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Ihr Kriegt Mich Nicht!

Ihr Kriegt Mich Nicht!

Titel: Ihr Kriegt Mich Nicht!
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sahen einander an, und die Frau wich Lenas Blick aus. Die Klasse deutete aufs Eis hinaus, es wurde mit Handys telefoniert. Die Feuerwehr war schon unterwegs und angeblich auch ein Hubschrauber. Pi begann zu weinen. Lena nahm Bengt am Arm.
    »Was glaubst du?«
    »Nun, hin kann da keiner. Dazu ist das Eis zu dünn.«
    »Was sollen wir tun?«
    »Nichts«, sagte Bengt. Ein kurzes Lächeln huschte über seinGesicht. »Er ist nicht dumm. Jetzt kriegen die Herrschaften ein bisschen Zeit zum Nachdenken. Zum Frieren und Nachdenken. Das ist gut.«
    Die Papageienfrau und der Goldzahn redeten jetzt auf die Polizisten ein. Bengt schielte zu ihnen hinüber und sah, dass die Polizisten nur den Kopf schüttelten.
    »Du bist doch Erik Påls Junge, oder?«, rief Bengt dem einen zu.
    »Ja.«
    »Der hat das Herz auf dem rechten Fleck.«
    »Was sollen wir machen?«, fragte der Polizist.
    »Nichts«, sagte Bengt und drehte sich zu Mik um. Er legte die Hände wie einen Trichter an den Mund und schrie: »Hast du das Messer?«
    Mik klopfte sich seitlich an den Gürtel.
    »Gut!«
    Bengt peilte Miks Position mit Hilfe des Funkmasts auf dem Granberg an. Dann fuhr er ein Stück weit nach Westen, peilte die Lage des Kirchturms gegen den Kiefernhügel an und fuhr weiter hinunter nach Süden. Er kam zurück und nahm diesmal das Bootshaus ins Visier. Dann fuhr er die Strecke noch zweimal in Richtung Süden ab, in Höchstgeschwindigkeit. Das sah ehrlich gesagt ziemlich eigenartig aus. Er atmete schwer und murmelte: »Vielleicht haut das hin. Aber die Strömung ist teuflisch stark.«
    »Was soll hinhauen?«, fragte Lena.
    »Nur für alle Fälle. Die Sicht durchs Eis ist gut, die ganze Strecke vom Strömungsbrunnen nach Süden, blank, klar und deutlich.«
    »Für alle Fälle?«, fragte Lena.
    »Ja.«
    Die Papageienfrau zerrte aufgeregt an den Polizisten. »Jetzt unternehmen Sie doch endlich was!«
    »Was denn zum Beispiel?«
    Bengt glitt auf dem Tretschlitten zu ihnen hin und sagte leise: »Es ist Ihre Schuld, wenn er einbricht. Damit Sie’s nur wissen. Alle hier wissen das.«
    Er zog einen zerknitterten Zettel aus der Tasche und reichte ihn der Papageienfrau: »Hier, eine Namensliste. Das ganze Dorf hat unterschrieben. Sogar Gustavsson. Hundertvierundsechzig Namen in einem Dorf mit hundertdreiundsechzig Einwohnern.«
    »Aber der Gerichtsbeschluss …«
    »Sie sind wohl besonders schwer von Begriff«, sagte Bengt. »Dort draußen gibt’s eine starke Strömung. Wenn er einbricht, zieht es ihn unters Eis, und mit viel Glück finden wir die Leiche irgendwann im Frühjahr. Das heißt, wenn der Fluss ihn nicht ins Meer mitzerrt. Dann finden wir ihn nie.«
    »Aber …«, stammelte die Papageienfrau. »Aber wir …«
    Bengt unterbrach sie: »Der Junge ist dem Tod so nahe, näher geht gar nicht. Aber Sie scheinen das nicht zu begreifen. Fahren Sie nach Stockholm zurück! Sie bringen ihn um. Verdammte Kindsmörder! Ich werde …«
    Bengt zog die Axt aus der Hechtkiste, aber Lena zerrte ihn weg. Bengt murmelte noch etwas von verdammten Behörden und Bürokraten, beruhigte sich dann aber, legte die Axt zurück und blickte schweigend übers Eis zu Mik hinüber.
     
    Mik sah die vielen Menschen. Es ging ein kalter Wind, und er hatte nur einen dünnen Pulli an. Seine Knie zitterten, die Zähne klapperten. Zu dumm, dass er die Jacke nicht mitgenommen hatte. Aber eigentlich war das jetzt auch egal. Undwenn er nur in Unterhosen dastünde, den Strömungsbrunnen würde er nicht verlassen. Immer mehr Menschen kamen aufs Eis. Vielleicht das ganze Dorf. Er hörte nicht, was sie sagten. Aber manchmal deuteten sie zu ihm her. Irgendjemand rutschte aus und fiel hin. Das Eis knackte.
    Lena hatte ihre Jacke gegen den Wind fest um sich gezogen. Eine Stunde war vergangen, ohne dass etwas passiert war. Wie konnte so etwas erlaubt sein?
    »Warum sollte ich nicht taugen?«, sagte sie in den Wind. »Ihm ist es hier gut gegangen. Da können Sie jeden fragen. Ihm ist es gut gegangen. Mir ist es gut gegangen. Ist so etwas wirklich erlaubt? Sie brauchen doch bloß zu sagen, dass er bleiben darf!«
    Der Polizist, der Roland hieß, stellte klar, sie hätten nicht vor, bei der Ergreifung behilflich zu sein. Das Ganze sei äußerst unerfreulich, und sie sähen sich vermutlich gezwungen, eine Anzeige zu erstatten, ganz gleich, wie es ausging. So etwas dürfe keinem Kind zugemutet werden.
    »Kann ja sein, dass Sie so was in Stockholm machen. Aber hier oben bei uns jagen wir keine Kinder auf
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