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Ich habe Jakobs Arsch geküsst: Von Pilgern und Bettwanzen: 800 Kilometer unterwegs auf dem Jakobsweg

Ich habe Jakobs Arsch geküsst: Von Pilgern und Bettwanzen: 800 Kilometer unterwegs auf dem Jakobsweg

Titel: Ich habe Jakobs Arsch geküsst: Von Pilgern und Bettwanzen: 800 Kilometer unterwegs auf dem Jakobsweg
Autoren: Peter Messner
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zahllose baskische Flaggen in den Fenstern und auf den Balkonen zeugen von einem Thema mit Sprengkraft. Die große Fußgängerzone, alte Kirchen, viele Straßencafés und tolle Natursteinarchitekturmachen schon beim Hinschauen Spaß. Morgen ist der erste Ruhetag. Ich hatte mir im Zeitplan pro Woche einen freien Tag gegönnt. Erstens, um auch etwas vom Land zu sehen, das ich bisher nicht kenne, und zweitens, um die Knochen nicht unnötig überzustrapazieren. Zudem brauche ich das Zeitpolster, um bei eventuellen körperlichen Problemen nicht hetzen zu müssen. Ich bin hier im Urlaub und zum Spaß.
    Wir nächtigen in Einzelzimmern à 20 Euro in einer Pension, die in Wirklichkeit eine zur Hälfte vermietete Altbauwohnung ist. Für die Vermieter ist das private Geschäft mit den übernachtenden Pilgern sicher ein lukratives Geschäft. Da es in aller Regel keine Quittungen, Preisaushänge oder sonstige offiziellen Vorgänge gibt, dürften hier viele, viele Euro brutto für netto in die Kassen der Vermieter klimpern.
    In einem Straßencafé mitten in der Fußgängerzone und mit Blick auf den Camino trifft sich die Pilgerfamilie der letzten Tage beim Abendbier. Einige beklagen Blessuren und haben auch die engen, alten Herbergen schon satt: kein Platz, kein guter Schlaf, zu viele Leute, null Privatsphäre. Es ist für mich nach wie vor beeindruckend, dass die Pilger aus aller Welt hierher fliegen. Zum Teil haben die Australier und Nordamerikaner, Asiaten und Afrikaner richtig viel Geld für ihre komplizierten Fluganreisen über Paris oder Madrid ausgegeben. Da kann man vonDeutschland aus nicht meckern. Von hier kann man preiswert mit Bus oder Bahn nach St. Jean fahren -wobei man natürlich mit einer schön unbequemen Nacht schon mal für das eine oder andere Herbergsabenteuer üben kann. Schnell und unkompliziert war für mich der Billigflug nach Biarritz an der französischen Atlantikküste. Zwar kann man über den gewöhnungsbedürftigen Umgang der irischen Fluglinie mit ihren Kunden durchaus geteilter Meinung sein, aber letztendlich sind für den kurzen 24-Euro-Flug auch Holzklasse und ärgerliche Abzockversuche beim Online-Buchen kein zu hoher Preis. Immerhin: An Bord hat man hier wenigstens keinen Sitznachbarn, der einen dieser kruden Tomatensäfte bestellt.
    Martin trifft mitten im Pamplona einen Kanadier aus seiner Heimatregion Quebec und die beiden fallen gleich in ihre ganz eigene Sprache, die wie ein Französisch mit amerikanischem Akzent rüberkommt. Umgekehrt können die beiden aber auch Englisch mit französischem Akzent sprechen. René - so heißt der rund 40-jährige, langhaarige Typ mit Surflehrerausstrahlung - stellt sich schnell und offenherzig als schwul vor. Er müsse heute noch alle Gay-Bars in Pamplona klarmachen, kündigt er beifallheischend in der Runde an. Sein Privatvergnügen, oder? Warum er das quasi als erstes von sich kundtun muss, wird gleich darauf klar: Der Knabe ist verstärkt auf Partnersuche und das, obwohl er einen irischenBoyfriend mit blond eingefärbten Haarsträhnen im Schlepptau hat! Als ihm Martin von seinen Knieproblemen berichtet, gibt sich René als Experte und streichelt urplötzlich und überraschend grundlos Martins Knie. Der springt in Sekundenbruchteilen mit seinem Plastikstuhl einen Meter rückwärts und schaut wie ein Auto. René ist geknickt und muss ebenso plötzlich weiter. Tja, abgeblitzt. Martin ist noch lange fassungslos und wir biegen uns alle vor Lachen. Das Tollste: Die Geschichte macht im Caminofunk so schnell die Runde, dass er ein paar Tage später von einem Fremden darauf angesprochen wird - mit den Worten: „Kennst Du eigentlich den René aus Quebec?“ „Nein“, sagt Martin. „Kenne ich nicht!“ Ich stelle fest: Pilgern ist kein Ponyhof .
    Offene Strafe ist besser denn heimliche Liebe. Sprüche 27.5

4. Tag in Pamplona
    Heute ist Ruhetag in Pamplona. Nachts gab es ein Gewitter und Regen und morgens ist es noch kühl und bewölkt. Der zweite Regenschauer meines Camino sorgt während der Suche nach einem brauchbaren Frühstück dafür, dass ich zum ersten und letzten Mal als Pilger meinen Schirm nutze.Was ich zu diesem Zeitpunkt nur hoffen kann: Mehr als fünf Wochen Sommer und Sonne warten noch auf mich.
    In einem Waschsalon erledige ich meine große Wäsche. Wunderbar sauber und frisch ist alles wieder nach drei Tagen Durchschwitzen. Dann steht Sightseeing mit Festung, Kathedrale und alten Villen auf dem Programm. Pamplona ist eine schöne, lebendige,
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