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Im Bann des blauen Feuers

Im Bann des blauen Feuers

Titel: Im Bann des blauen Feuers
Autoren: DANA KILBORNE
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hatte gestern wieder bis in die frühen Morgenstunden im Lapin Jaune gearbeitet und war gleich danach ins Bett gefallen. Der unheimliche Typ von Freitag war nicht wieder in der Bar aufgetaucht, worüber sie im Grunde froh war. Trotzdem konnte sie einfach nicht aufhören, an ihn zu denken. „Was ist denn passiert?“
    „Madeleine Dubois“, erwiderte Thierry. „Man hat sie gestern Nachmittag tot aufgefunden. Ermordet.“
    „Was?“ Entsetzt riss Céleste die Augen auf. Madeleine gehörte zu den wenigen unter ihren Mitstudenten, mit denen sie hin und wieder ein paar Worte gewechselt hatte. Sie war ein hübsches rothaariges Mädchen gewesen. Ein bisschen zu blass und farblos vielleicht, um bei den Jungs groß aufzufallen. Vermutlich hatte sie auch deshalb versucht, sich ein wenig interessanter zu machen, indem sie behauptete, eine Hexe mit schwarzmagischen Fähigkeiten zu sein. Was natürlich blanker Unfug war. Trotzdem hatte Céleste sie ganz nett gefunden, wenn auch ein wenig seltsam. „Sie ist – tot? Aber … wieso? Was ist denn passiert?“
    „Die Polizei lässt kaum Infos nach außen dringen, aber in den Medien heißt es, sie sei vermutlich einem Verrückten in die Hände gefallen, der sie vor ihrem Tod gefoltert haben soll!“
    Ein eiskalter Schauer überlief Céleste. Madeleine – gefoltert? Aber warum? Wer sollte denn so etwas Schreckliches tun? Ihre Kehle war mit einem Mal wie zugeschnürt. Gleichzeitig spürte sie, wie Übelkeit in ihr aufstieg. Hektisch sprang sie auf und stürzte durch die inzwischen gut besetzte Bankreihe auf den Ausgang zu. Als sie die Tür erreichte, trat gerade Professor Bidelault ein. Sie quetschte sich an ihm vorbei und eilte zu den Toiletten auf der gegenüberliegenden Seite des Korridors. Sie schaffte es gerade noch bis in eine der Kabinen, ehe sie sich heftig erbrach. Zitternd und schwach blieb sie danach auf dem schwarz-weiß gemusterten Fliesenboden hocken. Die Tür zu schließen hatte sie nicht mehr geschafft, daher blickte sie geradewegs in den schmalen Waschraum. Sie fühlte sich furchtbar. Ihre Knie waren weich wie Gummi, ihre Augen tränten, und ihr Hals brannte wie Feuer. Sie barg das Gesicht in den Händen. O Gott, o Gott, o Gott …!
    „Glaubst du mir jetzt, dass du in Gefahr schwebst?“
    Als sie die Stimme hörte, schrak sie zusammen.
    Sie blickte auf – und erkannte ihn . „Was zum Teufel …?“
    Er hockte, den Rücken an die Heizung gelehnt, im angrenzenden Waschraum, die Unterarme auf die Knie gestützt und die Finger aneinandergelegt. Er schaute sie an. Der Blick seiner schwarzbraunen Augen war so durchdringend wie bei ihrer ersten Begegnung, doch heute glaubte sie noch etwas anderes darin zu erkennen. Etwas, das sie noch sehr gut von früher von sich selbst kannte.
    Bitterkeit.
    „Wer … bist du?“ Sie fühlte sich noch immer so zittrig, dass sie daran zweifelte, aus eigener Kraft aufstehen zu können. „Und was zur Hölle willst du von mir?“
    Plötzlich stand er vor ihr und streckte ihr die Hand entgegen, um ihr hochzuhelfen. Er sah sie an. „Mein Name ist Ashael“, sagte er. „Aber die Menschen nennen mich Ash …“
    Céleste ignorierte seine helfende Hand, die er ihr reichte, und versuchte aus eigener Kraft aufzustehen, was ihr beim zweiten Versuch schließlich gelang. Ihr war noch immer ein wenig schummrig zumute, doch ihr Gehirn schien langsam wieder in die Gänge zu kommen. Was zur Folge hatte, dass sämtliche Alarmsirenen in ihrem Kopf zu schrillen begannen. Mit diesem Typen stimmte definitiv etwas nicht. Andauernd schien er wie aus dem Nichts aufzutauchen, und der Blick, mit dem er sie musterte, machte sie nervös. Er bewirkte, dass sie sich wie ein kleines Lämmchen fühlte, das geradewegs in die Augen eines ausgehungerten Wolfs blickte. Denn genau so wirkte er auf sie: wie ein Raubtier.
    Ihre Gedanken rasten. Sie war ganz allein hier mit ihm, und er blockierte den einzigen Fluchtweg. Sie erwog, ihn zu überrumpeln, indem sie einfach an ihm vorbeilief, verwarf den Plan aber gleich wieder. Es würde nicht funktionieren. Schreien würde auch nichts bringen. Während der Vorlesungen hielt sich eigentlich niemand draußen auf dem Korridor auf. Sie würde lediglich ihren Atem verschwenden.
    Und was dann? So wie es schien, bestand ihre einzige Chance darin, zum Schein auf seine Forderung einzugehen.
    „Eh bien“ , sagte sie. „Du heißt also Ash. Damit hast du aber meine zweite Frage noch nicht beantwortet: Was willst du von mir?
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