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Im Dienste Der Koenigin

Titel: Im Dienste Der Koenigin
Autoren: Karla Weigand
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gerade boshaft funkelten. Er fasste sich an seine weit vorspringende, schmale Hakennase.
    »Ich bin sehr gespannt, Herzog, wie Ihr mit der jungen Dame zurechtkommen werdet. Falls es Euch zu viel wird, wisst Ihr ja, wo Ihr ein empfindsames Herz findet, welches Euch jederzeit trösten wird. Die nächsten drei Tage und Nächte seid Ihr jedenfalls beurlaubt, um Euer junges Eheglück zu genießen, mon Cher.«
    Königin Anna war nahe daran, die Tafel zu verlassen. Diese Demütigung überstieg bei weitem das tägliche Maß an Missachtung und Unverschämtheit seitens des Königs, an das sie sich fast schon gewöhnt hatte.
    Der letzte Satz Ludwigs war von einem anzüglichen Grinsen begleitet. Dann flüsterte der Herrscher dem Herzog - für die übrigen Tischgenossen unhörbar - zu: »Diese Nacht allerdings, die letzte, die Ihr als unverheirateter Mann verbringen könnt, wird ganz die unsere sein. Ich sehne mich nach Euch, mein Geliebter.«
    Laut jedoch rief der junge Monarch aus: »Wir wollen uns nun zurückziehen, Monsieur de Luynes. Ich habe noch eine Menge wichtiger Dinge, die keinen Aufschub dulden, mit Euch zu besprechen.«
    Ludwig hakte seinen Favoriten unter und verließ mit ihm, angeregt plaudernd, unter den Augen des gesamten Hofstaates den Saal. Anna, die den Charakter ihres Gatten inzwischen nur zu gut kannte, wusste, dass dieser den letzten Satz absichtlich besonders betont hatte - wegen der Anwesenheit seiner Mutter und derjenigen von Monsieur Jean Armand du Plessis, des Bischofs von Luçon - ihres um viele Jahre jüngeren Günstlings, den sie sich nach dem Tod von Concino Concini auserwählt hatte.
    Die Königin sah, wie Maria de Medici sich ein abfälliges
Lächeln verkniff. Es gab natürlich niemanden am Hof, der nicht über des Monarchen Neigung zum eigenen Geschlecht Bescheid wusste, aber alle taten so, als wäre der junge König streng heterosexuell. Körperliche Liebe unter Männern war nach Ansicht der Kirche eine Todsünde und wurde auch von weltlichen Gerichten im Allgemeinen mit dem Tode bestraft. War jedoch ein Monarch der »Sodomie« verfallen, spielte man Theater und ignorierte das Offenkundige.
    Die Schicklichkeit vor den Höflingen wurde dadurch gewahrt, dass Ludwig vorgab, sich mit Charles d’Albert nur wichtiger Staatsgeschäfte wegen in seine Gemächer zurückzuziehen.
    Gleichzeitig wollte er seinem jüngeren Bruder Gaston, der am unteren Ende der Tafel seinen Platz hatte und ihm zeitlebens das Erstgeburtsrecht und die Königswürde neidete, vor Augen führen, wie sehr ihm dessen Meinung über gleichgeschlechtliche Beziehungen gleichgültig war. Was verstand der noch nicht einmal Zehnjährige denn schon davon?
    Und nicht zuletzt wollte er ihr, seiner Gemahlin, Anna von Österreich, signalisieren, wie maßlos er sie verachtete.

KAPITEL 5
    GEGEN MITTAG DES folgenden Tages konnte Marie de Rohan-Montbazon erleben, wie ein höchst verärgerter - aber gleichwohl aufs Äußerste gespannter - Monsieur Charles d’Albert seine junge Braut samt prächtigem Gefolge im Hof seines Palais’ empfing.

    Marie wusste bereits, dass der Favorit Ludwigs XIII. das zweifelhafte Vergnügen genoss, unmittelbarer Nachbar der Königinmutter zu sein. Seit dem Jahr 1615 ließ diese sich dort von dem berühmten Architekten Salomon de Brosse das Palais du Luxembourg als luxuriösen Witwensitz mit einem angeschlossenen Park, dem Jardin du Luxembourg, errichten.
    »Nun, was da so anrollt an irdischen Besitztümern und an Domestiken in prächtigen Uniformen, wird durchaus dazu angetan sein, den, wie ich gehört habe, allem Prunk sehr zugetanen Herzog de Luynes auf das Angenehmste zu überraschen«, äußerte Marie verächtlich und lugte dabei verstohlen aus dem Fenster ihrer noblen Karosse.
    »Ha! Dachte ich es mir doch! Meine beiden Pferde springen dem Herrn sofort ins Auge. Er soll ja ein leidenschaftlicher Reiter sein und besitzt sicher einen Blick für den Wert edler Rösser«, fügte sie mit Befriedigung hinzu. Den strafenden Blick des Herrn Abbé übersah sie dabei geflissentlich. »Er soll bloß nicht glauben, dass wir in Lothringen Hinterwäldler sind und uns nicht auf die feine Lebensart verstehen!«
    In der Tat! Was dort in seinem Hof schnaubte, mit glänzendem Fell, schlanken Fesseln und blank polierten Hufen, und den Kopf herumwarf, dass die schwarze Mähne Rabenflügeln gleich die Luft durchteilte, und dabei die großen Augen rollte, das war ein prachtvolles Paar feuriger Araberpferde und der Herzog de Luynes
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