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Ich und Earl und das sterbende Mädchen: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Ich und Earl und das sterbende Mädchen: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Ich und Earl und das sterbende Mädchen: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
Autoren: Jesse Andrews
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ansehen mussten. Und da es objektiv ein mieser Streifen ist, fanden sie ihn grauenhaft. Earl und ich durften uns ihre Reaktionen von der Bühne aus ansehen. Es gab jede Menge unruhiges Gezappel, gelangweilte Privatgespräche, »Ruhe!« zischende Lehrer und böse Blicke. Also, das war schon mal nicht so toll.
    Das Schlimmste waren die gelegentlichen Aufschreie der Empörung. Die kreiselnde Tarantel zum Beispiel bewirkte, dass mehrere Leute ausrasteten. »Das ist voll daneben!« »Das ist übel «. » W IESO MÜSSEN WIR UNS DI ESEN SCHEISS A NSEHEN ?«
    Noch schlimmer war es, die Reaktionen von Rachels Freundinnen Anna und Naomi mitzuerleben. Die beiden fanden den Film eindeutig zum Kotzen. Naomi bekundete offen ihre Ablehnung mit einem missmutigen Blick und indem sie etwa alle zehn Sekunden die Augen verdrehte. Und die Sache war ja, ich konnte ihr nicht mal einen Vorwurf machen. Bei Anna war es noch schlimmer, sie wirkte einfach nur irgendwie niedergeschlagen. Sie wurde von Scott Mayhew getröstet, dem Typen, den ich zum reihernden Alien gemacht hatte. Er war jetzt ihr Freund. Scott starrte mich die meiste Zeit wütend an, mit dem gnadenlosen Hass eines Gruftis, der erkannt hat, dass er hintergangen worden war. Ich schätze, ich hatte Glück, dass er kein Schwert besaß.
    Die Lehrer machten eine große Sache daraus, wie sehr sie den Film mochten, was 1) ein schlechtes Licht auf ihr künstlerisches Urteil wirft und 2) bewirkte, dass die Schüler den Film noch grauenhafter fanden. Ständig wurde allen unter die Nase gerieben, dass wir diesen blöden Film gemacht hatten. Darum sah es irgendwann so aus, als hätten wir ihn nur gedreht, um Aufmerksamkeit zu bekommen. Diese Vorstellung hat natürlich zur Folge, dass ich mir auf der Stelle giftige, stechende Insekten an den Kopf werfen will.
    Einigen Kiffern gefiel er, und das machte es für mich in keiner Weise besser. Dave Smeggers zum Beispiel hielt mich auf dem Flur auf, um mir zu sagen, dass er den Film »tiefgründig« fand.
    »Er war witzig , Mann«, sagte er. »Du hast den Tod thematisiert, also den echten Tod einer realen Person, und hast ihn witzig gemacht. Irrsinnig witzig! Das hat mich total umgehauen.«
    Es schien mir die Mühe nicht wert, ihn darüber aufzuklären, dass das nicht unser Ziel gewesen war.
    Madison behauptete, er hätte ihr gefallen, aber es war ziemlich offensichtlich, dass sie nur nett sein wollte. Der Hammer kam, als sie sagte, sie hätte nicht alles verstanden.
    »Ihr zwei seid so kreativ «, meinte sie, als wäre das unser Freibrief, lauter schräge, befremdliche, schlecht gemachte Streifen zu drehen und andere zu zwingen, sie sich anzuschauen.
    Mit einem Wort, jeder hatte den Film gesehen. Fast jeder fand ihn zum Kotzen.
    Wie Nizar der mürrische Syrer es ausdrückte: »Wenn du auf Maul willst, ich geb dich auf Maul. Fuck Scheiße Wichser Arsch.«
2. Meine Klassenkameraden hatten jetzt einen konkreten Grund, mich nicht zu mögen
    Und so kam es, dass in den Tagen, die direkt auf die Vorführung von Rachel – der Film folgten, sich meine Rolle innerhalb des Benson-Ökosystems wieder einmal änderte: zum Schlechteren. Anfang des Schuljahrs war ich noch Greg Gaines gewesen, der zu allen unverbindlich freundliche Typ. Dann wurde ich Greg Gaines, möglicher Freund eines langweiligen Mädchens. Das war nicht toll, genauso wenig wie Greg Gaines, Filmemacher. Aber jetzt war ich Greg Gaines, Filmemacher, der insbesondere beschissene Experimentalfilme dreht und einen zwingt, sie anzusehen. Ich war ein einsamer Schimpanse, der im Dschungel auf dem Boden entlanghumpelt. Ich hatte außerdem eine übergroße Zielscheibe auf dem Hinterkopf und darunter ein Schild, auf dem stand: »Wetten, dass du meinen Kopf nicht triffst, wenn du mit Fäkalien nach mir schmeißt?«
    Ich konnte mich nicht einmal dazu durchringen, mit irgendwem in der Schule zu reden. Ich konnte sowieso mit niemandem über ein anderes Thema als Filme sprechen. Irgendwelche Kids riefen mir auf den Gängen hin und wieder etwas zu – häufig ging es um die kreiselnde Tarantel, die, wie ich glaube, zum echten Symbol der aggressiven Schrecklichkeit des Films geworden war – , und mir fiel nie eine Antwort ein, die das Ganze abschwächen konnte. Stattdessen ging ich einfach etwas schneller. Es war ein furchtbares Gefühl.
    Was die sozialen Gruppen anging: Die Klugscheißer behandelten mich mit unverhohlenem Mitleid. Die reichen Kids taten plötzlich, als hätten sie mich nie gekannt. Die
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