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Ida B ... und ihre Pläne, so viel Spaß wie möglich zu haben, Unheil zu vermeiden und (eventuell) die Welt zu retten

Ida B ... und ihre Pläne, so viel Spaß wie möglich zu haben, Unheil zu vermeiden und (eventuell) die Welt zu retten

Titel: Ida B ... und ihre Pläne, so viel Spaß wie möglich zu haben, Unheil zu vermeiden und (eventuell) die Welt zu retten
Autoren: Katherine Hannigan
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dass sie weder etwas über mich erzählen noch auf mich einhacken solle, und in all das müsste ich auch noch irgendwo eine Entschuldigung einpassen. Das Ganze in weniger als fünf Minuten.
    Nachdem ich meine Möglichkeiten sorgfältig geprüft hatte, entschied ich, dass die Toilette am besten für mich geeignet sei, um zum Ziel zu kommen. Es konnten nur höchstens zwei Leute auf einmal rein. Und wenn ich es schaffte, dass die zwei zufällig ich und Claire waren, und wenn sich alle Leute mit schwacher Blase zufällig gerade in der Turnhalle oder im Speisesaal aufhielten, könnte ich vielleicht einen Moment äußersten Alleinseins mit ihr finden. Gerade lang genug für ein schnelles »Es tut mir Leid«.
    Am Waschbecken oder, noch besser, in der Kabine direkt neben ihr, mit der Trennwand aus Metall zwischen uns, würde ich sagen: »Claire?«
    »Wer ist da?«
    »Ida.«
    »Was willst du?«
    »Das an dem Tag im Wald tut mir Leid.«
    Und damit wäre ich fertig. Sie könnte die Tür zuschlagen, die Spülung betätigen, bis das Klo überlief, unter der Trennwand herspucken, es wär mir egal. Ich hätte getan, was ich musste, und ich wäre längst auf dem Weg zurück in die Klasse.

28. KAPITEL
    Wenn du jemanden auf der Toilette abfangen willst, dann hast du im günstigsten Fall etwa zwei Chancen pro Tag: eine morgens und eine nachmittags.
    Am Donnerstagmorgen entwischte mir Claire. Wir hatten gerade Freistunde, in der wir, ohne extra zu fragen, in der Klasse herumlaufen dürfen. Deshalb hob sie auch nicht die Hand und bat darum, austreten zu dürfen, sondern ging direkt auf Miss W.s Pult zu, redete mit ihr und schon war sie aus der Tür. Als ich merkte, was lief, hatte auch Judy Stouterbaden bereits gefragt, und damit waren wir am Limit.
    Der Morgen war also vergeudet. Ich richtete mich auf den Nachmittag ein.
    Als Claire nach dem Mittagessen, während der Zeit zum Leiselesen, plötzlich aufzeigte, hob ich sofort selber die Hand und wedelte sie extra ein bisschen hin und her, damit sie nicht übersehen werden konnte.
    »Ja, Claire?«, fragte Miss W.

    »Sollen wir die Geschichte bis ganz zu Ende lesen oder nur bis zum nächsten Kapitel?«
    Das war nicht die Frage, auf die ich gehofft hatte. Ich riss den Arm wieder runter und schob meine Hand unter das Pult, damit Miss W. ganz schnell vergaß, dass sie oben gewesen war.
    »Bis ganz zu Ende, Claire«, antwortete Miss W. Dann wandte sie sich mir zu. »Hattest du auch noch eine Frage, Ida?«
    Also, wenn ich jetzt nein gesagt hätte, wäre einer schlauen Claire vielleicht der Verdacht gekommen, dass irgendwas los war, und das wär nicht gut gewesen. Doch diese außergewöhnliche Wendung der Ereignisse hatte ich nicht eingeplant. Ich antwortete also, so gut ich konnte.
    »Eh, ich habe mich gefragt, in welcher Klasse man wissen muss, wie man das Wort ›Dilemma‹ buchstabiert.«
    Zwanzig Köpfe drehten sich nach der Person um, die so eine Frage stellte. Zwanzig Gehirne verwandelten die Frage in eine Hänselei. Zwanzig Körper - da war ich mir sicher - bereiteten sich schon darauf vor, über mich herzufallen, sobald ich um drei Uhr aus der Tür ging. Meine Anstrengungen, eine Demütigung zu vermeiden, waren gescheitert.
    Miss W. lächelte. »Ich glaube kaum, dass ›Dilemma‹ auf irgendeiner speziellen Liste zum Buchstabieren steht, Ida. Warum fragst du?«
    Starr und mit hochrotem Kopf über das, was ich getan hatte, blickte ich sie an. Zum Glück ließ Miss W. die Frage auf sich beruhen.

    Noch immer in diesem Schockzustand, merkte ich gar nicht, wie Claire zwei Minuten später noch einmal die Hand hob, eine weitere Frage stellte und dann die Klasse verließ. Ich fing erst gerade wieder an, normal zu funktionieren, als ich sie zurückkommen sah. Und allmählich begriff ich, was passiert war.
    Um 14.12 Uhr war die letzte Chance, mein Ziel am Donnerstag zu erreichen, verstrichen.
    Am Freitag folgte ich Claire, wo immer sie hinging, in einem Abstand von achteinhalb Schritten. Während sie sich in der Klassenbibliothek nach ein paar Büchern umsah, spitzte ich meinen Bleistift an, bis der schließlich nur noch eine Spitze mit einem Radiergummi war. Jedes Mal wenn sie in die Nähe von Miss W.s Pult kam, ging ich in Sprinter-Startstellung: Beine gebeugt, das rechte Bein vorn, Füße fertig zum Losspurten, Arme bereit zum Pumpen.
    Um 10.27 Uhr fragte Miss W.: »Ida, bringst du mal bitte dieses Formular hier ins Sekretariat?«
    Also, das war wirklich ein schlechtes Timing. Mein Körper
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