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Im Bann des blauen Feuers

Im Bann des blauen Feuers

Titel: Im Bann des blauen Feuers
Autoren: DANA KILBORNE
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Nachtluft tief in ihre Lungen. Was für eine Wohltat nach den Ausdünstungen, die das Lapin Jaune nach einem gut besuchten Abend erfüllten. Neben dem Umgang mit Menschen war es vermutlich das, was sie am meisten an ihrem Job als Barfrau liebte: den Heimweg. Nachts, wenn der Rest der Welt – oder zumindest der größte Teil davon – schlief, war die Stadt einfach eine andere. Céleste fürchtete sich auch nicht, so wie ihre Freundin Beatrice, die es am liebsten gesehen hätte, wenn sie sich für den Heimweg nach ihrer Schicht ein Taxi nähme. Doch ganz davon abgesehen, dass dadurch ihr nicht gerade üppiger, wenn auch anständiger Lohn bereits zu einem großen Teil aufgezehrt wäre, wollte sie sich diese kurze Zeit absoluter Ruhe, in der sie ihre Gedanken fliegen lassen und ihren Kopf frei machen konnte, einfach nicht missen. Und außerdem war die Bushaltestelle nur ein paar Straßenecken vom Lapin Jaune entfernt, und der Nachtbus bis zu ihr nach Hause fuhr immer noch alle vierzig Minuten.
    Dort stand sie nun, einsam und allein. In beiden Richtungen lag die Straße verlassen da. Das Licht einer Straßenlaterne direkt über dem Wartehäuschen machte die Nacht zum Tag. Hier gab es absolut nichts, wovor man Angst haben müsste. Es …
    Céleeeeste …
    Sie hörte die Stimme, als sie gerade ihre Monatskarte für den Bus aus der Tasche kramte. Erschrocken wirbelte sie herum – doch da war niemand.
    Du fängst doch in deinem Alter jetzt nicht etwa noch an, im Dunkeln nervös zu werden?
    Sie schüttelte den Kopf. Vermutlich war es nur das Rascheln des Windes in der Krone der hohen Eiche gewesen, die auf der gegenüberliegenden Straßenseite stand. Der Haken war nur: Es wehte nicht das geringste Lüftchen.
    Und da!
    Céeeeeeleeeeeste …
    Wieder diese Stimme! Dieses Mal schon sehr viel deutlicher, und der Wind hatte damit ganz sicher nichts zu tun. Céleste war ganz sicher, ihren Namen verstanden zu haben. Langsam drehte sie sich einmal um die eigene Achse und ließ ihren Blick über die gesamte Straße schweifen.
    Nichts. Niemand war zu sehen, und es gab auch keine Nischen oder Vorsprünge, die jemand als Versteck hätte benutzen können. Sie entdeckte keinen verdächtigen Schatten, keine Bewegung – rein gar nichts.
    Irritiert runzelte sie die Stirn. Fing sie jetzt etwa schon an, Stimmen zu hören, die gar nicht existierten? Unsinn! Sie schüttelte den Kopf. Vermutlich war es heute doch einfach ein bisschen zu viel für sie gewesen. Was sie dringend brauchte, war Schlaf – morgen sah die Welt sicher schon wieder ganz anders aus.
    Seufzend fuhr sie sich mit der Hand durchs Haar, als sie plötzlich ein seltsames Prickeln zwischen ihren Schulterblättern verspürte. Es fühlte sich an, als würde jemand sie anstarren, doch da war niemand.
    Wie um sich selbst davon zu überzeugen, drehte sie sich um – und prallte erschrocken zurück, als sie unmittelbar vor sich plötzlich eine dunkel gekleidete Gestalt bemerkte. Ein erstickter Schrei entrang sich ihrer Kehle, und sie stolperte rückwärts.
    Vor ihr stand, als habe er sich aus dem Nichts heraus materialisiert, der mysteriöse Typ aus der Bar.

2. KAPITEL
    Céleste erlebte dasselbe wie vorhin in der Bar – nur sehr viel intensiver. Das Herz hämmerte ihr gegen die Rippen, wie ein Vogel, der aus seinem Käfig zu entkommen versuchte. Das Blut rauschte ihr in den Ohren, und ihr Körper gehorchte ihr nicht mehr. Die Zeit schien stillzustehen und gleichzeitig um ein Vielfaches schneller abzulaufen. Céleste war es, als würden sie und der Fremde sich in einer riesigen Seifenblase befinden, in der die Gesetze von Raum und Zeit außer Kraft gesetzt waren. Sie hatte das Gefühl zu schweben.
    Doch dann machte der Unbekannte einen Schritt auf sie zu, und die Seifenblase zerplatzte.
    Hastig stolperte Céleste zwei Schritte zurück. „Merde!“ , stieß sie atemlos hervor. „Spinnst du? Du hast mich zu Tode erschreckt! Wo kommst du auf einmal her? Was willst du?“
    Er stand einfach nur da und schaute sie aus seinen beunruhigend wissenden, dunklen Augen an. Seine ganze Körperhaltung drückte entspannte Gelassenheit aus. Er atmete ganz normal – keineswegs so, als wäre er mehrere Hundert Meter gerannt. Aber das musste er getan haben, denn Céleste war hundertprozentig davon überzeugt, dass er vor weniger als einer halben Minute noch nicht dort gestanden hatte. Die Straße war eine Querverbindung zweier größerer Straßen, und es gab keine weiteren Abzweigungen. Da
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