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Ich und Earl und das sterbende Mädchen: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Ich und Earl und das sterbende Mädchen: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Ich und Earl und das sterbende Mädchen: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
Autoren: Jesse Andrews
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auf dem Footballfeld.«
    Bravoschreie und Jubelrufe, die unter dem wütenden, auf uns alle gerichteten Blick von Direktor Stewart abrupt verstummten.
    »Aber. Ich habe euch alle. Zu einem höheren Zweck heute Nachmittag. Hier zusammenkommen lassen. Ich will mich. Kurz fassen.«
    Ellenlange Pause.
    »Ein Mitglied der Benson-Familie. Führt einen Überlebenskampf. Gegen den Krebs. Ihr kennt sie vielleicht persönlich. Und wenn nicht, habt ihr bestimmt ihren Namen. Gehört. Rachel Kushner. Wir haben alle . Zum einen oder anderen Zeitpunkt. Für sie gebetet. Für ihre Familie. Sie hat unsere Gebete. Bitter nötig.«
    Der wütende Unterton ließ seine Worte irgendwie ironisch klingen, und ich musste leise kichern. Und dann starrte mich Direktor Stewart direkt an, gerade, als ich dieses dümmliche Grinsen im Gesicht hatte, und die panische Angst, die mich in diesem Moment erfasste, ist unvorstellbar.
    »Aber zwei Schüler. Sind noch weiter gegangen. Viel weiter. Sie haben unzählige Stunden damit verbracht. Einen Film zu schaffen.«
    Ich hörte, wie Earl neben mir ein Würgegeräusch machte.
    »Einen Film, um Rachel Mut zu machen. Einen Film, um ihr zur Seite zu stehen. Ihr Hoffnung zu geben. Und Liebe. Einen Film, um sie zum Lachen zu bringen. Um ihr zu zeigen, wie sehr man sie schätzt.«
    Bei jedem Wort, das Direktor Stewart sagte, hatte ich das Bedürfnis, mir ins Gesicht boxen.
    »Sie hatten nicht vor. Dass irgendjemand außer Rachel. Diesen Film zu sehen bekommt. Sie haben das für sie getan. Für sie allein. Aber ein Liebesbeweis. Von so einer Qualität. Hat es unbedingt verdient, dass er gesehen. Und anerkannt wird. Und Beifall erhält.«
    Ich verspürte ein neues Bedürfnis – mich in die Eier zu boxen.
    »Gregory Gaines. Earl Jackson. Kommt bitte auf die Bühne.«
    Meine Beine zitterten. Ich konnte nicht aufstehen. Ich spürte, wie mir die Kotze in der Kehle aufstieg. Earls Gesichtsausdruck war der eines toten Mannes. Ich versuchte, auf Kommando in Ohnmacht zu fallen. Es gelang mir irgendwie nicht.
    Folgendes war geschehen: Denise hatte den Film gefunden. Rachel hatte ihn eingelegt und war dann eingeschlafen. Und Denise war ins Zimmer gekommen, hatte ihn entdeckt und ihn sich angeschaut. Dann hatte Denise ihn Mom gezeigt. Und Mom hatte Denise erzählt, dass Earl und ich unsere Filme niemals anderen Leuten zeigten. Aber Denise und Mom beschlossen, dass alle Leute diesen Film sehen sollten. Und ohne uns etwas davon zu sagen, kontaktierten sie ein paar Lehrer an der Schule. Und die Lehrer sahen ihn sich an. Und Direktor Stewart sah ihn sich an. Und jetzt würden ihn sich gleich alle ansehen.
    Auf der Bühne, unter dem halbherzigen Applaus des Publikums, drückte uns Direktor Stewart seine Riesenpranken auf die Schultern, bedachte uns mit einem wütenden Blick, als wollte er uns gleich bei lebendigem Leib auffressen, und sagte leise: »Ich bin sehr gerührt. Von dem, was ihr Jungs getan habt. Ihr macht dieser Schule große Ehre.« Dann setzten wir drei uns an die Seite, und Earls riesiger Kopf und mein irgendwie noch riesigerer Kopf erschienen auf der Leinwand, und dann musste die ganze Benson High die vollen achtundzwanzig Minuten von Rachel – der Film über sich ergehen lassen.

Achtunddreißigstes Kapitel – Nachklapp
    Also. Wenn das hier der übliche Jugendroman wäre, käme jetzt der Teil, wo es nach dem Film die ganze Schule von den Plätzen reißt und tosender Applaus einsetzt, und Earl und ich wahre Anerkennung finden und anfangen, wirklich an uns zu glauben, und Rachel irgendwie durch ein Wunder wieder geheilt werden oder vielleicht auch sterben würde, aber wir ihr ewig dankbar wären, weil sie uns dazu verhalf, unser schlummerndes Talent zu entdecken, und Madison meine Freundin werden würde und ich mich, wann immer ich wollte, wie ein kuscheliger kleiner Pandabär an ihre Titten drücken dürfte.
    Darum sind diese Romane so beschissen. Nichts von alldem geschah. Stattdessen geschah so ungefähr alles, was ich befürchtet hatte, nur schlimmer.
1. Meinen Klassenkameraden hat nicht sonderlich gefallen
    Sie fanden ihn grauenhaft. Sie fanden ihn abartig und verwirrend. Sie glaubten auch, wir hätten sie gezwungen, ihn sich anzusehen, trotz allem, was Direktor Stewart gesagt hatte. Die meisten Schüler hatten seiner Rede nicht besonders aufmerksam gelauscht. Sie waren nur in die Aula gegangen, hatten erst aufgepasst, als das Licht ausging, und angenommen, es sei unsere Idee, dass sich alle den blöden Film
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