redete der König seinem Favoriten gut zu. »Soll Eure Gemahlin in Eurem Hause schalten und walten nach Belieben - Ihr werdet dann umso seltener daheim sein. Ihr seid doch auch jetzt schon mehr bei mir im Louvre zu Hause als in Eurem eigenen Palais, mon Cher, nicht wahr?«
    Königin Anna wurde das Herz bei den Worten ihres Gemahls
noch schwerer. Warum nur behandelte Ludwig sie so demonstrativ verächtlich? Sie gab sich doch jede erdenkliche Mühe - auch wenn sie für ihren Mann Luft zu sein schien und dies seit dem Tag ihrer Eheschließung. Vergeblich hatte sie bisher um die Liebe ihres Gatten gekämpft. Gegen den Favoriten kam sie jedoch nicht an.
    Natürlich wusste sie wie jedermann bei Hofe, dass Ludwig XIII. seinem Liebhaber eine Gemahlin ausgesucht hatte, die dieser, ohne die Frau auch nur einmal gesehen zu haben, widerspruchslos zu heiraten hatte.
    Als der äußerst gut aussehende Favorit immer noch verärgert dreinsah, flüsterte ihm Ludwig diskret ein paar Koseworte zu und küsste Charles d’Albert vor den Augen seiner Gemahlin Anna, der unwillkürlich die Tränen in die Augen stiegen, auf die Stirn.
    Dann meinte er mit einem spitzbübischen Gesichtsausdruck, der sich bei seinem hageren, seltsam in die Länge gezogenen Antlitz mit der scharf konturierten Nase nicht gerade gut ausnahm: »Ihr werdet nicht unzufrieden sein mit meiner Wahl, mon Ami. Sie soll eine wahre Schönheit sein und sehr klug dazu.«
    »Das sind die schlimmsten, Sire«, fiel de Luynes dem König wenig höflich ins Wort. »Auf Grund ihres guten Aussehens glauben sie, sich alle Freiheiten, sprich Frechheiten , herausnehmen zu können. Und die Klugheit gar ist bei Weibern von allergrößtem Übel.«
    Erneut lachte Ludwig XIII. Es klang dieses Mal eher wie das boshafte Meckern eines Ziegenbocks, wobei Form und Länge seiner jugendlich-kümmerlichen Barttracht dazu beitrugen, seine Ähnlichkeit mit einem Faun zu unterstreichen.
    Das Schönste am König waren zweifellos sein dichtes, lockiges, bis auf die Schultern fallendes, braunes Haar sowie seine
dunklen Augen - sofern sie nicht
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