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Ich kenne dein Geheimnis

Titel: Ich kenne dein Geheimnis
Autoren: Aufbau
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stieg die schmale Holztreppe hinunter, die anderen folgten mit einigem
     Abstand.
    Die spärlich erleuchtete Treppe schien kein Ende zu nehmen. Doch plötzlich zeigte ein helles Licht zu ihren Füßen, dass sie
     ihr Ziel erreicht hatten. Sie kamen in einen großen Saal mit feuchten Wänden, viel höher, als man bei einem unterirdischen
     Raum vermuten würde. Das flackernde Licht der Kerzenleuchter in den Nischen malte bedrohlich-bizarre Schatten an die Wände,
     die aussahen wie die riesigen Klauen eines Ungeheuers.
    |34| Die drei Männer sahen sich neugierig um. Die Luft war erfüllt von durchdringendem Wachsgeruch. Auf einem steinernen Podium
     stand ein schmaler Nussbaumtisch, dessen Ränder mit geheimnisvollen Symbolen verziert waren. Beim Nähertreten waren Kornähren,
     geflügelte Fabelwesen mit Tierleib und Engelsgesicht sowie Mimosenblüten zu erkennen. In einer Schale in der Mitte des Tisches
     lagen ein goldenes Stilett, eine ockerfarbene Pergamentrolle und ein Brenneisen mit der Initiale F, eingerahmt von den Zahlen
     eins und drei.
    Rund um den Tisch standen neun Edelmänner in prunkvollen Gewändern und kostbarem Geschmeide. Die Szenerie erinnerte an ein
     farbenprächtiges Gemälde, von amarantrot über tannengrün bis meerblau. Funkelnd brach sich das Kerzenlicht im Schmuck der
     Edelleute. Vor jedem stand ein Kelch mit blutrotem Wein.
    Der Alte führte die drei Männer herein und bedeutete ihnen, die Mäntel abzulegen. Dann gingen sie gemeinsam zum Tisch hinüber,
     wo schon vier weitere Weinkelche für die Neuankömmlinge bereitstanden.
    »Brüder, jetzt sind wir bereit, das Licht des Neuen Morgens zu empfangen. Im Zeichen des Feuers und der Gerechtigkeit.« Die
     würdevolle Stimme des Alten hallte durch den Raum, eine Stimme, die so gar nicht zu seiner armseligen Kleidung passen wollte.
     Er war offenbar der Meister der Bruderschaft.
    »Und jetzt, Brüder, gießt ein jeder von uns das Blut der Verheißung in den Kelch seines Nachbarn.« Er griff nach dem goldenen
     Stilett und ritzte sich, ohne zu zögern, die Pulsschlagader auf. Dann ließ er einige Tropfen Blut in den Kelch des neben ihm
     Stehenden fallen. Die anderen Männer reihum taten es ihm nach, während der Meister damit begonnen hatte, |35| eine unverständliche Litanei zu murmeln. Als er damit fertig war, hoben alle um den Tisch Versammelten gleichzeitig den Kelch
     und gelobten: »Das ist der Wein des unsterblichen Geistes. Lasst uns unseren Schwur mit diesem Wein besiegeln, in der Stille
     vereint, bereit, wenn dies nottut, das eigene Leben für den anderen zu geben. Aber auch bereit, jeden zu vernichten, der es
     wagt, sich dem Feuer der Gerechtigkeit in den Weg zu stellen.« Dann sprach wieder der Meister: »Wir geloben, dem Ruf bedingungslos
     zu folgen. Im Zeichen des Feuers sollen unser Leben und unser Hab und Gut auf ewig dem Neuen Morgen dienen. Sagt: Ich schwöre.«
    »Ich schwöre!«, wiederholten die Brüder unisono und tranken. Anschließend nahm der Meister einen Kerzenleuchter aus einer
     Nische, stellte ihn auf den Tisch, nahm das Brenneisen und rollte das Pergament auseinander. Dann begann er zu lesen: »Gianola,
     Montenegro, Arciboni, Salteri, Fenzo, Roccabruna, Querini, Corot, De Laurentiis, Ramsey, De Bonis, von Altemburg.« Bei jedem
     Namen streifte der Betreffende Jacke, Weste und Hemd ab und hielt dem Meister die entblößte rechte Schulter hin. Der hatte
     inzwischen das Brenneisen an der Kerze erhitzt und drückte jedem das glühende »F« ins blanke Fleisch. Die Männer bissen die
     Zähne zusammen, wandten den Kopf aber nicht ab und blieben hochaufgerichtet stehen. Beim Letzten angekommen, hielt der Meister
     inne und blickte in die Runde, so als wolle er jedem Einzelnen eine geheime Botschaft übermitteln. Dann fuhr er mit der Zeremonie
     fort.
    »Von Altemburg!« Der junge Edelmann mit den schwarzen Haaren und den lapislazuliblauen Augen trat vor und entblößte seine
     Schulter. Ungerührt blickte er auf das Brenneisen. Er zuckte mit keiner Wimper, als das Eisen sich zischend in sein Fleisch
     fraß und der Schmerz ihm durch Mark |36| und Bein bis ins Innerste seiner Seele fuhr. Jeder der Anwesenden hätte im Nachhinein geschworen, dass er gelächelt hatte.
     
    Die Gondel legte am Bootssteg des Palazzo Barbarigo Moretti an, der in der Dunkelheit leuchtete wie ein riesiger Diamant.
     In der Tat, wie ein Diamant, dachte Baron Wolfgang von Altemburg und lächelte.
    »Halte dich an der üblichen Stelle
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