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Ihr wahrer Name

Ihr wahrer Name

Titel: Ihr wahrer Name
Autoren: Sara Paretsky
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fuhr er sich mit der Hand durch die Haare. »Ich bin vor zwei Tagen nach New York zurückgekommen, und da habe ich erfahren, daß unser Starreporter hier an die Front fährt. Also hab' ich dem Maverick den Auftrag abgeluchst, über die Birnbaum-Konferenz zu schreiben, und bin hergeflogen. Leider muß ich jetzt für das Vergnügen, mich von Morrell verabschieden zu können, auch noch arbeiten. Aber das werde ich dich spüren lassen, Amigo.«
    Morrell und Don hatten sich ein paar Jahre zuvor während der Berichterstattung über den schmutzigen Kleinkrieg in Guatemala kennengelernt. Don hatte später als Lektor bei Envision Press in New York angefangen, übernahm aber immer noch hin und wieder Reportagen für Zeitungen und Zeitschrif ten. Die meisten seiner Artikel erschienen im Maverick-Magazin, einer kritischeren Version von Barper 's.
    »Hast du das Zusammentreffen von Maccabees und EYE-Team schon mitgekriegt?« fragte ich. »Davon habe ich Morrell gerade erzählt. Ich hab' Informationsmaterial von Posner und Durham mitgebracht.« Er deutete auf einen Stapel Broschüren auf dem Beistelltischchen. »Ich werde versuchen, mich mit beiden zu unterhalten, aber natürlich greife ich da jetzt vor. Was ich eigentlich brauche, sind Hintergrundinformationen. Morrell meint, du könntest mir vielleicht das eine oder andere sagen.«
    Als ich ihn fragend ansah, fügte er hinzu: »Ich würde mich zum Beispiel gern mit Max Loewenthal treffen, weil er in dem nationalen Komitee sitzt, das sich mit Vermögenswerten von Holocaust-Überlebenden beschäftigt. Seine Kindertransportgeschichte würde für sich schon eine gute Story abgeben, und Morrell hat mir erzählt, daß du zwei seiner Freunde kennst, die in den dreißiger Jahren ebenfalls als Kinder nach England gekommen sind.«
    Ich runzelte die Stirn bei dem Gedanken an Lottys Zorn über Max' Beschluß, die Vergangenheit wieder aufzurollen. »Nun, vielleicht kann ich dich Max vorstellen, aber ich weiß nicht, ob Dr. Herschel mit dir reden möchte. Und Carl Tisov, der andere Freund von Max, ist im Rahmen einer Konzertreise aus London hergekommen, also hat er möglicherweise keine Zeit und auch kein Interesse... «
    Ich zuckte mit den Achseln und nahm die Broschüren in die Hand, die Don von der Demonstration mitgebracht hatte. Darunter befand sich ein Flugzettel von Louis Durham in teurem Dreifarbdruck auf Hochglanzpapier. Der Text wandte sich gegen den Illinois Holocaust Asset Recovery Act, solange dieser nicht auch die Nachkommen afrikanischer Sklaven in den Vereinigten Staaten mit einschloß. Warum sollte Illinois deutschen Unternehmen Beschränkungen auferlegen, die aus der Zwangsarbeit von Juden und Zigeunern Kapital geschlagen hatten, aber amerikanische Unternehmen tolerieren, die sich an afrikanischen Sklaven bereichert hatten?
    Meiner Meinung nach war das ein gutes Argument, aber die Rhetorik störte mich: Kein Wunder, daß der Staat Illinois sich mit dem IBARA beschäftigt. Die Juden haben immer schon zusammengehalten, wenn 's um Geld ging, und dieser Fall ist keine Ausnahme. Die beiläufige Bemerkung von Margaret Sommers über den »geizigen alten Juden Rubioff« kam mir wieder in den Sinn.
    Ich legte das Flugblatt zurück auf den Tisch und wandte mich Posners Schriften zu, die mich ebenfalls verärgerten: Der Jude wird nicht mehr länger Opfer sein. Wir werden nicht untätig zusehen, wie deutsche und Schweizer Firmen ihre Aktionäre mit dem Blut unserer Eltern bezahlen.
    »Pah. Viel Spaß bei deinen Gesprächen mit den beiden.« Ich ging die restlichen Broschüren durch und war überrascht, darunter auch die Firmengeschichte zu entdecken, die die Ajax Insurance erst kürzlich hatte drucken lassen: »Hundertfünfzig Jahre Leben und kein bißchen alt« von Dr. Amy Blount.
    »Willst du sie dir ausleihen?« fragte mich Don grinsend.
    »Danke, ich hab' selber ein Exemplar - die haben vor ein paar Wochen zur Feier des Firmenjubiläums eine Gala veranstaltet. Mein wichtigster Klient sitzt bei der Ajax im Aufsichtsrat, also hab' ich alle Informationen aus erster Hand bekommen. Ich hab' sogar die Autorin kennengelernt.« Sie war eine schmale junge Frau mit strengem Gesicht gewesen, die Dreadlocks mit grobgerippten Seidenbändern zurückgebunden, die am Rand einer festlich gekleideten Menge Mineralwasser getrunken hatte. Ich tippte auf das dünne Buch. »Woher hast du das? Will Bull Durham der Ajax was am Zeug flicken? Oder Posner?«
    Wieder klopfte Don auf seine Hemdtasche mit den
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