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Ich und Earl und das sterbende Mädchen: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Ich und Earl und das sterbende Mädchen: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Ich und Earl und das sterbende Mädchen: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
Autoren: Jesse Andrews
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wie ich im Krankenhauszimmer total zusammenbreche, während ihre Mom da wortlos und mit den toten Augen einer Statue danebensitzt, und hasste mich dafür, dass ein kalter und distanzierter Teil von mir so was dachte, aber ich konnte nicht anders.
    Irgendwann während alldem kam meine Mom herein, und falls ihr denkt, es wäre auch nur einem von uns möglich gewesen, bei all der Heulerei normal zu sprechen, dann seid ihr möglicherweise einfach behämmert.
    Schließlich mussten wir in den Flur rausgehen, aber nicht, bevor Mom noch einen bizarren Austausch mit Denise hatte, bei dem sie Denise umarmte und ein paar verworrene Dinge zu ihr sagte, während Denise nur steif dasaß.
    Also saßen Mom und ich auf zwei typisch hässlichen Krankenhausstühlen im Flur und versuchten, uns auszuweinen, und irgendwann war ich in der Lage, in kurzen knappen Sätzen zu sprechen.
    »Ich will nur, dass sie a-a ufwacht.«
    »Oh, Schätzchen.
    »Es ist so gemein.«
    »Du hast sie sehr glücklich gemacht.«
    »Wenn ich s-s ie so glücklich ge-gemacht habe, w-w arum versucht sie d-d ann nicht, noch mehr dagegen a-a nzukämpfen?«
    »Es ist einfach zu schwer, Schätzchen. Gegen manche Dinge kann niemand ankämpfen.«
    »Das ist scheiße .«
    »Wir alle werden einmal mit dem Tod konfrontiert.«
    »Hurrn NNNNNGK .«
    Das ging etwa eine Stunde so weiter. Ich erspare euch den Rest. Irgendwann hörten wir auf zu reden, und es herrschte langes Schweigen, während Leute wie Gilbert durch die Gegend geschoben wurden und Ärzte und Pflegepersonal forsch an ihnen vorbeischritten.
    Dann sagte Mom: »Es tut mir leid.«
    Ich bildete mir ein zu wissen, wovon sie sprach.
    »Naja, ich hätte es einfach besser gefunden, du hättest mich vorher gefragt.«
    »Ich habe dich vorher gefragt, aber ich schätze, ich habe dir keine Wahl gelassen.«
    »Mom, wovon redest du? Du hast mich nicht vorher gefragt.«
    »Reden wir über dieselbe Sache?«
    »Ich rede von der bescheuerten Filmvorführung in der Schule.«
    »Oh.«
    »Wovon redest du denn?«
    » Ich rede davon, dass ich dich überhaupt erst dazu brachte, dich mit Rachel zu treffen.«
    »Die Vorführung war wesentlich schlimmer.«
    »Also da habe ich kein schlechtes Gewissen. Was mir wirklich Schuldgefühle macht, ist, dass ich dich in eine so schwierige Situation hineinge…«
    »Wegen der Vorführung hast du kein schlechtes Gewissen?«
    »Nein, aber ich habe Schuldgefühle wegen…«
    »Die Vorführung war ein Alptraum. Sie war ein Alptraum im wahrsten Sinne des Wortes.«
    »Wenn du es bedauerst , dass deine Klassenkameraden deinen wunderbaren Film sehen konnten, dann weiß ich wirklich nicht, was ich dazu sagen soll.«
    »Ich fasse es nicht, dass du es immer noch für eine gute Idee hältst. Zuerst einmal, das…«
    »Es gibt Dinge…«
    »Darf ich mal ausreden?«
    »Zum einen gibt es Dinge…«
    »Kann ich mal ausreden . Mom. Mom, lass mich ausreden. Mom . Herr gott noch mal.«
    Wir wendeten beide Moms Taktik des unaufhaltbaren Nonstop-Wortschwalls an, und ich glaube, sie war so überrascht, dass ich damit konterte, dass sie tatsächlich nachgab und mich reden ließ.
    »Na schön. Bitte.«
    »Mom. Meine Klassenkameraden fanden den Film ätzend. Und Earl und ich mochten ihn eigentlich auch nicht. Wir finden ihn nicht sehr gut. Genauer gesagt, wir finden ihn grauenhaft.«
    »Wenn du…«
    »Mom, du musst mich ausreden lassen.«
    »Schön.«
    »Es ist kein guter Film. Okay? Er ist sogar miserabel. Weil – ent spann dich, Mom – wir es gut gemeint haben, aber das heißt nicht, dass wir einen guten Film gemacht haben. Okay? Weil er überhaupt nicht von ihr handelt. Es ist einfach nur ein peinlicher Streifen, der zeigt, dass wir nicht das Geringste über sie begriffen haben. Und außerdem bist du meine Mutter, und das heißt, dass du unglaublich parteiisch bist und nicht erkennen kannst, dass der Film richtig ätzt und völlig sinnlos ist.«
    »Schätzchen. Er ist so kreativ . Er … «
    »Nur weil irgendwas schräg und unverständlich ist, heißt das nicht, dass es kreativ ist. Das – das ist das ganze Problem. Wenn man sich einreden will, irgendwas sei gut, selbst wenn es das nicht ist, dann benutzt man das blöde Wort › kreativ‹ . Der Film war unterste Schublade. Unsere Klassenkameraden fanden ihn grauenhaft.«
    »Sie haben ihn nur nicht verstanden.«
    »Sie haben ihn nicht verstanden, weil es ein beschissener Film war.«
    »Schätzchen.«
    »Wenn er gut gewesen wäre, hätte er ihnen gefallen. Sie hätten
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