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Ich Töte

Ich Töte

Titel: Ich Töte
Autoren: Giorgio Faletti
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d’Italie in den Boulevard des Moulins übergegangen. Die hell erleuchteten Schaufenster zu beiden Seiten der Straße machten eine Fülle von Versprechungen, wie die lockenden Augen von Edelhuren. Bei denen allerdings ein bisschen Geld genügte, um die Versprechen einzulösen …
    Sie wurden durch ein leises Pfeifen unterbrochen, weil das Handy zu dicht ans Autoradio geraten war. Jean-Loup hielt es ans andere Ohr, und das Pfeifen verschwand. Als sei dies ein willkommenes Zeichen gewesen, änderte Laurent seinen Ton.
    »Scherz beiseite, leg einen Zahn zu. Ich hab hier ein paar …«
    »Warte kurz, Polizei«, unterbrach ihn Jean-Loup.
    Er ließ den Arm fallen und setzte seine unauffälligste Unschuldsmiene auf. Mittlerweile hatte er die Ampel an der Kreuzung zur Avenue de la Madone erreicht und wartete auf der linken Spur 10

    auf Grün. Ein Streifenpolizist stand an der Ecke und stellte sicher, dass sich alle Autofahrer penibel an die Anweisungen seines leuchtenden Kollegen hielten. Jean-Loup hoffte, dass er das Handy rechtzeitig hatte verschwinden lassen. In Monte Carlo gingen sie ziemlich rigoros mit Handybenutzern am Steuer um. Und er hatte jetzt keine Lust, seine Zeit damit zu verschwenden, mit einem der verbohrten Polizisten des Fürstentums zu diskutieren.
    Als die Ampel auf Grün umsprang, bog Jean-Loup unter den misstrauischen Blicken des Beamten links ab. Er sah noch, wie er den Kopf drehte und dem SLK nachblickte, der jetzt hinter dem kurzen Gefälle vor dem Hotel Metropol verschwand. Kaum war er sicher, außer Sichtweite zu sein, hob Jean-Loup das Telefon erneut ans Ohr.
    »Entwischt. Entschuldige, Laurent. Was wolltest du sagen?«
    »Ich habe gesagt, dass mir ein paar ganz plausible Ideen gekommen sind, die ich gern noch mit dir besprechen wurde, bevor du auf Sendung gehst. Also beeil dich.«
    »Plausibel? Wie die 32 oder die 27?«
    »Ach, leck mich doch, du Kleingeist«, gab Laurent zurück, ironisch, aber doch ein bisschen beleidigt.
    »Wie hat doch mal jemand gesagt? Ich brauche keine Ratschläge, sondern klare Anweisungen.«
    »Hör auf, Gemeinheiten von dir zu geben, und sieh lieber zu, dass du herkommst.«
    »Verstanden. Ich bin schon am Eingang zum Tunnel«, log Jean-Loup.
    Das Gespräch wurde von der Gegenseite beendet. Jean-Loup lächelte. Laurent nannte seine neuen Ideen jedes Mal so, plausibel. Um dem Kaiser zuzugestehen, was des Kaisers ist, musste Jean-Loup allerdings zugeben, dass sie es fast immer waren. Dummerweise bezeichnete Laurent mit demselben Wort auch die Nummern im Roulette, von denen er spürte , dass sie kommen wurden, was aber so gut wie nie zutraf.
    An der Kreuzung bog er links in die Avenue des Spelugues hinab. Aus dem Augenwinkel sah er zu seiner Rechten die Lichter des Platzes, auf dem das Hotel de Paris und das Café de Paris einander gegenüberstanden wie Wachtposten an den Flanken des Casinos, dessen Lichter sich mit den ihren mischten. Die Absperrungen und Tribünen für den Grand Prix waren hier in Rekordzeit wieder abgebaut worden. Nichts durfte die heidnische Heiligkeit dieses Platzes, 11

    der ganz und gar dem Kult des Spiels, des Geldes und des schönen Scheins geweiht war, lange trüben.
    Er ließ den Platz und das Casino rechts liegen und fuhr gemächlich die Straße hinunter, die wenige Tage zuvor die Ferraris, die Williams’ und die McLarens mit wahnwitziger Geschwindigkeit hinabgerast waren. Nach der Portier-Kehre streifte eine leichte Brise vom Meer sein Gesicht, und er sah die gelben Lichter des Tunnels.
    Als er hineinfuhr, spürte er die Luft kühler werden, und er tauchte ab ins künstliche Licht, das die Farben so vermischte, dass sie alle gleich aussahen. Am anderen Ende des Tunnels empfing ihn der Blick auf den erleuchteten Hafen, in dem zu diesem Zeitpunkt wahrscheinlich einige hundert Millionen Euro in Form von Yachten auf den Wellen schaukelten. Hoch oben, auf der linken Seite, schien der Felsen mit dem diffus erleuchteten Palast gutmütig darüber zu wachen, dass der Schlaf des Fürsten und seiner Familie nicht gestört wurde.
    Auch wenn man daran gewohnt war, ließ einen der Anblick nicht unberührt. Jean-Loup konnte gut verstehen, dass ein Schauspiel wie dieses einem Bürger aus Osaka oder Austin oder Johannesburg den Atem raubte und ihm beim Schießen von Fotos über Fotos einen Tennisarm bescherte.
    Jetzt war er praktisch am Ziel. Er kam am Hafen entlang, wo der Abbau der Tribünen wesentlich gemächlicher vonstatten ging, passierte die Piscine,
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