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Illusionen

Illusionen

Titel: Illusionen
Autoren: Richard Bach
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Materialisieren funktioniert es ebenfalls.«
    Ich umgab die Feder mit einem goldenen Schein. »Wird gemacht.«
    »So, das genügt. Du kannst die Augen wieder aufmachen.«
    Ich machte die Augen auf. »Wo ist meine Feder?«
    »Wenn du sie dir genau vorgestellt hast, dann rollt sie gerade mit aller Wucht auf dich zu wie ein dicker Brummer von einem Lastwagen.«
    »Meine Feder? Wie ein Lastwagen?«
    »Bildlich gesprochen, Richard.«
    Den ganzen Nachmittag hielt ich Ausschau nach der Vogelfeder, aber sie erschien nicht. Erst am Abend, als ich gerade ein getoastetes Sandwich mit Puter Fleisch aß, sah ich sie. Ein Bild, ganz kleingedruckt auf einem Milchkarton: Abgepackt für Scott Dairies von den Blue Feather Farms in Bryan, Ohio.
    »Don! Meine Feder!«
    Er sah hin und hob die Schultern. »Ich hatte geglaubt, du wolltest eine echte Feder haben.«
    »Genügt das nicht für den Anfang?«
    »Hast du dir nur eine separate, frei im Raum schwebende Feder vorgestellt, oder hattest du sie in der Hand gehalten?« »Es war eine frei schwebende Feder.«
    »Darum. Wenn du mit dem Zusammensein willst, was du materialisierst, mußt du dich selbst mit ins Bild setzen. Verzeih, daß ich dir das nicht erklärt habe.«
    Ein unheimliches, seltsames Gefühl. Es funktionierte! Ich hatte ganz bewußt etwas materialisiert! »Heute eine Feder«, sagte ich, »und morgen die ganze Welt!«
    »Sei vorsichtig, Richard«, sagte er, und seine Stimme klang unheilverkündend, »oder es könnte dir leid tun...«
     

 
15. Kapitel
     
    Die Wahrheit,, die du aussprichst,
    hat weder Vergangenheit noch Zukunft.
    Sie ist, und das ist alles,
    was sie zu sein braucht.
     
    Ich lag auf dem Rücken unter der Fleet und säuberte die Unterseite des Rumpfes von Ölspuren. Neuerdings spuckte der Motor weniger Öl. Shimoda flog einen Passagier und kam dann zu mir herüber. Er setzte sich ins Gras, während ich arbeitete.
    »Richard, wie kannst du eine Welt, in der jeder hart arbeitet, beeindrucken wollen, wenn du selbst nichts weiter tust, als ohne ein Gefühl der Verantwortung in deinem antiquierten Doppeldecker herumzufliegen und den Leuten Rundflüge zu verkaufen?« Er wollte mich wieder einmal herausfordern. »Diese Frage wirst du mehr als nur einmal gestellt bekommen.«
    »Nun, Donald, erstens: Ich bin nicht auf der Welt, um sie zu beeindrucken. Ich bin auf der Welt, um ein Leben zu führen, das mich glücklich macht.«
    »Akzeptiert. Und zweitens?«
    »Zweitens: Es steht jedem anderen Menschen frei, das zu tun, was ihm Spaß macht, um sich seinen Unterhalt zu verdienen. Drittens: Verantwortlich sein bedeutet die Fähigkeit, seine Lebensweise zu verantworten. Es gibt nur eine Person, der wir eine Antwort schuldig sind, und das ist...?«
    »Wir selbst«, fiel mir Donald ins Wort und antwortete für eine imaginäre Anhängerschar.
    »Selbst das brauchen wir nicht zu tun, wenn uns nicht danach zumute ist... Unverantwortlich sein ist nichts Schlechtes. Aber die meisten von uns finden es interessanter, die Motive für unsere Handlungen, weshalb wir dies und jenes tun, zu erforschen: Ob wir lieber einen Vogel beobachten oder auf eine Ameise treten oder um des Geldes willen etwas tun wollen, das wir lieber nicht täten.« Ich fuhr zusammen. »War die Antwort zu lang?«
    Er nickte. »Viel zu lang.«
    »Also gut... Wie willst du die Welt beeindrucken...?« Ich rollte unter dem Flugzeug hervor und ruhte mich eine Zeitlang im Schatten der Flügel aus. »Wie wär's, wenn ich der Welt erlaubte, so zu leben, wie sie leben will, und mir erlaube, so zu leben, wie ich es will?«
    Er warf mir ein glückliches, stolzes Lächeln zu. »So spricht ein wahrer Messias! Einfach, direkt, zitierbar und haarscharf an der Frage vorbei, es sei denn, man gibt sich die Mühe, darüber nachzudenken.«
    »Frag mich bitte weiter.« Es war herrlich zu beobachten, wie der eigene Verstand arbeitete.
    >»Meister<«, sagte er, >»ich will geliebt werden, ich bin gütig, ich behandle andere, wie ich auch von ihnen behandelt werden möchte; aber trotzdem habe ich keine Freunde und bin ganz allein. Was ist deine Antwort?«
    »Gebe auf«, sagte ich. »Ich habe nicht die blasseste Ahnung, was ich darauf antworten soll.«
    »W AS ?«
    »Ich sage das nur zum Spaß, Donald, um ein wenig Leben in die Bude zu bringen. Ein kleiner Tempowechsel, weiter nichts.«
    »Ich rate dir, sehr vorsichtig mit dem zu sein, was du unter Leben in die Bude bringen verstehst. Die Menschen, die zu dir kommen, halten ihre Probleme
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