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Im Bann der Dunkelheit

Im Bann der Dunkelheit

Titel: Im Bann der Dunkelheit
Autoren: Dean R. Koontz
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kurzem hier abgestellt worden. Fußabdrücke führten von der Fahrertür um den Wagen herum zur vorderen Tür auf der Beifahrerseite. Von dort aus näherten sie sich dem nahe gelegenen Zaun. Sie schienen den Abdrücken in dem Blumenbeet unter dem Fenster von Jimmy Wings Zimmer ähnlich zu sein, falls sie nicht sogar mit ihnen identisch waren.
    Der Silbermünzenmond rollte allmählich dem dunklen Portemonnaie des Horizonts im Westen entgegen, leuchtete jedoch noch so stark, daß ich das Nummernschild am Heck des Fahrzeugs entziffern konnte. Ich prägte mir die Nummer schnell ein.
    Ich fand eine Stelle, wo der Maschendrahtzaun mit einem Bolzenschneider aufgetrennt worden war. Offensichtlich war das schon vor einiger Zeit geschehen, höchstwahrscheinlich vor dem letzten Regen, denn der Schlick war bereits vom Wasser geglättet worden und nicht mehr aufgewühlt, wie das wohl der Fall gewesen sein mußte, als man dieses Werk vollbracht hatte.
    Mehrere unterirdische Kanäle verbinden Moonlight Bay auch mit Wyvern. Wenn ich den ehemaligen Armeestützpunkt erkunde, betrete ich ihn normalerweise durch einen dieser diskreteren Wege und benutze dabei meinen eigenen Bolzenschneider. An diesem durch den Fluß verlaufenden Zaun warnte - wie überall am gesamten Rand des Stützpunkts und auf dem weitläufigen Gelände selbst - ein Schild mit roten und schwarzen Buchstaben davor, die Einrichtung zu betreten. Der Stützpunkt war zwar nach dem Ende des Kalten Krieges aufgrund der Empfehlung einer Kommission im Verteidigungsministerium geschlossen worden, wer das Gelände jedoch unbefugt betrat, würde trotzdem strafrechtlich verfolgt und verurteilt werden, wahrscheinlich sogar zu einer Haftstrafe. Die Auflistung der entsprechenden Bundesvorschriften war so lang, daß sie das untere Drittel des Schildes einnahm. Der Tonfall der Warnung war streng und kompromißlos, wovon ich mich aber nicht abschrecken ließ. Politiker versprechen einem auch Frieden, ewigen Wohlstand, Gedeihen und Gerechtigkeit.
    Sollten sie ihre Versprechungen jemals einhalten, habe ich vielleicht auch mehr Respekt vor ihren Drohungen.
    Hier am Zaun waren die Spuren des Kidnappers nicht die einzigen im Flußbett. Das Halbdunkel verhinderte jedoch, daß ich die neuen Fußabdrücke eindeutig zuordnen konnte.
    Ich riskierte es, die Taschenlampe zu benutzen. Allerdings schirmte ich sie mit einer Hand ab und ließ das Licht immer nur ein, zwei Sekunden lang aufblitzen. Das reichte aber aus, um herauszufinden, was hier passiert war.
    Obwohl der Zaun in Vorbereitung des Verbrechens offensichtlich schon vor geraumer Zeit aufgetrennt worden war, hatte der Kidnapper keine klaffende Lücke hinterlassen, lediglich einen unauffälligen Durchschlupf. Heute nacht hatte er nur den locker herabhängenden Maschendraht beiseite schieben müssen. Um dafür beide Hände frei zu haben, mußte er Jimmy abgesetzt, seinen Gefangenen aber dadurch an der Flucht gehindert haben, daß er ihn entweder mit massiven Drohungen eingeschüchtert oder aber betäubt hatte.
    Der zweite Satz Fußspuren war beträchtlich kleiner als der erste. Und er stammte nicht von Schuhen. Es waren die Abdrücke eines Kindes, das barfuß aus dem Bett gezerrt worden war.
    Vor meinem geistigen Auge sah ich Lillys gequältes Gesicht. Ihr Ehemann, Benjamin Wing, der als Elektriker beim Kraftwerk gearbeitet hatte, war vor fast drei Jahren bei einem Arbeitsunfall durch einen Stromschlag ums Leben gekommen. Er war ein großer Bursche mit fröhlichen Augen gewesen, ein Halbindianer, so voller Leben, daß es den Anschein hatte, es würde nie enden. Sein Tod hatte alle wie vor den Kopf geschlagen. So stark Lilly auch sein mochte, würde sie so kurz nach dem ersten auch noch diesen zweiten und weit schrecklicheren Verlust ertragen müssen, sie würde wahrscheinlich daran zerbrechen.
    Obwohl wir beide schon seit langem kein Paar mehr waren, war sie eine gute Freundin geblieben, die ich sehr gern hatte.
    Ich betete dafür, ihr den Sohn zurückbringen zu können, ein lächelndes und unverletztes Kind, um sehen zu können, wie die Qual aus ihrem Gesicht verschwand.
    Orsons Jaulen war voller Sorge. Er zitterte, wollte der Fährte unbedingt folgen.
    Nachdem ich die kleine Taschenlampe wieder unter den Gürtel gesteckt hatte, zog ich den aufgetrennten Maschendraht hoch. Ein leises, protestierendes Vibrieren summte durch die Stahlglieder.
    »Frankfurter Würstchen für alle, die tapferen Herzens sind«, versprach ich Orson, und sofort
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