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Im Blut vereint

Im Blut vereint

Titel: Im Blut vereint
Autoren: Pamela Callow
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wurde tief in seine Brust getrieben.
    Seine Augen waren offen.
    Weit offen. Blicklos?
    Sie starrte ihn an. Sie konnte sich nicht bewegen. Nur tief atmen. Die Luft roch frisch. Sauber. Sie füllte ihre brennende Lunge. Der Sauerstoff nährte die Lebensflamme, die um ein Haar erloschen wäre. Das Dröhnen in ihrem Kopf ließ nach, und ihr wurde bewusst, dass die Fahrstuhltür nicht mehr surrte, jetzt, da niemand mehr den Knopf festhielt.
    Die Tür schloss sich.
    Nein! Drück auf den Knopf …
    Craig Peters stürzte seitwärts zu Boden. Blut strömte aus seiner Brust und breitete sich in einer Lache um ihn aus.
    Kate wälzte sich herum. Stützte sich auf Hände und Knie. Kämpfte sich auf die Füße und schlug auf den Fahrstuhlknopf.
    Die Tür öffnete sich. Sie taumelte in den Aufzug, hob trotz der betäubenden, schwindelerregenden Schmerzen im Kopf die Hand und tastete nach dem einen Knopf. Sie drückte ihn. Ließ die Hand sinken. Und schloss die Augen.
    Bleib wach. Gib jetzt nicht auf. Vielleicht wartet John Lyons unten auf dich.
    Sie öffnete mühsam die Augen.
    Sie musste hier raus.
    Mit einem leichten Ruck hielt der Fahrstuhl im Erdgeschoss. Die Tür öffnete sich. Kate spähte in den großen Einbalsamierungsraum. Es war niemand zu sehen.
    Vor Erleichterung bekam sie weiche Knie. Sie wankte auf den Ausgang zu. Dabei fiel ihr Blick auf ein Regal an der Wand. In einem Fach lagen OP -Kittel. Sie nahm einen heraus und steckte unbeholfen die Arme in die Ärmel. In ihrem Rücken blieb der Kittel weit offen und drohte ihr von den Schultern zur rutschen. Sie griff sich noch einen Kittel und zog ihn verkehrt herum über. Wieder Kleidung zu tragen gab ihr neue Kraft. Als käme sie so den Lebenden näher.
    Sie taumelte in den Gang hinaus. Im Haus war es still. Wie spät mochte es sein? Sie hatte keine Ahnung, wie lange sie bewusstlos gewesen war. Sie stolperte den Gang entlang, wobei sie sich mit der Hand an der Wand abstützte. Ihr rechtes Bein wurde immer schwerer, als wäre es mit Wasser gefüllt.
    Geh schneller.
    John Lyons war irgendwo in der Nähe.
    Sie zwang ihre Füße voran. Einen Schritt nach dem anderen. Die Punkte waren an den Rand ihres Gesichtsfelds zurückgewichen und nahmen den Wänden ihre Farbe. Alles, was sie anschaute, hatte einen Schatten.
    Ihr Herz raste, trieb sie weiter voran, wollte es endlich hinter sich bringen. Sie schaute auf die letzte Ecke im Gang. Ob John dahinter lauerte? Den Reifenheber in der Hand?
    Sie bewegte sich jetzt zentimeterweise vorwärts und zog das rechte Bein nach.
    Achtung! Gleich musst du rennen.
    Sie machte sich etwas vor. Sie konnte doch gar nicht mehr rennen, ihr Bein wollte sich kaum noch bewegen. Vor Angst schlug ihr Herz viel zu schnell.
    Sie hatte die Ecke erreicht, presste sich mit dem Rücken an die Wand und horchte.
    Hörte sie da Johns heftige Atemzüge?
    Oder waren es ihre eigenen?
    Eine Minute verging.
    Dann noch eine.
    Ihr Bein wurde allmählich taub. Wenn sie sich nicht bald bewegte, würde sie es gar nicht mehr schaffen.
    Auf drei.
    Eins.
    Zwei.
    Drei … 

55
    Freitag, 18. Mai, 19:49 Uhr
    Sie stürmte geduckt um die Ecke. Sie würde ihm den Kopf in den Bauch rammen, und der Reifenheber würde sie am Rücken treffen, nicht am Kopf.
    Ihr eigener Schwung brachte sie zu Fall.
    Sie landete auf Händen und Knien.
    Mühsam richtete sie sich auf, taumelte zur Wand und sah sich hektisch um.
    Sie blickte in alle dunklen Winkel. Die Punkte vor ihren Augen ballten sich zusammen und trieben wieder auseinander. Sie rieb sich die Schläfen.
    John war nicht da.
    Der Gang war leer.
    Wo war er?
    Sie wusste es nicht. Sie wusste nur, dass sie hier rausmusste. Sofort. Bevor sie in diesem elenden Loch zusammenbrach.
    Ihre Kraft zerrann.
    In diesem Bestattungsinstitut würde sie nicht sterben. Den Gefallen würde sie Anna Keane und John Lyons nicht tun.
    Vor ihr war die Tür zur Ladebucht.
    Sie warf sich dagegen, und die Tür schwang auf. Die Kittel klebten feucht an ihren Beinen. Sie stolperte nach draußen und fiel auf die Knie.
    Luft. Freiheit.
    Sie lebte.
    Mühsam stand sie auf.
    Die Punkte schossen wie wild vor ihren Augen umher. Sie stützte sich mit einer Hand an der Außenwand ab.
    Du musst hier weg. Beweg dich. Beweg dich. Du bist fast in Sicherheit.
    Sie stolperte vorwärts. Einen Fuß. Schwanken. Den anderen Fuß. Die Muskeln gehorchten nicht. Sie schienen jemand anderem zu gehören. Kleine Schottersteine bohrten sich in ihre Fußsohlen.
    Etwas Warmes. Am rechten
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