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Im Dienste der Comtesse

Im Dienste der Comtesse

Titel: Im Dienste der Comtesse
Autoren: CLAIRE THORNTON
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konnte.
    „Ehe sie ihn mit Séraphin betrog, hatte Bertier zwei der Pariser Häuser Julie Dubois vermacht“, gestand Saint-André.
    „Seiner Mätresse. Ja, ich verstehe.“ Ein paar Sekunden blickte sie angestrengt zur Decke, und als sie den Kopf wieder senkte, glänzten ihre Augen zwar, aber sie wirkte völlig gefasst und lächelte Saint-André an. „Danke, Monsieur. Ich weiß Ihre Offenheit sehr zu schätzen.“
    Pierce wäre am liebsten zu ihr gegangen, um sie zu trösten, aber er ahnte, dass er das vor den anderen nicht tun durfte, um sie nicht in ihrer Würde zu verletzen.
    La Motte stand auf und trat vor sie. „Madame, ich entschuldige mich ohne Vorbehalte für meinen Verdacht. Sie haben mehr Großzügigkeit und Mitgefühl gezeigt, als zumindest ich es verdiene. Bitte glauben Sie mir, ich stehe Ihnen jederzeit zu Diensten. Wenn es etwas gibt, das ich für Sie tun kann …“
    „O ja, vielen Dank!“ Sie strahlte ihn an. „Ich wäre Ihnen äußerst dankbar für Ihren Rat beim Kauf eines Hauses in London. Der Marquis ist der Meinung, Sie sind der Beste, an den ich mich wenden kann.“
    Die Postkutsche fuhr pünktlich ab. Zwei der vier mitfahrenden Passagiere waren Pierce und der ahnungslose Jean-Baptiste. La Mottes Vertrauter, Robson, saß neben dem Kutscher. Es war immer noch hell, als sie London verließen, und obwohl Daniel ihm den Mann gezeigt hatte, den Mélusine als ihren früheren Diener identifiziert hatte, wuchsen in Pierce die Zweifel, ob er es tatsächlich war. Auf den ersten Blick wirkte der Mann wie ein bescheidener Buchhalter mittleren Alters. Auf den zweiten Blick allerdings auch. In der beengten Kutsche konnte Pierce ihn nicht allzu offen anstarren, ohne sich verdächtig zu machen. Er konnte nur abwarten, was während der Reise oder bei ihrer Ankunft in Chippenham passieren würde.
    Er selbst hatte sich betont unauffällig gekleidet und sich bei dem einzigen Mitreisenden, der an einer Unterhaltung interessiert zu sein schien, als William Frost vorgestellt. Als sie in Slough die Pferde wechselten, war es schon nach elf, und die ohnehin spärlichen Gespräche waren mittlerweile ganz verstummt.
    In der Kutsche war es nun sehr dunkel, aber Pierce hatte nicht vor zu schlafen. Er wollte nachdenken, wobei er den Buchhalter heimlich im Auge behielt. Mélusine, Saint-André und Daniel reisten hinter ihm in einer von La Mottes gut ausgestatteten Kutschen. Sie hatten vereinbart, an denselben Orten anzuhalten wie die Postkutsche, damit Pierce dort Nachrichten für sie hinterlegen konnte, falls während der Reise etwas geschah, das sie zur Änderung ihres Plans zwang. Obwohl Pierce sich freute, Mélusine in der Nähe zu wissen, gefiel es ihm gar nicht, ihr so kurz nach ihrer Ankunft in London eine weitere anstrengende Reise zumuten zu müssen. Sie war nur wenige Stunden nach ihm angekommen, sodass sie völlig überstürzt in Paris aufgebrochen sein musste.
    Und warum war sie überhaupt so eilig nach London gereist? Er hatte noch keine Gelegenheit gehabt, sich länger mit ihr unter vier Augen zu unterhalten. Als er sie einmal diskret für einen Moment zur Seite genommen hatte, war er auch nicht viel klüger geworden. „Daniel wollte mich nach Florenz bringen, aber ich habe London vorgezogen“, hatte sie nur gesagt und danach wieder La Motte mit Fragen über die verschiedenen Stadtteile Londons bestürmt. Anscheinend interessierte sie sich plötzlich brennend für Hausbesitz und Kapitalanlagen.
    Doch sie befanden sich nun wieder im selben Land, und allein ihre Nähe besänftigte seine Gereiztheit, die ihn seit seinem Aufbruch aus Paris vor vier Tagen befallen hatte. Sie war so kühl beim Abschied gewesen, so gelassen. Er durfte ihr nicht einmal versprechen zurückzukehren, sobald die Angelegenheit mit dem Erpresser geklärt war. Und genau das ärgerte ihn mehr als alles andere, denn das ließ darauf schließen, dass sie ihn für wankelmütig hielt. Auf dem Weg nach Boulogne war er immer enttäuschter und verstimmter geworden, und als dann auch noch das Postschiff wegen des schlechten Wetters nicht ablegen konnte, hatte er einen langen Spaziergang machen müssen, um sich abzureagieren.
    Doch nun stellte sich heraus, dass sie Paris am selben Tag verlassen hatte wie er, und sie war nach London gekommen, anstatt nach Florenz zu reisen. Und wenn sie auch vor der Fahrt nach Chippenham fast ausschließlich von einem Hauskauf gesprochen hatte, zögerte sie jedoch keine Sekunde, sich an der Verfolgung von
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