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Ich gegen Dich

Titel: Ich gegen Dich
Autoren: Jenny Downham
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auslassen.«
    »Schon okay.«
    »Dad macht mich wahnsinnig. Er hat den Anwalt gefeuert, der meinen ersten Antrag auf Kaution verbockt hat, und stattdessen einen der obersten Preisklasse angeheuert. Dem traut er allerdings nicht, redet mit ihm, als wär er frisch von der Uni.«
    »Er will nur das Beste für dich.«
    Tom lächelte sie grimmig an. »Es ist peinlich.«
    »Es wird bald vorbei sein.«
    »Glaubst du? Wenn's nach dem Staranwalt geht, hat es eben erst angefangen.«
    Er blies seinen letzten Rauch in den Garten und warf die Kippe hinterher. »Willst du was Aufregendes machen?«
    »Okay.«
    »Gut. Warte hier.«
    Er blieb nicht lange weg, kam mit der Haarschneidemaschine wieder und drückte sie ihr in die Hand. »Schneid alles ab.«
    Verdattert fragte sie: »Ganz?«
    »Im Nacken und an den Seiten kurz. Ich will keine langen Haare mehr.«
    »Ich kenn mich nicht damit aus. Hab das noch nie gemacht.«
    »Geht ganz leicht, wie Rasenmähen.«
    Er stellte einen Stuhl in der Zimmerecke vor dem Spiegel auf und legte dann Zeitungspapier auf den Boden.
    »Wirst du sauer auf mich, wenn ich's falsch mache?«
    Tom riss sich das T-Shirt vom Leib. »Bestimmt nicht, versprochen. Ich hab sowieso keine andere Wahl. Der nächste Friseur ist an der Hauptstraße, und bei meinen Kautionsauflagen darf ich nicht mal in die Nähe.«
    Er setzte sich rittlings auf den Stuhl, und Ellie stellte sich hinter ihn, die Haarschneidemaschine in beiden Händen. Ihre Blicke trafen sich im Spiegel.
    Sie sagte: »Das ist das Gefährlichste, worum mich je wer gebeten hat.«
    Er lachte. »Was hast du bloß für ein behütetes Leben geführt.«
    Aber Tom hatte ewig gebraucht, sich das Haar so wachsen zu lassen. Es machte seine Persönlichkeit aus, die Leute beschrieben ihn damit. Tom – du weißt schon, der Junge mit den ganzen blonden Haaren. Dass er sie nicht mehr haben wollte, erschreckte Ellie. Dass er sie dazu ausersehen hatte, dass die Zimmertür zu war, dass es was Heimliches war – dadurch fühlte es sich gefährlich an.
    »Ehrlich, Tom, ich glaub, ich schaff das nicht. Und wenn ich zuviel abrasiere und du am Ende als Skinhead rumlaufen musst?«
    »Bitte, Ellie, bevor ich's mir anders überlege.«
    Sie hielt eine lange Strähne hoch, setzte aber die Maschine noch nicht an. »Und wenn du es dir wirklich anders überlegst? Was dann?«
    »War nur Spaß. Leg einfach los.«
    Eine Handvoll nach der anderen landete auf dem Boden und auf ihren bloßen Füßen. Von der Luft, die durchs Fenster reinkam, getragen, flogen die Haare von der Zeitung und häuften sich in der Ecke an wie ein Nest. Während die Haare fielen, veränderte sich sein Gesicht. Seine Augen wirkten größer, die Ohren kamen zum Vorschein, sein Nacken wurde verletzlich. Es war, als würde sie ihn bloßstellen.
    »Du siehst jünger aus«, antwortete sie bloß, als er sie fragte, warum sie traurig guckte. Und als er wissen wollte, was am Jungsein traurig sei, sagte sie ihm, eigentlich sei sie froh, ihm die Haare abzuschneiden, weil sie immer neidisch darauf gewesen sei, wie gut sie ihm lang standen...
    »Außerdem möchte ich mal deinen Stoffwechsel haben«, fuhr sie fort. »Du kannst essen, was du willst, und siehst immer dünn wie'n Brett aus, aber wenn ich nur eine Praline esse, geh ich auf wie'n Hefekloß. Wieso hast du das Glück gepachtet?«
    Er schüttelte den Kopf. »Du weißt es nicht mal, stimmt's?«
    »Was denn?«
    »Wie hübsch du bist. Jeder sagt das.«
    »Jeder?«
    »Weißt du, wie mein Freund Freddie dich nennt?«
    Misstrauisch schüttelte sie den Kopf.
    »Meerjungfrau, stell dir vor.«
    »Das ist doch kein richtiges Kompliment. Meerjungfrauen hocken bloß den ganzen Tag auf Felsen rum.«
    Er lachte. »Sie sind nicht leicht zu haben, darauf kommt's an. Niemand kommt an 'ne Meerjungfrau ran, weil sie einen nicht ranlässt.«
    Ellie dachte, es hätte sicher mehr damit zu tun, dass sie unterhalb der Taille nichts als einen Fischschwanz hatten, sagte aber lieber nichts, weil sie sich da ja auch täuschen konnte. Stattdessen konzentrierte sie sich wieder auf ihn, weil sie ihn trotz allem lieb hatte, was er wissen sollte. Während sie ihm das Haar um die Ohren stutzte, sagte sie im Stillen eine Liste all der netten Sachen auf, die er je für sie gemacht hatte.
    Darin kam alles vor, von Ausmalbilder für sie zeichnen (was Jahre her war) über ihren Schulanfang (da hatte er sie auf dem Pausenhof neben sich geduldet, obwohl sie zwei Jahre jünger und ein Mädchen war) bis hin zu
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