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Illusionen

Illusionen

Titel: Illusionen
Autoren: Richard Bach
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    könnte auch falsch sein.
     

 
E PILOG
     
    Bis der Herbst kam, war ich mit der warmen Luft nach Süden geflogen. Es gab nur wenige brauchbare Felder, aber meine Kunden wurden immer zahlreicher. Ein Rundflug im Doppeldecker war immer populär gewesen, und neuerdings blieben immer mehr bei mir, um sich auszusprechen und um über meinem Lagerfeuer ihre Marshmallows zu toasten. Ab und zu kam einer, dem eigentlich nichts fehlte, der aber behauptete, ein Gespräch mit mir hätte ihm geholfen. Am nächsten Tag sahen mich die Leute verwundert an, kamen näher, waren neugierig geworden. Mehr als nur einmal flog ich vorzeitig ab.
    Es geschahen keine Wunder, obwohl die Fleet jetzt besser als je flog und weniger Treibstoff verbrauchte. Sie spuckte kein Öl mehr und tötete auch keine Insekten auf ihrer Windschutzscheibe oder ihren Propellerschaufeln. Zweifellos war es die kühlere Luft, oder aber die kleinen Biester waren cleverer geworden und wichen mir aus.
    Trotzdem hatte ein Strom der Zeit an jenem Sommertag, als man Shimoda erschoß, für mich aufgehört zu fließen. Es war ein Ende, das ich weder glauben noch begreifen konnte. Es war dort steckengeblieben. Ich durchlebte es unzählige Male, ich hoffte vergebens, es würde sich irgendwie ändern. Aber es änderte sich nicht. Was hatte ich an jenem Tag lernen sollen? Eines Abends, es war gegen Ende Oktober, hatte mich eine Menschenmenge im Staate Mississippi erschreckt. Ich war abgeflogen und auf einem kleinen, gelichteten Platz gelandet, der gerade groß genug für die Fleet war.
    Wieder einmal dachte ich kurz vor dem Einschlafen an jenen letzten Augenblick - warum war er gestorben? Es gab keinen Grund dafür. Wenn das, was er gesagt hatte, stimmte... Jetzt gab es niemanden mehr, mit dem ich mich, wie einst mit ihm, unterhalten konnte, niemanden, von dem ich lernen konnte, niemanden, den ich zu überrumpeln hoffte, niemanden, an dem ich mich mit meinem frisch geschliffenen Verstand messen konnte. An mir selbst vielleicht? Kann sein, aber ich war nicht halb so amüsant wie Shimoda, dessen Lehrmethode aus einem geistigen Karate bestand, mit dem er mich stets aus dem Gleichgewicht brachte.
    Dies ließ ich mir durch den Kopf gehen, bevor ich einschlief und träumte.
    Er kniete im Gras einer Wiese, den Rücken mir zugewandt, und flickte gerade die Stelle in der Flanke der Travel Air, wo die Schrotlandung das Loch gerissen hatte. Neben ihm im Gras lagen eine Rolle von feinstem Segeltuch und eine Dose Zellon-Spannlack.
    Ich wußte, daß ich träumte, ich wußte aber auch, daß es wirklich war.
    »D ON !«
    Langsam richtete er sich auf, drehte sich zu mir um und belächelte meinen Kummer und meine Erleichterung.
    »Hallo, alter Junge«, sagte er.
    Vor Tränen konnte ich kaum sehen. Es gibt kein Sterben, es gibt überhaupt kein Sterben, und dieser Mann war mein Freund.
    »Donald!... Du lebst! Was machst du denn da?« Ich rannte auf ihn zu und warf die Arme um ihn, und er war wirklich. Ich spürte das Leder seiner Fliegerjacke unter den Fingern, drückte die Arme, die darunter waren.
    »Hallo!« wiederholte er. »Entschuldige bitte, aber ich will gerade das kleine Loch hier flicken.«
    Ich war so froh, ihn zu sehen - nichts war unmöglich.
    »Mit Zellon und Segeltuch?« fragte ich. »Du willst mit Zellon und Segeltuch das Loch...? Aber das ist doch nicht deine Art, du siehst es wieder ganz, bereits getan...«, und als ich das sprach, fuhr ich mit der Hand über das zerfetzte, blutige Loch. Als ich die Hand wegzog, war kein Loch mehr da, nur das spiegelglatt lackierte Flugzeug, nahtlos bespannt von Bug bis Heck.
    »So machst du's also!« rief er. In seinen dunklen Augen leuchtete so etwas wie Stolz auf einen etwas zurückgebliebenen Schüler, der nun endlich seine geistige Mechanikerprüfung bestanden hatte.
    Ich fand es nicht seltsam; ich träumte, daß es so gemacht wurde.
    Neben dem Tragflügel loderte ein morgendliches Feuer, auf dem eine Bratpfanne stand. »Du brutzelst etwas, Don! Weißt du, daß ich dich niemals etwas habe kochen sehen? Was ist es?« »Maisbrot«, erwiderte er sachlich. »Das letzte, was ich dir in deinem Leben beibringen will, ist, dir zu zeigen, wie man das macht.«
    Mit seinem Taschenmesser schnitt er zwei Portionen ab und reichte mir eine... Ich kann es noch immer schmecken..., eine Mischung aus Sägespänen, hart gewordenem Tapetenkleister, in Schweineschmalz gebacken.
    »Na, wie schmeckt's?«
    »Don...«
    »Die Rache des
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