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Ich und Earl und das sterbende Mädchen: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Ich und Earl und das sterbende Mädchen: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Ich und Earl und das sterbende Mädchen: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
Autoren: Jesse Andrews
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in der praktischen Gelatinekapsel.«
    »Oh.«
    »Jaaaaa.«
    »Also schätze ich, du hast gehört, dass ich krank bin.«
    »Jaaaaa.«
    »Hat meine Mom dir das erzählt?«
    »Äh, ich hab’s von meiner Mom.«
    »Oh.«
    »Darum, also … «
    »Also was?«
    »Was?«
    »Was wolltest du sagen?«
    »Äh.«
    »Greg, was?«
    »Na ja, ich hab angerufen … weil ich fragen wollte … ob du Lust hast, mit mir abzuhängen.«
    »Jetzt gleich?«
    »Äh, klar.«
    »Nein danke.«
    »Äh … du hast keine Lust, mit mir abzuhängen?«
    »Nein, aber trotzdem danke.«
    »Naja, dann vielleicht ein andermal.«
    »Vielleicht ein andermal.«
    »Okay, äh – ciao.«
    »Ciao.«
    Als ich auflegte, kam ich mir vor wie der größte Idiot aller Zeiten. Irgendwie war das Gespräch hundertprozentig so gelaufen wie erwartet, und trotzdem hatte es mich voll auf dem falschen Fuß erwischt. Übrigens passierten solche peinlichen Fiaskos jedes Mal, wenn Mom in mein Sozialleben eingriff. Wobei ich betonen muss, dass ich nicht das Geringste dagegen habe, wenn Mütter das Sozialleben ihrer Kinder organisieren, solange diese noch in den Kindergarten gehen oder so. Aber ich habe eine Mutter, die noch bis zur neunten Klasse Verabredungen mit Spielkameraden für mich traf. Das Schlimmste daran war, dass die einzigen anderen Zwölf- und Dreizehnjährigen, deren Spieltermine noch von ihren Müttern gemacht wurden, die Kids mit den leichten bis ernsthaften Entwicklungsstörungen waren. Ich möchte mich jetzt nicht im Einzelnen darüber auslassen, aber sagen wir mal so, es hat emotionale Wunden gerissen und möglicherweise dazu beigetragen, dass ich immer wieder Angstanfälle habe und mich totstelle.
    Jedenfalls ist das gerade nur Teil eines größeren Verhaltensmusters, mit dem sich Mom in Gregs Leben einmischte. Mom stellte eindeutig das einzige und größte Hindernis zwischen mir und jenem Sozialleben dar, das ich weiter vorn versucht habe zu beschreiben: ein Sozialleben ohne Freunde, Feinde und Peinlichkeiten.
    Ich schätze mal, es ist an der Zeit, meine Familie vorzustellen. Tut mir leid, wenn das jetzt scheiße wird.

Siebtes Kapitel – Die Familie Gaines: eine Zusammenfassung
    Dr. Victor Gaines : Das wäre mein Dad, Professor der Altphilologie an der Carnegie Mellon University. Kein Mensch ist so schräg wie Dr. Victor Quincy Gaines. Ich vermute stark, dass Dad in den achtziger Jahren ein richtiger Partylöwe war und die Schaltkreise seines Gehirns teilweise von Drogen und Alkohol zersetzt wurden. Eine seiner Lieblingsbeschäftigungen ist es, im Wohnzimmer auf seinem Schaukelstuhl zu sitzen, hin und her zu wippen und die Wand anzustarren. Im Haus trägt er normalerweise ein Muumuu, also mehr oder weniger eine Decke, in die Löcher hineingeschnitten wurden, und er unterhält sich mit unserem Kater Cat Stevens, als wäre dieser ein normaler Mensch.
    Es fällt schwer, Dad nicht zu beneiden. Pro Semester gibt er höchstens zwei Kurse, meistens nur einen, was aber anscheinend nur einen kleinen Prozentsatz seiner Arbeitswoche in Anspruch nimmt. Manchmal geben sie ihm ein ganzes Jahr frei, damit er ein Buch schreiben kann. Dad hält nicht sehr viel von seinen Kollegen, den anderen Professoren. Er findet, sie jammern zu viel. Dad verbringt viel Zeit in den Feinkostläden am Strip, wo er mit den Besitzern plaudert und obskure Tierprodukte kauft, die außer ihm niemand bei uns zu Hause anrührt, zum Beispiel Yak-Kaldaunen und Straußensalami und getrockneten Kuttelfisch.
    Alle zwei Jahre lässt sich Dad einen Bart wachsen, dann sieht er aus wie ein Taliban.
    Marla Gaines: Und das ist meine Mom, Marla, die Ex-Hippiebraut. Mom führte ein sehr interessantes Leben, bevor sie Dad heiratete, aber die Einzelheiten sind ein streng gehütetes Geheimnis. Wir wissen, dass sie irgendwann mal in Israel gelebt hat, und wir vermuten, dass sie zwischenzeitlich etwas mit einem Spross der saudiarabischen Königsfamilie hatte, was ein ziemlich dicker Hund wäre, weil sie jüdisch ist. Marla Weissman Gaines ist sogar sehr jüdisch. Sie ist Geschäftsführerin von Ahavat Ha’Emet, einer gemeinnützigen Organisation, die jüdische Teenager nach Israel schickt, um dort in einem Kibbuz zu arbeiten und ihre Unschuld zu verlieren. Ich sollte erwähnen, dass der Verlust der Unschuld streng genommen nicht zum Aufgabenprofil von Ahavat Ha’Emet gehört. Ich stelle lediglich fest, dass man Israel nicht wieder verlässt, ohne flachgelegt worden zu sein. Man könnte sich eine zwanzig
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