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Ich gegen Dich

Titel: Ich gegen Dich
Autoren: Jenny Downham
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Frage, was sie sagen sollte und was nicht, Angst machte. Seit zwei Wochen zerbrach sie sich deswegen den Kopf. Einmal war es so schlimm geworden, dass sie sich der Vorstellung überlassen hatte, eine Atombombe wäre explodiert und sie wäre die einzige Überlebende. In dieser Vorstellung war sie umhergegangen und hatte Türen auf- und zugemacht, Staub aufgewirbelt, Sachen in die Hand genommen und wieder abgestellt. Es war so friedlich gewesen.
    Sie biss sich wieder auf die Unterlippe. »Als die Polizei mich verhört hat, hab ich ihnen gesagt, ich wär sofort ins Bett gegangen, nachdem du mit den Leuten zu uns nach Hause gekommen bist.«
    »Na, das ist doch gut.«
    Bei der Erinnerung, wie sie sich in Hausschuhen und Schlafanzug vom Sofa aufgerappelt hatte, wurde sie rot. Karyn und ihre Freundin Stacey, frisch aus dem Pub, hatten gefunkelt, inmitten von Jungs. Sie hatten auf sie herabgelächelt und ihr gesagt, dass sie bleiben und mit ihnen reden sollte. Aber dem Gesichtsausdruck ihres Bruders nach zu urteilen, wollte er sie oben wissen, und sie kam sich so blöd vor, als sie als Ausrede etwas von Kopfschmerzen faselte.
    »Sonst hab ich ihnen nur noch gesagt«, fuhr Ellie fort, »dass ich später aus meinem Fenster geschaut und euch alle draußen gesehen hab.«
    Blinzelnd wandte sich Tom vom Spiegel zu ihr um. »Das hab ich nicht gewusst.«
    »Ich hab bloß gesagt, dass alle so aussahen, als ob sie Spaß hatten und dass du und Karyn Arm in Arm wart.«
    »Wozu hast du das gesagt?«
    »Weil die Polizei wissen soll, dass sie auf dich stand. War das verkehrt?«
    »Schon okay«, sagte er. »Kein Grund zur Aufregung. Die werden mich in die Mangel nehmen, nicht dich.«
    »Aber sie hat nun mal den ganzen Abend mit dir geflirtet.« Ellie ballte die Hände zu so festen Fäusten, dass sich die Daumennägel in die Handflächen bohrten. »Bestimmt hat sie dich einfach auf sich runtergezerrt, als du in dein Zimmer gegangen bist, um den Schlafsack zu holen, oder?«
    Tom zuckte zusammen. »Ich bin da nicht stolz drauf, Ellie, aber okay, ja, ungefähr das ist tatsächlich passiert.«
    Sie nickte. »Hab ich mir gedacht.«
    Er schob den Stuhl unter den Tisch zurück. »Meinst du, wir können jetzt aufhören, da drüber zu reden? Es ist ein bisschen beschämend, mit meiner Schwester über eine traurige kleine Nummer mit 'ner Geisteskranken zu sprechen. Vielleicht sollten wir runtergehen und fragen, ob sie noch Hilfe brauchen.«
    Er knüllte die Zeitung zusammen und warf sie in den Papierkorb. Ellie hob die Handvoll Haare in der Ecke auf und tat es ihm nach. Wie dumm von ihr. Es musste furchtbar für ihn sein, an diese Nacht erinnert zu werden, wo er sich doch bei seiner Familie in Sicherheit fühlen sollte.
    »Machst du dich schick?«, fragte er. »Team Parker und so? Zeigen wir's ihnen?«
    Er versuchte, sie zum Lachen zu bringen. So würde ihr Vater sich ausdrücken.
    »Alle Mann an Deck«, stimmte sie ein, weil sie mitziehen wollte.
    Er tätschelte rasch ihren Kopf. »Nicht vergessen.«
    Noch so ein Ausdruck ihres Vaters. Nicht vergessen, wer ihr seid.
    Nicht vergessen, auf wessen Seite du stehst.

SECHS
    S ie stellten das Auto am Fluss ab. Während sie den Zufahrtsweg zum Haus hochgingen, fütterte Jacko Mikey noch rasch mit letzten Infohäppchen von Tom Parkers Facebook-Seite. Die hatte er sich auf der Arbeit am Computer angesehen, und jetzt wussten sie beide, dass der Mistkerl Golf und Schlafen mochte und dass alle Freunde auf seiner Seite Mädchen waren.
    »Er ist ein ganz großer Fan von Vin Diesel«, sagte Jacko, »aber ich glaub nicht, dass wir uns deswegen Sorgen machen müssen, denn außerdem mag er Wimmelbilder.« Lachend schnipste er mit den Fingern. »Den machen wir locker fertig!«
    Aber am Tor verstummte selbst Jacko. Sie standen mit offenen Mündern da und gafften. Das Haus war beleuchtet wie zu Weihnachten, mit bunten Lichterketten in den Bäumen und Fackeln mit richtigen Flammen, die den Weg entlang aufgebaut waren.
    Jacko stieß einen Pfiff aus. »Alter, die lassen sich nicht lumpen!«
    »Ich hab dir ja gesagt, die haben kein Schamgefühl.«
    Das Anwesen kam ihm noch größer vor als zuvor. Es musste mindestens fünf Schlafzimmer geben, und der Rasen zog sich um das ganze Gebäude. Es gab Blumen, die ihre Farben selbst im Dunkeln zur Schau stellten, wie Blumen aus einem Laden, die jemand in die Erde gesteckt hatte. Die Fenster kamen ihm auch größer vor, alle hell erleuchtet. Über die Stromrechnung machten sie sich
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