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Ich habe Jakobs Arsch geküsst: Von Pilgern und Bettwanzen: 800 Kilometer unterwegs auf dem Jakobsweg

Ich habe Jakobs Arsch geküsst: Von Pilgern und Bettwanzen: 800 Kilometer unterwegs auf dem Jakobsweg

Titel: Ich habe Jakobs Arsch geküsst: Von Pilgern und Bettwanzen: 800 Kilometer unterwegs auf dem Jakobsweg
Autoren: Peter Messner
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mediterrane Stadt. Martin und ich essen auf dem zentralen Platz preiswert und gut Hamburger und Fritten für sechs Euro. Da hier nicht nur Pilger unterwegs sind, darf man sogar essen, wann man will. Ganz wie zuhause. Martin kauft sich dann eine stramme Kniebandage und Plastikclocks als Freizeitschuhe, um seine Leiden zu mildern. Pilgern wird im Schuh entschieden. Proviant für den morgigen Sonntag ist auch eingekauft.
    Der Sonntag und die damit verbundenen geschlossenen Geschäfte sind immer wieder eine Falle für die Pilger. Da es in aller Regel kein Frühstück zur Übernachtung gibt, hat man entweder seine Reserven, die man natürlich mit sich rumschleppen muss, oder man hungert bis zur nächsten offenen Bar. Da du aber nie weißt, wann die kommt - nach zehn Minuten oder nach zehn Kilometern - ist das ein Spiel mit offenem Ausgang. Eines Montags treffe ich die Australierin Sally vor einer Bar. Sie ist gerade drei Stunden ohne Frühstück unterwegs und vor Unterzuckerung undSchmacht halb bewusstlos. „Ich bin so dämlich“, konstatiert sie - und ich wage nicht zu widersprechen.
    Durch den Ruhetag, der Martin und mir sehr gut getan hat, sind viele unserer Mitpilger jetzt einen Tag vor uns. Abends erleben wir die spanische Wochenendsause daher allein in einer bunten Hochzeitsgesellschaft neben unserer Pension. Gegen 19 Uhr sind plötzlich Tausende von Menschen auf den zuvor verwaisten Plätzen und in den Gassen unterwegs. Martin sagt dazu, dass sie aus den Wänden kommen: „They are coming out of the walls“. Dutzende Bars mit Freiluft-Stehtischen wachsen aus unscheinbaren, zuvor mit Fensterläden verschlossenen Läden. Hier gibt es Tapas und Aperitivos. Und alle Gäste sind laut. Die Pamplonesen sprechen alle gleichzeitig aufeinander ein - und das dann logischerweise laut. Man will ja gehört werden. Witzig ist nur, dass eigentlich gar keiner zuhört, da jeder selber reden möchte. Dazu gibt es laute Musik, lautes Kinderspielen zwischen den Tischen und viel lauten Spaß - und das bis weit nach Mitternacht. Noch am nächsten Morgen auf dem Camino durch die Stadt begegnen uns Dutzende junger Spanier auf dem Weg in die nächste Kneipe. Diese Universitätsstadt ist wirklich lebendig. Pilgern lässt einen staunen .
    Weh denen, die Helden sind, Wein zu saufen, und Krieger in Völlerei; Jesaja 5.22

5. Tag von Pamplona nach Puente la Reina
    Heute geht es gut 22 Kilometer weit aus dem großstädtischen Pamplona zurück aufs Land - nach Puente la Reina. Dem kleinen Städtchen von 3000 Einwohnern sieht man mit seinen einstmals prächtigen Bauten an, dass es im Mittelalter bedeutend war, nachdem der Camino extra hierher umgeleitet worden war, um der Stadt zu Macht und Wohlstand zu verhelfen. Die dafür notwendige „Brücke der Königin“, die dem Ort den Namen gibt, steht auch heute noch schön mittelalterlich und steinern da.
    Martin und ich sind um 6.30 aufgebrochen. Er kann mit frisch gekaufter Kniebandage und seinen Halbschuhen statt der Wanderstiefel heute prima laufen. Uns fällt zwangsläufig auf, dass die Zahl der Pilger ab Pamplona stark zugenommen hat. Hoffentlich geht das so nicht weiter. Innere Einkehr in einer Menschenmasse ist ja nicht so einfach… Aber im Ernst: Es stört einfach das Freiheitsgefühl, in einer Prozession zu gehen oder sich Gedanken über das letzte freie Bett am Etappenziel machen zu müssen.
    Der Weg ist bis auf einen Berg leicht, manchmal allerdings sehr grobsteinig. Da fragt man sich, wer und mit welchen Hintergedanken bei einem ganz neu angelegten Weg dieses Oberflächenmaterial ausgesucht hat. Wir vermuten, dass das Schuhgeschäft, die Apotheke und die Barim nächsten Dorf wohl zusammengelegt haben, um die gröbsten Steine hier auf dem Camino auszulegen, die spanienweit zu kaufen sind. Neue Schuhe, mehr Pflaster und noch mehr Frustbier für die Pilger: Das nennt man dann wohl Umsatzförderung.
    Die Landschaft ist herrlich provencalisch. Die ersten Weinfelder auf sanften Hügeln tauchen auf. Wir nähern uns dem weltbekannten Weingebiet Rioja. Rotwein bis zum Abwinken - in der Landschaft ebenso wie beim Menü. Unser Bierheiliger San Miguel tritt für ein paar Tage in die zweite Reihe. Obwohl, die Krönung der meisten Weinproben ist ja bekanntlich das Bier danach. Und wenn man nach vielen steinigen Kilometern so richtig Durscht hat…
    Um 12.30 Uhr angekommen, bezieht Martin ein modernes Refugio auf einem Hügel vor der Stadt, ich ein Hotel Rural in der City. Das Refugio, wie die
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