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"ich lerne: gläser + tassen spülen": Briefe 1923?1956 (German Edition)

"ich lerne: gläser + tassen spülen": Briefe 1923?1956 (German Edition)

Titel: "ich lerne: gläser + tassen spülen": Briefe 1923?1956 (German Edition)
Autoren: Bertolt Brecht , Helene Weigel , Wolfgang Jeske , Erdmut Wizisla
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Dich
    b
 
    1
 
20. Juni 1933.

Die Familie Brecht siedelt sich in Dänemark an und kauft im August 1933 ein Haus in Svendborg. Im September reist Brecht über Paris nach Sanary-sur-Mer in Südfrankreich, wo er zusammen mit Margarete Steffin am »Dreigroschenroman« arbeitet, und wieder zurück nach Paris. Währenddessen reist Weigel zu einer Rundfunk-Rezitation nach Moskau. Dort erkrankt sie und muß operiert werden.

66  17. September 1933; A: Paris, E: Thurø, masch. mit hs. Postskriptum (Privatbesitz)
    Liebe Helli,
    ich konnte die Übersetzung in Schwung bringen und fahre heut abend weiter, nach S[anary-sur-mer]. Bei der Herfahrt von Antwerpen aus waren noch 4 Leute im Coupé, die miteinander in einem eigentümlichen Französisch sprachen. Der eine sagte z. B.: »Pardon, monsieur, savez-vous peut-être, quelle heure est-il maintenant?« Worauf der andere antwortete: »Je crois, qu'il est un heure, mais je ne le sais pas sure.« Der erste, höflich: »Merci beaucoup! Mon horloge n'est pas en ordre, monsieur!« Der zweite: »Oui, oui!« Jetzt kam der dritte ins Gespräch mit einem Fräulein: »Quand venons-nous à Paris, mademoiselle?« Das Fräulein: »Oui, monsieur!« – Nach einiger Zeit stellte es sich heraus, daß es natürlich lauter Deutsche waren, und sie waren recht enttäuscht. Am Fenster saß ein junger, bärtiger Jude in schwarzem Anzug, mit schwarzem Käppchen, der sagte zu dem Fräulein: »I bin nämlich a Bayer!« – Ein Franzose (Ausländer) war auch da. Er genoß die Annehmlichkeit, die Sprache nicht zu verstehen.
    Hier sind noch nicht genug Leute, d. h. Koch und Renoir 1 machen einen Film und sind beschäftigt und andere kommen erst. Ich kann also gut hinunter fahren. – Hoffentlich war es bei Barbara wirklich die Ohrfeige! Sind die Masken dabei und die Teppiche? Schreibe mir über das Haus!
    Ich küsse Dich
    b
    Gruß an Steff, Barbara, Maria 2
    Ottwalts
    Ostermoor 3
    Karin
 
    1
 
Der französische Regisseur und Drehbuchautor Jean Renoir, Sohn von Auguste Renoir.
2
 
Maria Hold.
3
 
Der deutsche Schriftsteller Alfred Ostermoor ist nach Dänemark emigriert. Hier übersetzt er später die Autobiographie Martin Andersen-Nexøs.

69  Anfang November 1933; A: Paris, E: Moskau, hs. (Augsb.)
    Liebe Helli,
    es ist schrecklich, daß Du so gequält wurdest und daß es so weit weg ist! Bitte, sag Ottwalts immer genau Bescheid, daß sie mir schreiben! 1 Halte Dich ja und versuch, die beste Verpflegung zu bekommen. Wenn Du neues Geld brauchst, dann schreib gleich! Ich küsse Dich, liebe, alte Helli, es ist sehr schlimm, daß ich nicht da bin!
    b
    Der Roman ist fast ganz fertig – im Rohen!
 
    1
 
Waltraud und Ernst Ottwalt, die in Svendborg zu Besuch gewesen sind, leben im Exil in der UdSSR . Briefe von ihnen aus dieser Zeit sind nicht erhalten.

70  Anfang/Mitte November 1933; A: Paris; E: Moskau, masch. mit hs. Postskriptum (Augsb.)
    Liebe Helli,
    ich wohne jetzt endlich. Zimmer angenehm, Blick über Dächer, Telefon, in großem Hotel, Preis pro Tag – 2,20 (Mark). Länger als 3 Wochen denke ich nicht mehr hier zu sein. Hoffentlich kommen wir zu gleicher Zeit heim. Die Operation hat mich sehr erschreckt, trotz Ottwalts vorsichtiger Ausdrucksweise. – Der Roman ist fast fertig. (Im Rohbau.) – Geld habe ich schicken lassen. Hoffentlich kannst Du gepflegt werden. Sag doch Ottwalts, sie sollen mir so oft wie möglich schreiben, wie es Dir geht. Wenn Du kannst, schreib selber! Ich bin ein wenig unruhig. Steff hat mir geschrieben, hoffentlich macht er im Dänischen nicht so vieleSchreibfehler. – Übrigens fehlt mir Motesitzkys neue Adresse. 1 Hast Du sie? – Wir sind recht weit auseinander. Ich küsse Dich, Helli.
    b
    Eisler wird noch ein paar Kompositionen schicken!
 
    1
 
Vermutlich Karl Motesicki, ein Bekannter von Lulu Ziegler und Per Knutzon.

72  Mitte Dezember 1933; A: Paris, E: Svendborg, masch. (Augsb.)
    Liebe Helli,
    ich bin schrecklich beunruhigt. Auf Deinen letzten Brief hin habe ich nur mehr nach Svendborg geschrieben, wie Du mir geraten hast. Du wolltest am 12. fahren. Als da nichts kam von Svendborg und auch nichts mehr von Moskau (Du hattest meinen letzten Brief noch nicht dorthin, als Du mir schriebst!), telegrafierte ich hin. Aber die telegrafieren jetzt, sie haben auch keine Nachricht, Du seiest vermutlich auf der Reise oder »bei Pitz« (was kann das heißen?). 1 Heute telegrafiere ich nach Moskau. Wenn etwas los ist, komme ich. Ich habe Tag für Tag
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