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Ich war seine kleine Prinzessin

Ich war seine kleine Prinzessin

Titel: Ich war seine kleine Prinzessin
Autoren: Nelly
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nämlich: »Eines Tages werden wir beide heiraten, du und ich.« Das sei
überhaupt kein Problem, meinte er, in anderen Ländern sei das durchaus üblich.

Die kleine
Frau
     
     
     
    Mama war im Sanatorium. Sie machte eine
Schlafkur. Sie wurde wegen einer nervösen Erschöpfung behandelt, nahm
Medikamente, Schlaftabletten, Antidepressiva ein. Wir hörten in unregelmäßigen
Abständen von ihr, wußten aber nicht genau, was ihr eigentlich fehlte, ob sie
krank war oder an den Folgen des Unfalls litt. Sie war jedenfalls nicht da und
würde noch eine ganze Weile fortbleiben. Und wir vermißten sie, Laury, Sandy
und ich auch, obwohl ich geglaubt hatte, ich hätte sie überhaupt nicht mehr
lieb. Trotz allem ging das Leben weiter.
    Meinem Vater stand ich noch näher als
früher. Zum einen, weil ich jetzt noch öfter mit ihm allein war, zum andern,
weil die Kluft zwischen ihm und meinen Geschwistern ständig größer wurde. Er kümmerte
sich in keiner Weise um sie. So als gingen sie ihn gar nichts an. Er
interessierte sich ausschließlich für mich, seine kleine Prinzessin.
    Von da an begann es wirklich
auszuarten. Aber das begriff ich erst später. Anfangs dachte ich mir nichts
dabei, ich fand es eher süß. Mein Vater küßte mich oft. Auf den Mund. Er gab
mir einen flüchtigen Schmatz, einfach so, und ich sagte nichts und machte mir
auch keine Gedanken deswegen. Im Fernsehen sieht man auch Väter, die ihre
Töchter auf den Mund küssen. Für mich war das also kein Grund, der Sache
übertriebene Bedeutung beizumessen. Es dauerte jedoch nicht lange, da genügte
der flüchtige Schmatz nicht mehr, und er küßte mich ganz komisch, fast so, wie
ein Junge ein Mädchen küßt.
    Großmutter Mireille fiel das merkwürdige
Benehmen meines Vaters eines Tages auf. Er hatte es sich angewöhnt, die Hand
auf meinen Po zu legen, wenn ich an ihm vorbeiging, am Herd stand oder putzte.
Und er küßte mich dauernd auf die Wange, wobei er manchmal meine Lippen
streifte. Großmutter sah diese Dinge nicht gern, sagte aber nichts. Sie nahm
das genausowenig ernst wie ich. Schließlich liebte mein Vater mich abgöttisch,
weshalb sollte er mir nicht seine Zuneigung zeigen?
    Ich protestierte nicht. Für mich waren
das harmlose Zärtlichkeiten. Etwas ganz Natürliches zwischen Vater und Tochter.
Auf keinen Fall etwas Schlimmes. Papa würde doch nie etwas tun, das mir schaden
könnte! Außerdem gefiel ihm mein Po. Ich hätte einen hübschen runden kleinen
Hintern, meinte er immer wieder, und ich mußte jedesmal lachen. Ich fand
wirklich nichts dabei, ich meine, es handelte sich doch um meinen Vater! Wie
hätte ich da mißtrauisch werden sollen? Und doch hat alles so angefangen,
damals, als meine Mutter im Sanatorium war. Niemand schöpfte Verdacht. Niemand
dachte sich etwas Böses dabei. Wer vermutet schon ein Drama hinter soviel
Zärtlichkeit?
     
    In seiner Phantasie sah mein Vater die
Dinge bereits ganz anders. Er sagte so merkwürdige Sachen, zum Beispiel: »Wir
lieben uns, das ist eine Liebesgeschichte zwischen uns. Die Geschichte einer
ausweglosen Liebe, wenn man so will.«
    Er verglich uns mit Romeo und Julia,
von denen er mir oft erzählte. Aber bei den beiden handelte es sich nicht um
Vater und Tochter, das wußte ich.
    Papa bot mir auch an, ins Ausland zu
gehen, damit wir heiraten könnten. »In manchen Ländern ist es üblich, daß der
Vater die Tochter heiratet«, behauptete er. Darüber wußte ich nichts. Ich hatte
keine klare Vorstellung von diesen Dingen, und sie waren auch nicht wichtig für
mich. Das waren nichts als Worte, hübsche Geschichten, so was wie Märchen...
    Erst dachte ich, warum sollte es eine
Liebesgeschichte zwischen Vater und Tochter nicht geben, es waren doch bloß ein
paar harmlose Küsse. Aber mein Vater ließ es nicht dabei bewenden. Seine
Zärtlichkeiten wurden aufdringlicher, schamloser. Ich fühlte mich in die Enge
getrieben. Ich ahnte Böses. Nur, was sollte ich machen?
    Wenn wir um fünf von der Schule kamen,
war mein Vater noch nicht zu Hause. Es blieb also mir überlassen, Laury und
Sandy bei den Hausaufgaben zu beaufsichtigen. Meine eigenen blieben liegen.
Aber jemand mußte sich ja um die Kleinen kümmern, und außer mir war niemand da.
Und die beiden erwarteten von mir, daß ich für sie sorgte wie eine richtige
Mutter. Ich half ihnen also bei den Schularbeiten, schickte sie dann unter die
Dusche, und während sie im Bad waren, machte ich etwas zu essen und deckte den
Tisch. Ich mußte sie sogar
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