Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Bann des blauen Feuers

Im Bann des blauen Feuers

Titel: Im Bann des blauen Feuers
Autoren: DANA KILBORNE
Vom Netzwerk:
Warum verfolgst du mich?“
    Sie unterdrückte den Impuls zurückzuweichen, als er einen Schritt auf sie zukam und erneut die Hand nach ihr ausstreckte. „Das werde ich dir alles erklären, aber zuerst sollten wir von hier weg. Es ist nicht sicher an diesem Ort.“
    „Nicht sicher?“ Sie schüttelte den Kopf. „Wieso sollte ich dir glauben? Wenn du denkst, dass ich mit dir gehen werde, irrst du dich!“
    „Ihr Menschen seid wirklich unglaublich!“ Eindringlich sah er sie an. Sein Blick schien sie zu durchdringen. „Willst du unbedingt sterben? Ist es das, was du willst?“
    Seine Worte brachten sie nicht unbedingt dazu, ihm mehr Vertrauen entgegenzubringen. Langsam wich sie zurück. Was sollte sie jetzt tun? Eines stand fest: Sie musste dringend aus dem Waschraum raus. Draußen auf dem Gang würde sich ganz gewiss eine Möglichkeit ergeben, ihm zu entkommen. Und selbst wenn nicht, dann konnte sie immer noch in einen der Vorlesungssäle flüchten.
    „Nun komm schon“, sagte er und griff nach ihrer Hand.
    Im selben Augenblick, in dem er sie berührte, schien die Realität zu zersplittern wie ein gesprungener Spiegel.
    Steil ragte der Fels in den nächtlichen Wüstenhimmel hinauf. Der Mond schien hell und tauchte den rötlich braunen, wie glatt polierten Stein in sein silbriges Licht. Ringsum erstreckte sich eine scheinbar endlose Dünenlandschaft bis zum Horizont.
    Alles wirkte ruhig und friedlich – doch der Schein trog.
    Vier dunkel gekleidete Reiter auf Kamelen näherten sich dem mächtigen Monolithen – jeder von ihnen kam aus einer anderen Himmelsrichtung. Sie erreichten den Felsblock exakt zur selben Zeit. Keiner von ihnen sprach ein Wort, als sie von ihren Reittieren stiegen. In schweigender Übereinkunft bildeten sie einen Kreis um den Felsen. Ihre Gesichter waren Mienen grimmiger Entschlossenheit.
    Dann fing der Gesang an.
    Zu Anfang war es mehr ein leises Brummen, tief und dunkel. Konnten menschliche Kehlen solche Laute überhaupt produzieren?
    Die vier Männer traten vor und berührten den Stein. Das tiefe Brummen steigerte sich zu einem beschwörenden Singsang, als ihre Körper anfingen, ekstatisch zu zucken. Es war, als würde sich die Energie der Männer auf den Stein und vom Stein in die Luft übertragen. Zuerst war es nur wie ein leichtes elektrisches Knistern, das von überall und nirgends kam. Die Kamele wurden unruhig. Sie spürten, dass etwas geschah. Das Singen der Männer wurde immer lauter und lauter, bis ihre Stimmen wie gequälte Seelen durch die Nacht flogen. Die Luft schien jetzt regelrecht zu vibrieren. Es war ein Flirren, wie in der heißen Wüstensonne – nur dass es kalt war.
    Eiskalt.
    Aus dem Nichts heraus materialisierte sich Nebel, ganz oben auf der Spitze des Monolithen. Er bildete eine Kugel aus Rauch, zuckend und pulsierend. Die Männer unten am Fuß des Felsens starrten gebannt nach oben. Ihr Gesang steigerte sich zu einem infernalischen Rufen, als sich ein Gesicht im Nebel abzeichnete. Zuerst war es nur verschwommen, kaum zu erkennen. Doch je mehr der Rauch sich verdichtete, umso deutlicher zeichneten sich die Gesichtszüge ab – fratzenhafte, schrecklich entstellte Züge, halb tierisch, halb menschlich.
    Sie hatten es geschafft. Sie hatten den im Fels gefangen gehaltenen Dämon beschworen, und nun musste er ihnen zum Dank jeden Wunsch erfüllen – so glaubten die vier Männer jedenfalls. Doch sie ahnten nicht, wie groß die Gier des Dämons nach den vielen, vielen Jahrhunderten der Gefangenschaft geworden war. Er konnte die menschlichen Seelen dort unten am Fuß des Monolithen riechen. Sie sollten seinen ersten Hunger stillen und …
    Unruhe ergriff die vier Dämonenbeschwörer. Sie unterbrachen das Ritual, und einer von ihnen deutete zum Himmel hinauf. Er hatte ein seltsames orangerotes Glühen, etwa auf Höhe des Polarsterns, entdeckt, das größer zu werden schien. Oder kam es näher?
    Aufgeregt diskutierten die Männer miteinander. Keiner von ihnen hatte so etwas jemals zuvor gesehen. Was mochte das sein? Und wo kam es her? Das Leuchten breitete sich aus. Hatte der Himmel Feuer gefangen? Konnte es so etwas überhaupt geben?
    Ein seltsames Rauschen erfüllte mit einem Mal die Nacht, wie vom Wind, der durch Baumkronen strich – nur dass es an diesem gottverlassenen Ort keine Bäume gab. Ebenso wenig wie den Wind.
    Als sie erkannten, woher das orangerote Glühen tatsächlich rührte, gefror den Männern schier das Blut in den Adern. Sie rieben sich die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher