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Ich denke, also spinn ich - warum wir uns oft anders verhalten, als wir wollen

Ich denke, also spinn ich - warum wir uns oft anders verhalten, als wir wollen

Titel: Ich denke, also spinn ich - warum wir uns oft anders verhalten, als wir wollen
Autoren: dtv
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wurde
das
Thema in den Medien. Das ›Abendblatt‹ enthüllte, der ›Spiegel‹ sekundierte, weitere Medien sprangen auf den rollenden Zug auf, das Internet war plötzlich voll von Hohn und Spott, und Kleinfeld stand da wie einer, dem Schein wichtiger ist als Sein.Aus dem 4 7-jährigen »Aufsteiger aus dem Arbeiterviertel« war ein falscher Fuffziger geworden, ein schnöder Bilder-Manipulator. Sein Pressesprecher mühte sich um Schadensbegrenzung. Doch selbst die P R-Offensive via »Bild«, auf eine Gehaltserhöhung zu verzichten, wurde als pure Augenwischerei entlarvt. Was als einfache Retusche begann, endete als totales Image-Desaster. Typisch für den Streisand-Effekt.
    Der tritt vorzugsweise im Internet auf und beschreibt, kurz gesagt, das Phänomen, dass der Versuch, negative Informationen über sich zu entfernen, eine noch viel stärkere Verbreitung nach sich zieht. Statt Klatsch und Tratsch zu unterdrücken, breitet er sich durch sogenannte Spiegelungen und Zitierungen erst recht aus   – und endet in dem, was die Internet-Gemeinde heute einen
Shitstorm
nennt: Es hagelt jede Menge Mist und schlechte Presse.
    Seinen Namen verdankt der Effekt übrigens der Sängerin Barbra Streisand, die seinerzeit den Fotografen Kenneth Adelman und die Webseite Pictopia.com auf 50   Millionen U S-Dollar verklagte, weil dort eine Luftaufnahme ihres Hauses zwischen 12   000 anderen Fotos von der Küste Kaliforniens zu finden war. Adelman behauptete, er habe das Anwesen am Strand lediglich fotografiert, um Küstenerosionen für das »California Coastal Records Project« zu dokumentieren. Und was passierte? Genau: Das Bild wurde durch den Rechtsstreit erst so richtig bekannt. Wie der Journalist Paul Rogers später bemerkte, wurde die Aufnahme von Streisands Haus im Internet zu einem der beliebtesten Fotos für eben diese Küstenregion. Mit dem Versuch, ihre Privatsphäre zu schützen, hatte die Sängerin das genaue Gegenteil erreicht   – und der Richter lehnte all ihre Forderungen ab. Schlimmer sogar: Aus der Geschichte wurde der Streisand-Effekt, über den nun auch wir schreiben und Sie später vielleicht einmal reden. Wirklich dumm gelaufen.
    Dagegen unternehmen lässt sich leider nicht viel. Oder besser gesagt: Genau das   – tun Sie nichts! Wer Imagekorrekturen im Netz vornehmen will, sollte äußerst diskret vorgehen. Besser, Sie ignorieren einen leichten Fauxpas und lassen Gras über dieSache wachsen. Hätte Kleinfeld einfach ein zweites Foto knipsen lassen   – ohne Rolex   –, hätte er besser dagestanden. Und vielleicht auch mehr Zeit für seinen eigentlichen Job gefunden statt für spätere Schadensbegrenzung.

D ER CLOONEY-EFFEKT
    Weshalb wir Prominenz so anziehend finden
    Es gibt da diese herrlich zynische Szene zu Beginn von ›Up in the Air‹, die man in einem so nachdenklichen und hintersinnigen Film gar nicht erwarten würde: Der Vielflieger Ryan Bingham, gespielt von George Clooney, steht mit seiner zierlichen Novizin in der Warteschlange vor den Sicherheitsschaltern am Flughafen und doziert über die Vorzüge von Asiaten. »Die packen effizient, haben nie viel Gepäck dabei und tragen immer Slipper«, lässt Autor Walter Kirn seinen Helden sagen   – woraufhin der von seiner jungen Kollegin Rassismusvorwürfe über sich ergehen lassen muss. Binghams schlagfertige Antwort: »Ich bin wie meine Mutter: Ich denke in Schubladen. Das geht schneller.«
    Es ist wie bei typischen Loriot-Sketchen: Zuerst schmunzelt man über so viel tumbe Unverfrorenheit. Dann merkt man: »Ich bin ja genauso!« Und es stimmt leider, das Schubladendenken liegt uns Menschen im Blut (siehe auch Halo-Effekt). So entstehen Denkmuster wie: Wer ständig seinen Schreibtisch vollschlampt, arbeitet und denkt genauso unstrukturiert. Oder: Wo unverschämt gut aussehende Männer wie George Clooney (1997 und 2006 immerhin zum
sexiest man alive
gekürt) hinziehen, muss es schön sein.
    Und damit wären wir auch schon mitten im Clooney-Effekt, dem der Schauspieler sicher unfreiwillig seinen Namen gegeben hat. Seit sich der Hollywood-Beau am Comer See eine eleganteFerienvilla zugelegt hat, brummt dort der Immobilienmarkt, genauso wie am Lago Maggiore, der mit nur 20   Fahrminuten quasi um die Ecke liegt. An den Gestaden der Bergseen reihten sich zwar schon immer ebenso traumhafte wie teure Villen aneinander, doch seit Clooney dort hin und wieder haust, haben die Preise Höhen erklettert, die selbst Reinhold Messner zu hoch wären.
    Wir
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