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Im Dienst des Seelenfängers

Titel: Im Dienst des Seelenfängers
Autoren: Glen Cook
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konnte.
»Denke daran, daß das hier sein Land ist«, sagte ich. »Er kennt es besser als wir.« Schweiger nickte beiläufig und machte sich keine Sorgen darüber. Ich sah zur Sonne auf.
    Wir hatten vielleicht noch zwei Stunden Tageslicht. Ich fragte mich, wie groß ihr Vorsprung
eigentlich war.
Wir erreichten die Verkehrsstraße. Schweiger musterte sie einen Moment lang, ritt dann ei- nige Schritte weit in südliche Richtung, nickte dann. Er winkte mir und gab seinem Pferd die Sporen.
Und so ritten wir auf den unermüdlichen Tieren in raschem Tempo, eine Stunde um die an- dere, nachdem die Sonne untergegangen war, die ganze Nacht hindurch in den neuen Tag hinein, in Richtung des Meeres, bis wir unserer Beute weit voraus waren. Mir tat alles weh. Nach meinem Ausflug mit der Lady war es für solche Sachen einfach noch zu früh. Wir hielten an, als die Straße um eine bewaldete Anhöhe bog. Schweiger deutete auf eine freie Stelle, die einen guten Aussichtspunkt abgab. Ich nickte. Wir bogen ab und kletterten hinauf.
Ich kümmerte mich um die Pferde und klappte dann zusammen. »Ich werde zu alt für so was«, sagte ich und schlief sofort ein. Schweiger weckte mich bei Einbruch der Dämmerung. »Kommen sie?« fragte ich. Er schüttelte den Kopf und bedeutete mir, daß er sie nicht vor morgen erwartete. Aber ich sollte trotzdem Ausschau halten für den Fall, daß Raven bei Nacht reiste. Also saß ich unter dem fahlen Schein des Kometen in eine Decke gehüllt da, bibberte Stunde um Stunde im Winterwind und war allein mit meinen Gedanken, die ich nicht denken wollte. Ich sah nichts außer einem Rudel Rehe, das aus den Wäldern in das Ackerland strich, um dort besseres Futter zu finden.
Schweiger löste mich zwei Stunden vor dem Morgengrauen ab. O Jubel, o Freude. Jetzt konnte ich mich hinlegen, im Liegen bibbern und Gedanken denken, die ich nicht denken wollte. Aber irgendwann schlief ich wohl doch ein, denn es war hell, als Schweiger mich an der Schulter packte…
»Kommen sie?«
Er nickte.
Ich stand auf, rieb mir mit den Handrücken die Augen und starrte die Straße hinauf. Tatsäch- lich kamen da zwei Gestalten, von denen die eine größer als die andere war. Aber auf diese Entfernung hätten es alle möglichen Erwachsenen in Begleitung irgendeines Kindes sein kön- nen. Wir packten unsere Sachen zusammen, sattelten rasch die Pferde und stiegen den Hügel hinab. Schweiger wollte hinter der Biegung auf der Straße warten. Er wollte, daß ich auf der Straße hinter ihnen herauskam, nur für den Fall der Fälle. Bei Raven konnte man nie wissen. Er zog ab. Ich wartete, bibberte immer noch und fühlte mich sehr einsam. Die Reisenden kamen über eine Anhöhe. Ja. Raven und Darling. Sie legten einen guten Schritt vor, aber Ra- ven schien sich nicht zu fürchten; er war sicher, daß niemand hinter ihnen her war. Sie gingen an mir vorbei. Ich wartete eine Minute, kam dann sachte aus den Bäumen hervor und folgte ihnen um den Hügelausläufer herum.
Schweiger hatte sein Pferd mitten auf der Straße aufgestellt, sich leicht im Sattel vorgebeugt, sah hager und gefährlich und finster aus. Raven war fünfzig Fuß von ihm stehengeblieben und
    hatte blankgezogen. Er hielt Darling hinter sich.
Sie merkte, daß ich herankam, grinste mir zu und winkte trotz des angespannten Augen- blicks. Raven wirbelte herum. Wütend entblößte er die Zähne. Zorn, vielleicht sogar Haß, loderte in seinem Blick. Außerhalb der Wurfweite seiner Messer blieb ich stehen. Ein Ge- spräch schien er nicht führen zu wollen. Einige Minuten lang blieben wir alle reglos stehen. Niemand wollte zuerst das Wort ergrei- fen. Ich sah zu Schweiger. Er zuckte die Achseln. Über diesen Punkt hinaus hatte er keinen Plan mehr.
Mich hatte die Neugier hierhergebracht. Zum Teil hatte ich sie befriedigen können. Sie wa- ren am Leben, und sie befanden sich auf der Flucht. Nur der Grund verblieb noch im Unkla- ren.
Zu meinem Erstaunen gab Raven als erster nach. »Was machst du hier, Croaker?« Ich hätte gedacht, daß er sturer als ein Stein wäre. »Ich suche nach dir.«
»Warum?«
»Aus Neugier. Schweiger und ich, wir sind an Darling interessiert. Wir haben uns Sorgen gemacht.«
Er runzelte die Stirn. Er hörte nicht das, was er erwartet hatte. »Du siehst doch, daß es ihr gut geht.«
»Jau. Sieht so aus. Was ist mit dir?«
»Sehe ich so aus, als wäre es nicht so?« Ich sah zu Schweiger. Er hatte nichts dazu zu sagen. »Das fragen wir uns, Raven. Das fragen wir uns
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