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Igor der Schreckliche

Igor der Schreckliche

Titel: Igor der Schreckliche
Autoren: Papierfresserchens MTM-Verlag GbR
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Lara
    Lara schließt das Buch, küsst es und legt es zurück in das Versteck. Vor dem Grab verneigt sie sich und flüstert: „Merci, Mademoiselle!“ Das hat letztens einer ihrer Brüder zu ihr gesagt, als sie ihm die Teller in die Hand drückte. Übersetzt heißt das: Danke, Fräulein! „Und danke, dass Sie auf mein Tagebuch aufpassen!“

KAPITEL 2
Fürchtlingen
in Transsilvanien
    Igor zieht die Kapuze seines Mantels über den Kopf, um einen Teil seines Gesichtes zu verdecken. Schritt für Schritt tastet er sich vor, versteckt sich in Hauseingängen und hinter geöffneten Toren. Vorsichtig lugt er um die Ecke und heftet sich an die Fersen seines Bruders Ivan. Igor weiß, wo Ivan hingeht. Zu gerne ginge er mit. Doch ihm ist es rigoros untersagt: Das Gesetz verbietet es!
    Ivan läuft raschen Schrittes. Anscheinend knurrt sein Magen. Die armen Menschen! Bald nagen sich die spitzen Zähne der ausgehungerten Vampire in ihre Adern und saugen sie an oder aus. Ivan erhielt vor zwei Jahren den Titel
Transsilvanischer Weltmeister im Leersaugen
. Sein Rekord liegt bei zehn Menschen pro Stunde!
Der Gierige
ist Ivans Beiname.
    Igor schüttelt es. Widerlich! Der Gedanke, Menschen anoder gar aussaugen zu müssen, lässt seinen Mageninhalt poltern. Kurz grübelt er über die anstehende Blutsaugerprüfung, verdrängt sie sogleich, um Ivan nicht aus den Augen zu verlieren. Lediglich Vampire mit bestandener Blutsaugerprüfung dürfen in die Menschenwelt. Junge Vampire ausschließlich in Begleitung Erwachsener und auch nur mit einem triftigen Grund. Alleroberstes Vampirgesetz!
    Igor seufzt. Er kennt viele Geschichten aus der Menschenwelt. Onkel Temerar erzählt bildhaft von seinen Ausflügen und den kuriosen Dingen, die er dort vorfindet. Ein Treffen mit Onkel Temerar findet nur zufällig statt. Die Mutter hasst ihn. Igor versteht nicht, warum. Onkel Temerar wurde aus der Familie verbannt. Ihm ist es untersagt, Igor und seine Geschwister zu sehen und zu sprechen. Die Mutter hat vermutlich Angst, dass Onkel Temerar seine Nichten und Neffen mit seinen lebhaften Erzählungen beeinflussen könnte.
    „Wie er spricht! Trivial und menschlich! Pfui Dracula!“ Igor hört in seinem Kopf die Ausrufe der Mutter. Angewidert purzeln sie heraus, als wäre Onkel Temerar ein abscheuliches Monstrum.
    Igor mag Onkel Temerar. Er verfügt über ein kolossales Wissen aus beiden Welten. Er grüßt wie jeder andere Vampir, beachtet alle Regeln der Etikette. Dass er die Menschensprache beherrscht, findet Igor grandios. Bald lernt er eine neue Vokabel! Igor darf sie nur nicht in Gegenwart eines Vampirs verwenden. Oder gegenüber der Mutter. Wenn sie wüsste! Das gäbe lebenslänglichen Sargarrest! Und noch etwas hat sie zu bemäkeln: Sie findet Onkel Temerars Einstellung hinsichtlich des Essens abscheulich. Er ernährt sich nicht von Menschenblut!
    „Unter der Herrschaft von Graf Dracula wäre das schier unmöglich gewesen! Schade, dass diese wundervollen Zeiten vorbei sind!“ Die Worte hallen durch Igors Kopf.
    Er erinnert sich an Onkel Temerars Leitsatz:
Auch Menschen haben ein Recht auf Leben
.
    Menschen. Die sind anders. Sie hören Musik aus Kästen. Mit einer Kutsche ohne Pferde fahren sie herum. Sie können sogar miteinander sprechen, ohne sich zu sehen! Phänomenal ist das! Igors Lust und Neugier berauschen ihn. Er muss diesen Ausgang finden!
    Ivan dreht sich um. Flott huscht Igor in einen Eingang. Ivan hat Igor nicht bemerkt. Glück gehabt! Seinem Plan steht nichts im Wege. Bis er vor einer Frau zum Stehen kommt. Victors Mutter mustert ihn. Graf Dracula sei Dank, dass sich Igor noch nicht in der Nefastusgasse, dem Anfang der Verbotenen Zone, aufhält! Er lächelt sie an, schwingt seinen Umhang und verneigt sich. Er blickt sich um. Ivan ist verschwunden. Mist. Igor bemüht sich, seine Wut zu unterdrücken.
    „Warum bist du hier?“ Sie deutet hinter sich. „Hier beginnt die Verbotene Zone. Das ist kein geeigneter Ort für einen aufstrebenden Vampir aus einer vortrefflichen Familie!“
    Igor sucht nach der passenden Ausrede. „Ich wollte Mutter erfreuen. Ich habe mich versehentlich verlaufen.“ Igor zeigt auf einen dunklen Laden in der Sargmachergasse. Das Nasenschild ist verrostet und zeigt einen schrumpeligen Hut und eine abgebrochene Schere. Darunter steht
Monastus
. „Ich suchte für Mutter nach …“
    Victors Mutter unterbricht ihn. „Erfreue deine liebenswerte Mutter mit guten Noten, Igor! Sie macht sich schreckliche Sorgen!“ Warum
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