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Ihr stolzer Sklave

Ihr stolzer Sklave

Titel: Ihr stolzer Sklave
Autoren: MICHELLE WILLINGHAM
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aufgestöhnt. Er war kein Barde. Für die Kinder war es Schlafenszeit, und das hätte eigentlich genügen müssen, um müde zu sein. Er musste keine Zeit mit einer nutzlosen Geschichte vergeuden.
     
      „Es war einmal vor langer Zeit, da lebten eine Prinzessin und ein Krieger.
      Sie waren glücklich miteinander. Und das ist das Ende.“ Er lehnte sich an eine Birke, schloss die Augen und tat, als würde er eingenickt sein.
      Stille folgte seiner großartigen Erzählung, bis Shannon mit den Worten herausplatzte: „Das ist die schlechteste Geschichte, die ich je gehört habe.“
      „Du sagtest nicht, wie lang sie sein muss. Und jetzt schlaft, beide.“ Ein leises Schnauben zog seine Aufmerksamkeit auf sich, und er sah, dass Aidans Mund sich zu einem verschmitzten Grinsen verzog. Das Lächeln des Kindes traf ihn mitten ins Herz, denn es war Iseults Lächeln.
      Es war so selten und so kostbar.
      Morgen, sagte er sich. Morgen würden sie Lismanagh erreichen, und er würde sie wiedersehen. Er würde ihr geben, was sie am meisten vermisst hatte.
      Doch er wurde den Gedanken nicht los, dass es nicht reichen würde.
     

  20. KAPITEL
 
      Rory MacFergus war ein Narr, einer von der schlimmsten Sorte. Iseult würde es nämlich ganz und gar nicht mögen, dass er sich in ihre Angelegenheiten einmischte.
      Eine Heirat. Nach allem, was sie durchgemacht hatte, wollte sie Davin jetzt doch heiraten, obwohl sie ihn gerade verlassen hatte? Er glaubte kein Wort davon. Und das hatte er ihr gesagt, hatte es ihr ins Gesicht gesagt, als er nach Lismanagh gegangen war. Iseult hatte nur ein falsches Lächeln aufgesetzt und getan, als wäre sie wegen der Festlichkeiten aufgeregt.
      Doch sie log ihn an. Er wusste es, denn er war ihr Vater. Er hatte schon immer in ihren Augen die Wahrheit lesen können. Sie liebte Davin Ó Falvey nicht. Nicht so, wie sie ihren Holzschnitzer liebte.
      Wohin Kieran gegangen war, wusste er nicht. Was er wusste, war, dass der Schnitzer seine Tochter vor Liebe hatte erröten lassen. Nie zuvor hatte er sie so glücklich gesehen. Und etwas war geschehen, das die beiden auseinandergetrieben hatte. Was das gewesen war, das wollte er jetzt herausfinden.
      Er hatte vor, Kieran aufzuspüren. Im Gebiet der Murphys, wo Aidan in Pflege war, wollte er beginnen. Es war ein Ort so gut wie jeder andere.
      Gut möglich, dass er den ganzen Weg umsonst machte. Sicher wurde er langsam etwas komisch im Kopf. Denn die Chancen, Kieran Ó Brannon tatsächlich zu finden, waren gering, ganz abgesehen davon, dass Iseult wegen seiner Einmischung fuchsteufelswild sein würde.
      Aber was, wenn der Holzschnitzer von der Hochzeit keine Ahnung hatte?
      Das wäre doch ein Problem, oder etwa nicht? Wenn Kieran von nichts wusste, konnte er Iseult auch nicht davon abhalten, den falschen Mann zu heiraten.
      Rory schirmte seine Augen gegen die Sonne ab. Er wusste, dass er bald ein Lager aufschlagen musste. Während er einen Schluck Wasser aus seinem Trinkschlauch nahm, studierte er den Pfad, der sich in Richtung der Ländereien der Murphys schlängelte.
      Plötzlich roch er Torfrauch, ein Geruch, der über dem Kamm eines Hügels stand. Er kniff die Augen zusammen und sah weit vorne die Silhouette einer Gestalt. Aber er konnte nicht erkennen, wer es war. Rory trieb sein Pferd vorwärts und hielt auf die feinen Rauchschwaden zu, bis er deren Ursprung erreichte. Als er den Schnitzer vor dem Feuer sitzen sah, schien alles Blut aus seinem Gesicht zu weichen.
      „Heilige Mutter Gottes!“, keuchte er.
      Der Mann lehnte an einer großen Eiche, neben sich einen enormen Laubhaufen. Zwei Kinder schliefen auf seinem Mantel. Rory erkannte Aidan, dessen Kopf in Kierans Schoß ruhte. Das Mädchen war ihm fremd, aber im Schlaf hielt sie die Hand des Schnitzers.
      Kieran riss die Augen auf. Als er Rory erblickte, entspannte er sich. Sein Nacken war steif, und er verstand nicht, wie er hatte so erschöpft sein können, wo es doch noch früh am Abend war. Die Anstrengungen der letzten Tage hatten ihren Preis gefordert.
      „Ich bin es nur, Junge“, sagte Rory mit gedämpfter Stimme und stieg vom Pferd. Danach band er das Tier an. Und während er sein Pferd versorgte, stahl sich ein Lächeln auf seine Lippen. „Sieht aus, als hättest du alle Hände voll zu tun. Ist das mein kleiner Enkelsohn Aidan?“
      „Das ist er“, bestätigte Kieran. Auch er sprach leise. Die Kinder waren müde gewesen, hatten sich aber nicht
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