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Im Bannkreis Des Mondes

Im Bannkreis Des Mondes

Titel: Im Bannkreis Des Mondes
Autoren: Lucy Monroe
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Krieger sind Chrechte«, erinnerte Talorc seinen betagten Ratgeber.
    Einige – wenn nicht sogar ein Großteil des Clans – waren Menschen. Sie verfügten nicht über die Macht des Wolfs, die sie in der Schlacht beschützte. Ebenso fehlte es ihnen an der Fähigkeit, sich in das wilde Tier zu verwandeln.
    Nur die Chrechte verfügten über diese Fähigkeiten und die Macht. Ihre zweifache Natur war ein gut gehütetes Geheimnis. Allerdings machten sie keinen Hehl daraus, dass sie sich als überlegene Kämpfer sahen.
    Trotzdem konnte menschliche Heimtücke die Stärke der Chrechte unterwandern. MacAlpins Verrat an den Chrechte war vielen von ihnen noch allzu gut in Erinnerung, obwohl dieser Verrat bereits ein Jahrhundert zurücklag. Andere Wunden waren frischer, wie zum Beispiel der Verrat durch Talorcs Stiefmutter, der Menschenfrau Tamara. Sie hatte seinen Vater und den Sinclair-Clan verraten. Ihre Machenschaften hatten den Tod vieler zur Folge gehabt, und nicht nur Chrechte, sondern auch Menschen waren ihr zum Opfer gefallen. Talorcs Vater und sein Bruder waren unter den Toten gewesen.
    Die Tatsache, dass Tamara damit auch ihren eigenen Tod heraufbeschworen hatte, konnte weder Talorcs Zorn noch seinen Kummer besänftigen.
    Dies war nichts, das Talorc irgendwann vergessen könnte. Niemals.
    Fast hatte er deshalb Mitleid mit der englischen Frau, die seine Braut werden sollte.
    Abigail schlich in das Gemach, das ihr Stiefvater zumeist für die Unterredungen mit seinem Verwalter und dem Hauptmann der Burgwache nutzte. Es war zudem die Kammer, in der er seine Korrespondenz und die wenigen Bücher aufbewahrte, die die Bibliothek der Hamiltons bildeten. Niemandem außer Sir Reuben und seiner Frau, Abigails Mutter, war der Zutritt ohne explizite Aufforderung erlaubt.
    Abigail ballte die Hände zu Fäusten. Ihre Handflächen waren verschwitzt. Sie fürchtete, beim Schnüffeln erwischt zu werden. Aber ihr blieb keine andere Wahl.
    Nicht nach dem Streit, dessen Zeuge sie geworden war. Ihre Mutter und ihre Schwester Jolenta hatten sich gestritten, und eigentlich hatte Abigail das nicht beobachten dürfen. Aber sie hatte hinsehen müssen.
    Und jetzt wollte sie mehr erfahren. Sie musste erfahren, was im Wohnturm vor sich ging. Wenngleich es dafür keinen triftigen Grund gab, außer vielleicht den, dass sie ihr eigenes Geheimnis bewahren musste.
    Deshalb hatte sie ohne Gewissensbisse die Auseinandersetzung zwischen ihrer Mutter und ihrer Schwester aus der Ferne beobachtet, gut versteckt auf der anderen Seite des Burghofs. Sie hatte nur das Gesicht ihrer Schwester gesehen und kannte deshalb nur eine Seite des Streits. Aber Jolentas Worte hatten Abigail zutiefst beunruhigt. Deshalb war sie hergekommen und suchte nach Antworten.
    Unter anderem hatte Jolenta eine Nachricht vom König erwähnt, obwohl das bei weitem nicht die beunruhigendste Neuigkeit war. Sie hatte ihre Mutter Sybil beschuldigt, Abigail ihr vorzuziehen. Das war eine so absurde Anschuldigung, dass Abigail voll stummer, verbitterter Heiterkeit gelacht hatte, während der Streit seinen Lauf nahm.
    Ihre Beobachtung hatte mehr neue Fragen aufgeworfen als Antworten gebracht. Abigail hoffte nun, die Nachricht vom König sei schriftlich verfasst worden. Darum war sie hier.
    Ehe sie in die Highlands gegangen war, um dort einen Laird zu heiraten, hatte ihre Stiefschwester Emily gesagt, sie würde nie wissen, was um sie herum vorging, wenn sie nicht absichtlich lauschte. Abigail war die Möglichkeit verwehrt, die Gespräche der anderen zu hören. Aber sie hatte ihre eigenen Methoden, um das, was ihre Mutter vor ihr verheimlichen wollte, aufzudecken.
    Zum Beispiel von den Lippen ihrer Schwester zu lesen, die am anderen Ende des Burghofs stand.
    Abigail hatte ihr Gehör – und damit auch die Liebe ihrer Mutter – vor sechs Jahren durch ein schweres Fieber verloren, das sie beinahe auch das Leben gekostet hätte. Nachdem sie aus dem Fieberwahn aufgewacht war und man ihr Gebrechen entdeckte, hatte ihre Mutter sich geweigert, in das Krankenzimmer ihrer Stieftochter zu kommen. Es blieb Emily, ihrer um ein paar Jahre älteren Stiefschwester, überlassen, Abigail gesund zu pflegen.
    Nachdem Abigail so weit genesen war, dass sie das Mädchenzimmer verlassen konnte, hatte es nur ein Zusammentreffen mit ihrer Mutter und ihrem Stiefvater gebraucht, um ihr vor Augen zu führen, dass sie nicht länger die geliebte und geschätzte Tochter war. Tatsächlich gaben Sir Reuben und Lady Sibyl
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