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Ich sehe dich

Titel: Ich sehe dich
Autoren: Janet Clark
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21:33 von Esperanza
    Hi,
    ich hasse hasse hasse hasse ihn!!!!
    Und ich lasse mich scheiden. Selbst wenn ich für den Unterhalt von diesem Säufer aufkommen muss. Letzte Woche hab ich’s ihm gesagt, er ist ganz ruhig geblieben, richtig unheimlich war das. Ich hab mir gleich gedacht, da kommt noch was. Und ich hatte Recht. Wisst ihr was dieser Scheißkerl getan hat? 9000 € verzockt! Im Internet!!! Unser gesamtes Geld!!! Und 6000 € Überziehungskredit! Auf unser gemeinsames Konto!
    Wir sind total pleite. Das hat er mit Absicht getan, damit ich mich nicht trennen kann. Ich kann nicht mal den Anwalt bezahlen. Oder die Kaution für die neue Wohnung. So ein ARSCHLOCH! Ich würde ihn am liebsten umbringen. Ich schwöre, egal wie, aber im Januar ziehe ich in die neue Wohnung – ALLEIN!
    Esperanza
     
    »Ach, Tini.« Sara weinte jetzt hemmungslos. Sie weinte um Paul, dessen plötzlicher Tod sie schmerzte, trotz der neuen Wahrheiten, die sie über ihn erfahren hatte. Sie weinte um Tini, die in ihrer Verzweiflung so allein gewesen war, und sie weinte um die Beziehung zu ihrer Schwester, die auf einmal nicht mehr die war, für die sie sie gehalten hatte.
    Erst das Knallen der Wohnzimmertür ließ sie aufhorchen. Während Schritte über den Flur kamen, wischte sie sich schnell die Tränen mit dem Ärmel ihres Pullovers ab. Ronnie sollte sie nicht so sehen.

13
    »Ich dachte, du kommst noch? Jetzt ist der Film vorbei.« Ronnie setzte sich auf den Stuhl, der immer für Jonas bereitstand, und musterte sie. »Hast du geweint?«
    »Nein.« Sara tat so, als wäre sie in ihre Lektüre vertieft.
    »Und warum ist die Wimpertusche total verschmiert?« Er drehte ihren Stuhl zu sich, holte ein Taschentuch aus der Hosentasche, befeuchtete es mit der Zunge und tupfte ihr Gesicht ab. Dann deutete er auf ihren beigefarbenen Ärmel, über den sich schwarze Schlieren zogen. »Das kriegst du nie wieder raus.«
    Sara nahm Ronnie das Taschentuch aus der Hand und schnäuzte sich kräftig. »Der Anwalt hatte Recht. Paul … Er hat Tini ge… geschlagen.« Ronnie schwieg.
    Mit festerer Stimme fuhr sie fort. »Am liebsten würde sie ihn umbringen. Das hat sie geschrieben. Kannst du dir das vorstellen?«
    Er beugte sich vor und nahm stumm ihre Hand.
    »Erinnerst du dich an letztes Weihnachten, als Tini die Kopfverletzung hatte?«
    Er nickte.
    »Das war Paul.« Sara fühlte, wie ihr wieder Tränen in die Augen stiegen. »Warum hat sie nie was gesagt?«
    »Du kennst doch deine Schwester, sie hat ihren eigenen Kopf.« Er ließ ihre Hand los und strich ihr eine Strähne aus der Stirn. »Überleg mal, wie peinlich das ist, wenn ausgerechnet sie als SoziAlbädagogin sich als Gewaltopfer outen würde. Wie ein Zahnarzt, der Karies bekommt.«
    »Aber doch nicht mir gegenüber.« Sara zog die unterste Schublade des Rollcontainers auf, nahm einen lila Hefter heraus und schloss sie mit einem Knall. Sie schrieb Tini auf ein Etikett und klebte es auf den Hefter. Dann sortierte sie die ausgedruckten Foreneinträge chronologisch ein.
    »Warum nicht dir gegenüber?«
    »Weil ich –«
    »Gerade dir gegenüber.« Ronnie nahm den Hefter und blätterte durch die Seiten. »Was hättest du denn getan, wenn du es gewusst hättest?«
    »Sie unterstützt, bestärkt, Paul zu verlassen, sie zu uns geholt …«
    »Siehst du. Du hättest sie unter deine Glasglocke geschubst.« Er nahm ein Blatt heraus und überflog es. »Tatsächlich. Ich bin so sauer, ich würde ihn am liebsten umbringen. Ich fass’ es nicht. Im Internet!«
    Sie nahm Ronnie den Hefter aus der Hand und sortierte die Seite wieder ein. Er schüttelte den Kopf und presste missbilligend die Lippen zusammen.
    »Wie kann sie nur so eine Aussage in ein öffentliches Forum stellen?«
    »Warum nicht? Sie hat doch unter einem Pseudonym geschrieben. Warum sollte sie da ein Blatt vor den Mund nehmen? Es wusste doch keiner, wer sie wirklich ist.« Sara schloss die Forumsseite und fuhr den Computer herunter. »Außerdem ist das Warum jetzt nicht wichtig. Tatsache ist, dass sie unter Mordverdacht steht und unsere Hilfe braucht.«
    »Unsere Hilfe?« Er hatte sich auf dem Stuhl zurückgelehnt, die Hände im Nacken verschränkt, die Beine ausgestreckt.
    Sie nickte. »Tini ist in Untersuchungshaft. Wahrscheinlich dreht sie gerade völlig durch. Du kennst sie.«
    »Meinst du nicht, die Polizei weiß, was sie tut?«
    Sie stand auf und nahm ein Foto ihrer Schwester von der Wand. Liebevoll fuhr sie mit dem Finger darüber.
    »Ich
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