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Im Bann der Dunkelheit

Im Bann der Dunkelheit

Titel: Im Bann der Dunkelheit
Autoren: Dean R. Koontz
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verlassen, daß die Menschen mit Inbrunst ihr gottgegebenes Recht auf Dummheit durchsetzen.
    Orson stand jetzt auf dem Damm. Er hatte den stämmigen Kopf gehoben und sah nach Osten zum Pacific Coast Highway hinüber und zu den sich dicht an dicht erhebenden Hügeln dahinter. Er war ganz starr vor Anspannung und winselte leise.
    Heute nacht bewegte sich weder Wasser noch sonst irgend etwas in dem vom Mondlicht erhellten Kanal. Die Brise, die vom Pazifik herüberwehte, war nicht einmal stark genug, um einen Staubgeist aus dem Schlick aufzuwirbeln.
    Ich sah auf das Leuchtzifferblatt meiner Armbanduhr.
    »Was ist los?« drängte ich Orson, voller Sorge, daß jede verstreichende Minute Jimmy Wings letzte sein konnte - falls er überhaupt noch lebte. Orson nahm meine Frage nicht zur Kenntnis. Statt dessen richtete er die Ohren auf, schnüffelte fast anmutig in der windstillen Luft und schien von irgendwelchen Ausströmungen der einen oder anderen Beute gefesselt zu werden, die sich weiter oberhalb am ausgetrockneten Fluß befinden mußte.
    Wie üblich war ich auf geradezu unheimliche Weise auf Orsons Stimmung eingestellt. Obwohl ich nur über eine ganz gewöhnliche Nase und lediglich menschliche Sinne verfüge dafür habe ich ihm immerhin in bezug auf Garderobe und Bankkonto einiges voraus ., konnte ich diese Ausströmungen fast selbst wahrnehmen.
    Orson und ich stehen uns näher, als es bei Hund und Mensch normalerweise der Fall ist. Ich bin nicht sein Herr. Ich bin sein Freund, sein Bruder.
    Als ich zuvor sagte, ich sei der Bruder der Eule, der Fledermaus und des Dachses, habe ich im übertragenen Sinne gesprochen. Wenn ich behaupte, daß ich der Bruder dieses Hundes bin, muß man dies schon etwas wörtlicher nehmen.
    »Macht dir irgend etwas angst?« fragte ich, während ich das Flußbett betrachtete, wie es sich in die Hügel hinauf wand und dabei immer kleiner zu werden schien.
    Orson blickte auf. In seinen ebenholzfarbenen Augen trieben Zwillingsreflexionen des Mondes, die ich zuerst fälschlicherweise für meine Spiegelbilder hielt, aber mein Gesicht ist weder so rund noch so geheimnisvoll.
    Und auch nicht so bleich. Ich bin kein Albino. Meine Haut verfügt über Pigmente, und mein Teint ist sogar irgendwie dunkel, obwohl die Sonne mich nur selten berührt hat.
    Orson schnaubte, und ich mußte nicht die Hundesprache verstehen, um genau zu wissen, was er damit meinte. Der Hund teilte mir mit, daß meine Andeutung, man könne ihm so leicht Angst einjagen, eine Beleidigung sei.
    Es ist sogar so, daß Orson eigentlich mutiger als die meisten seiner Art ist. Während der gut zweieinhalb Jahre, die ich ihn kenne, vom Welpenalter bis zur Gegenwart, habe ich nur ein einziges Mal miterlebt, daß er vor irgend etwas Angst hatte.
    Und zwar vor Affen.
    »Affen?« sagte ich. Er puffte, was ich als nein interpretierte.
    Diesmal keine Affen.
    Jedenfalls noch nicht.
    Orson trottete weiter zu einer breiten Betonrampe, die an der Mauer des Damms zum Santa Rosita hinabführte. Im Juni und Juli wird sie von Wagen der Müllabfuhr und Baggern benutzt, wenn die Instandhaltungstrupps der Stadtverwaltung den Schutt und die Ablagerungen entfernen, die sich im Laufe eines Jahres angesammelt haben, und der trockene Flußlauf wieder auf die alte Tiefe ausgebaggert wird, damit das Wasser in der nächsten Regenzeit nicht über die Ufer tritt.
    Ich folgte dem Hund zum Flußbett hinab. Auf der dunkel gesprenkelten Schräge hatte sein Körper kaum mehr Substanz als ein Schatten. Doch auf dem schwach erhellten Schlick schien er aus hartem Stein zu bestehen, auch wenn er jetzt wie ein nach Hause strebender Geist, der einen wasserlosen Styx überquerte, nach Osten trabte.
    Da der letzte Regen schon drei Wochen zurücklag, war der Boden des Kanals nicht feucht. Aber er war noch ziemlich fest, weshalb ich mit dem Fahrrad mühelos vorankam.
    Soweit das perlmutterne Mondlicht es erkennen ließ, schienen die Reifen nur wenige wahrnehmbare Spuren in dem festgebackenen Schlick zurückzulassen. Was jedoch nicht für das schwerere Fahrzeug galt, das vor kurzem hier entlanggefahren sein mußte und dabei deutliche Spuren hinterlassen hatte. Der Breite und Tiefe der Profilabdrücke nach zu urteilen, schien es sich bei den Reifen um die eines Kastenwagens, eines leichten Lastwagens oder eines großen Allrad-Jeeps zu handeln.
    Da sechs Meter hohe Wälle neben mir aufragten, wurde mir der Blick auf die Stadt verwehrt, die uns unmittelbar umgab.
    Ich konnte nur die
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