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Im Bann des Vampirs: Fever Saga 1 (German Edition)

Im Bann des Vampirs: Fever Saga 1 (German Edition)

Titel: Im Bann des Vampirs: Fever Saga 1 (German Edition)
Autoren: Karen Marie Moning
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zwei ganz unterschiedliche Epochen: in die Zeit vor dem Anruf und die danach.
    Vor diesem Anruf hatte ich nie ein Wort wie »Demarkationslinie« gebraucht, eines der Fünfzig-Cent-Worte, die ich nur kannte, weil ich eine begeisterte Leserin war. Davor schwebte ich von einem glücklichen Moment zum nächsten durchs Leben und glaubte, alles zu wissen. Ich dachte, ich würde mich kennen, wissen, wohin ich gehöre und was die Zukunft bringt.
    Vorher dachte ich, ich hätte eine Zukunft.
    Danach musste ich die leidvolle Erfahrung machen, dass ich nie wirklich etwas gewusst hatte.
    Nachdem man mich über den Mord an meiner Schwester in Kenntnis gesetzt hatte, wartete ich zwei volle Wochen darauf, dass jemand etwas unternahm – irgendetwas, außer den Sarg nach der Trauerfeier in die Erde zu senken und ihn mit Rosen und Trauer zu überhäufen.
    Trauern brachte Alina nicht zurück, und zu wissen, dass der Mörder noch frei herumlief, glücklich auf seine armselige psychotische Weise, während meine Schwester kalt undbleich zwei Meter unter der Erde lag, half mir nicht über ihren Tod hinweg.
    Für mich werden diese Wochen immer nebulös bleiben. Ich weinte die ganze Zeit, meine Sicht und die Erinnerungen waren verschleiert. Die Tränen strömten, ohne dass ich es beeinflussen konnte. Meine Seele floss über. Alina war nicht nur meine Schwester; sie war meine beste Freundin. Obwohl sie in den letzten acht Monaten am Trinity College in Dublin studiert hatte, waren wir ständig in E-Mail-Kontakt gewesen und hatten mindestens einmal in der Woche telefoniert; wir erzählten uns alles, hatten keine Geheimnisse voreinander.
    Zumindest dachte ich das. Mann, habe ich mich jemals mehr geirrt?
    Wir hatten geplant, uns zusammen eine Wohnung in der Stadt zu nehmen, sobald sie wieder nach Hause kam. Ich wollte mein College-Studium ernster angehen und Alina hatte vor, ihre Doktorarbeit in Angriff zu nehmen. Es war kein Geheimnis, dass Alina den ganzen Ehrgeiz in der Familie abbekommen hatte. Seit dem Schulabschluss war ich absolut zufrieden damit, vier oder fünf Abende in der Woche hinter der Bar im The Brickyard zu stehen, bei den Eltern zu leben, mein Gehalt größtenteils zu sparen und gerade genug College-Kurse an der örtlichen Podunk University (Kurse wie Wie benutze ich das Internet? und Verhaltensregeln auf Reisen) zu belegen, um meinen Eltern die Hoffnung, dass ich eines Tages einen Abschluss machen und einen richtigen Job in der realen Welt bekommen würde, nicht zu rauben. Ehrgeiz und Ambitionen hin oder her, ich hatte mir wirklich vorgenommen, mich auf den Hosenboden zu setzen und mein Leben zu ändern, wenn Alina wieder da war.
    Als ich mich vor Monaten auf dem Flughafen von ihrverabschiedet hatte, wäre mir nie in den Sinn gekommen, dass ich sie zum letzten Mal sah. Alina war so selbstverständlich wie der tägliche Sonnenauf- und -Untergang und ebenso bezaubernd. Mit vierundzwanzig war sie nur zwei Jahre älter als ich. Wir beide würden ewig leben. Der dreißigste Geburtstag war eine Million Lichtjahre entfernt, der vierzigste nicht einmal mehr in derselben Galaxie. Tod? Ha! Sterben mussten nur die wirklich alten Menschen.
    Nein.
    Nach zwei Wochen versiegten meine Tränen allmählich. Aber es tat noch genauso weh wie im ersten Augenblick. Ich glaube, ich hatte nur bis zum letzten Tropfen die Feuchtigkeit, die ich nicht unbedingt zum Leben brauchte, aus meinem Körper herausgepresst. Und Zorn erfasste meine ausgebrannte Seele. Ich wollte Antworten. Ich wollte Gerechtigkeit.
    Ich wollte Rache.
    Aber ich schien die Einzige zu sein.
    Vor ein paar Jahren hatte ich Psychologiekurse belegt und gelernt, dass Menschen, die einen Todesfall zu beklagen haben, mehrere Phasen durchmachen. Die lähmende Verleugnung, also die erste Phase, hatte ich offenbar übersprungen, wechselte von einem Herzschlag zum anderen von Erstarrung zum Schmerz. Da Mom und Dad noch auf Reisen waren, musste ich die Leiche identifizieren. Das war nicht angenehm und danach war es mir unmöglich, Alinas Tod zu verleugnen.
    Nach zwei Wochen geriet ich mit jeder Faser meines Seins in die Wutphase. Depression sollte laut Lehrbuch darauf folgen. Dann kam, wenn man gesund war, die Akzeptanz. Schon jetzt konnte ich die ersten Anzeichen von Akzeptanz an meinen Mitmenschen erkennen, als wären sie direkt von der Erstarrung in die Niedergeschlagenheit gerutscht. Siesprachen von »willkürlichen Gewaltakten«, davon, dass »das Leben weitergehen muss«. Sie behaupteten,
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