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Im Angesicht der Schuld

Titel: Im Angesicht der Schuld
Autoren: Sabine Kornbichler
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machte. Noch verweigerte Nelli sich beharrlich, wenn ich das Thema anschnitt, aber wir wussten beide, dass ich nicht locker lassen würde.
    » Warum können Sie sich nicht darauf beschränken, mich hübsch zu finden, wie alle anderen auch? « Den genervten Unterton schien sie speziell für dieses Thema reserviert zu haben.
    O ja, sie war nicht nur hübsch, sie war eine Augenweide mit einem Gesicht, das an die junge Romy Schneider erinnerte. Außerdem hatte sie die schönsten Haare, die ich jemals gesehen hatte. Sie waren von einem satten Braun und glänzten, als sei jedes einzelne handpoliert. Ungebändigt reichten sie ihr bis weit über die Schultern. Ich holte tief Luft. » Weil nette Komplimente deinem Geist keine Nahrung geben! «
    » Erstens geht es bei meinem Aussehen nicht um nette Ko m plimente, sondern um Tatsachen. Und außerdem: Wer sagt, dass mein Geist Hunger hat? «
    » Helen sagt das «, ertönte hinter mir Gregors Stimme. » Und sie hat Recht. Guten Abend, Nelli. «
    Sie erwiderte seinen Gruß mit einem knappen Nicken. » Wenn Sie mich loswerden wollen, brauchen Sie das nur zu sagen und sich nicht hinter so fadenscheinigen Argumenten zu verscha n zen. «
    Gregor schenkte ihr ein wissendes Lächeln. » Frag t s ich nur, wer von uns dreien sich hinter etwas verschanzt. «
    » Wissen Sie, was Ihr Problem ist? «, wetterte sie. » Sie haben beide eine ausgeprägte Akademiker-Macke, Jana kann einem jetzt schon Leid tun. Was, wenn sie eines Tages ihr Glück darin sehen sollte, Croupière im Spielcasino zu werden? «
    » Dann werden wir dafür sorgen, dass sie die bestmögliche Ausbildung erhält «, sagte ich.
    » Ach, darum geht es! « Nelli hatte blitzschnell ihr Pokerface aufgesetzt. » Sie wollen, dass ich Ihnen schwarz auf weiß dokumentiere, dass ich das Putzen an den besten Schulen gelernt habe. «
    » Wir wollen, dass du etwas aus dir machst «, sagte Gregor.
    » Nur weil Sie beide unerträgliche Snobs sind, soll ich mein Leben ändern? « Sie blies verächtlich Luft durch die Nase.
    » Es ist uns schnurzpiepegal, warum du es änderst, Hauptsache, du tust es. «
    » Schnurzpiepegal … « Nelli schien jede einzelne Silbe zu genießen. » Ist das nicht übelste Umgangssprache? Ziemt sich so etwas für einen angesehenen Anwalt? «
    » Du hast mich noch nicht erlebt, wenn ich die Gegenseite attackiere. «
    » Ich dachte, ich wäre die Gegenseite. « Sie drängelte sich zwischen uns hindurch und ließ im Flur geräuschvoll ihre Tasche fallen. » Haben Sie nicht gesagt, Sie seien um acht Uhr zum Essen verabredet? Jetzt ist es acht. Lernt man nicht im Rahmen der bestmöglichen Ausbildung, dass es unhöflich ist, zu spät zu kommen? « Sie hatte meinen Tonfall täuschend echt nachgeahmt.
    » Geburtstagskinder haben einen Bonus «, entgegnete ich.
    » Sie haben heute Geburtstag? «
    Ich nickte.
    » Frau Gaspary … « Ihrem ungehemmten Quietschen folgte eine Umarmung, an der ich fast erstickte.
    » Wann nennst du mich endlich Helen? «, fragte ich, nachdem ich wieder zu Atem gekommen war.
    » Wenn ich den Umgang mit Respektspersonen hinreichend studiert habe. «
    » Du meinst, wenn du Respekt gelernt hast. Da das aller Vo r aussicht nach nie geschehen wird, kannst du mich auch gleich Helen nennen. Und er hier «, damit klopfte ich meinem Mann, der immer noch neben mir stand, sanft auf die Schulter, » heißt Gregor. «
    » Ich werd ’ s mir überlegen. Und jetzt machen Sie beide sich bitte vom Acker, damit ich endlich in Ruhe fernsehen kann. Ich gehe mal davon aus, dass Jana schläft? «
    » Tief und fest «, antworteten wir wie aus einem Munde.
    » Lassen Sie sich Zeit beim Essen! «
    » Denkst du dabei an unsere Mägen oder an deinen Geldbe u tel? «, fragte Gregor mit einem Schmunzeln.
    » Ausschließlich an meinen Geldbeutel. Sie beide sind mir schnurzpiepegal! «
     
    » Entschuldige, Annette, dass wir dich haben warten lassen «, sagte ich zur Begrüßung, während Gregor unsere Mäntel zur Garderobe brachte.
    » Kein Problem. Ich bin auch gerade erst gekommen. «
    Gregor und ich setzten uns ihr gegenüber.
    » Alles Gute zu deinem Geburtstag, Helen! Du weißt , was ich dir wünsche … « Annettes prüfender Blick schien sich keine meiner Regungen entgehen lassen zu wollen. Sie nahm meine Hand in ihre und drückte sie fest.
    » Nein. Sag es mir! «
    Ihr Befremden dauerte nur Sekunden. Anstatt mir zu antwo r ten, entschied sie sich für ein Lächeln, das meinen Einwurf als Scherz abtat, wohl wissend,
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