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Igor der Schreckliche

Igor der Schreckliche

Titel: Igor der Schreckliche
Autoren: Papierfresserchens MTM-Verlag GbR
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Gesprächs bestimme ich. Nicht du.“
    Igor hört gar nicht zu. Er weiß, worauf Mutter wartet. Auf eine Entschuldigung. Pah! Ausgerechnet er!
    „Gibt es etwas, das du zu deiner Entschuldigung sagen möchtest?“
    „Warum können Sie mich nicht annehmen, wie ich bin?“ Igors Kloß im Hals wächst. Er spürt Tränen in seinen Augen. Bloß keine Schwäche zeigen! Nicht heulen! Er schließt kurz die Augen. Vampirjungen, die heulen, sind Schwächlinge.
    „Wir wollen dein Bestes!“, sagt die Mutter.
    „Falls Sie, verehrte Mutter, mein Bestes wollten, verglichen Sie mich nicht allzeit mit anderen, sondern förderten meine …“ Igor bricht ab. Er wollte Begabungen sagen. Er hat keine. Es gibt nichts, was er besonders gut kann oder besser als andere. „Ich bin nicht Victor und ich möchte nie sein wie er! Verstehen Sie das doch! Ich werde kein Weltmeister im Menschenaussaugen! Weil ich das nicht will!“
    Die Augen der Mutter verfinstern sich. „Igor! Du wagst es, derart mit mir zu sprechen?“ Sie geht zur Tür und sagt herrisch: „Du wirst deine Blutsaugerprüfung machen wie jedes andere Vampirkind! Du wirst ein exzellentes Ergebnis erzielen wie deine Geschwister. Um uns mit diesem Stolz zu erfüllen, wirst du ab sofort jeden Tag zwei Stunden mehr lernen.“ Da Igor keine Anstalten macht, aus dem Sarg zu steigen, fügt die Mutter hinzu: „Mit
sofort
meine ich sofort.“ Ihr rechter Zeigefinger deutet auf den Schreibtisch, auf dem sich Bücher stapeln und kreuz und quer Schreibfedern verteilt liegen.
    Igor würde sie am liebsten anbrüllen. Aber das würde nichts besser machen. Igor fügt sich. Er hat sich geschworen, sich endlich zu widersetzen! Sich nicht alles gefallen zu lassen! Widerwillig steigt Igor aus dem Sarg. Er lässt sich auf seinen Schreibtischstuhl plumpsen. Das oberste Buch schlägt er auf und liest scheinbar darin.
    Noch fünfzehn Minuten verharrt er in der gleichen Position. Wohlweislich! Die Tür öffnet sich erneut und die Mutter steckt den Kopf herein, nickt zufrieden und geht.
    Igor klappt das Buch zu, sperrt sein Zimmer ab, schnappt sich das fremdartige Buch und fängt zu lesen an. Er liest und liest und liest. Er kann nicht mehr aufhören. Das Mädchen, dem das Buch gehört, ist wahrhaftig ein Menschenmädchen! Es heißt Lara. Es schreibt keine Kapitel, sondern Briefe, auf die es keine Antwort erhält. Lara nennt das Buch
Tagebuch
. Dieses komische Wort kennt Igor nicht.
    Tagebuch. Klingt schön! Igor freut sich über ein weiteres neues Menschenwort! Tagebuch heißt es wohl deshalb, weil Lara täglich darin schreibt. Während des Lesens findet Igor die Aufgabe des Tagebuchs heraus: Es soll die Gedanken, Sorgen und Probleme von Lara sammeln und bewahren. Und diese scheinen den seinigen nicht unähnlich zu sein. Lara vermisst es bestimmt schon. Er muss es bald zurückbringen. Jedoch mit einer Entschuldigung. Das erfordert der Anstand.
    Einen Moment überlegt er. Am besten schreibt er Lara einen Brief! Leicht hat sie es nicht. Wie er! Sie würden sie sich gut verstehen. Vielleicht freunden sie sich an? Wie soll er sie kennenlernen? Er kann ausschließlich nachts in die Menschenwelt, und nicht einmal das darf er.
    Er hat viele Fragen. Was zum Beispiel ist Fußball? Und Ballett?
    Was Lara dazu sagt, dass er ein Vampir ist? Das glaubt sie nicht. Menschen glauben das, was sie sehen und was wissenschaftlich belegt ist.
    Igor seufzt. Doch lieber keinen Brief. Eine kurze Nachricht ist besser. Er versteckt sie im Tagebuch. Morgen sollte er es zurückbringen! Mit diesen Gedanken und denen aus Laras Tagebuch schläft Igor ein.

Kapitel 8
Fußballmädchen
haben keine Angst?
    „Wahrscheinlich habe ich mir das nur eingebildet!“ Nach der Schule rennt Lara schnurstracks auf den Friedhof. Ein bisschen mulmig ist ihr zumute, als sie den Grabmälern näher kommt.
    „Hey Lara“, flüstert ihr Kopf. „Du bist ein Fußballmädchen! Und Fußballmädchen machen sich nicht wegen eines harmlosen Knarzens in die Hose!“
    „Und die Gestalt?“, fragt sich Lara.
    Darauf weiß ihr Kopf ebenfalls eine Antwort: „Das war ein Baum, dessen Äste und Blätter eine Schattengestalt im Mondschein gezaubert haben.“
    Klaro! Für das Knarzen findet sie eine plausible Lösung: Am Eingang der Kirche hängt eine uralte hölzerne Tür. Und die Angst, die sie tags zuvor panisch wegrennen ließ, bläute ihr ein, eine Bewegung auf dem Grab gesehen zu haben. Logo!
    An Irmgards Grab angekommen, schiebt sie erneut den Stein
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