Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich denke, also spinn ich - warum wir uns oft anders verhalten, als wir wollen

Ich denke, also spinn ich - warum wir uns oft anders verhalten, als wir wollen

Titel: Ich denke, also spinn ich - warum wir uns oft anders verhalten, als wir wollen
Autoren: dtv
Vom Netzwerk:
  – und eine gute Überleitung zum nächsten Effekt   …

D ER BARNUM-EFFEKT
    Wieso Horoskope und andere Quacksalbereien funktionieren
    Bevor ein Buch wie dieses veröffentlicht wird, fragt irgendein Mitarbeiter des Verlages so gut wie immer nach der Zielgruppe: Wer soll das hinterher kaufen und lesen? Wer könnte sich dafür interessieren? Wer wird es weiterempfehlen? Und wie groß ist diese Gruppe überhaupt? Auch ein Buch ist schließlich ein Produkt wie Vollkornbrot oder Katzenstreu, für das es einen Markt geben muss, sonst lohnt es sich nicht, so etwas zu verlegen. Also haben wir zu unserem Verlag gesagt: »Wir kennen unsere Leser ganz genau. Es sind Tausende, ach was, Millionen! Da staunen Sie, Madame?« »So?«, hat die nette Frau vom Verlag gesagt. Das sei ja reizend. So etwas höre sie gerne. Aber woher wollten wir das bitte schön so genau wissen? Da könnte ja jeder kommen. Verlage sind manchmal sehr hartnäckig.
    Da haben wir zu ihr gesagt, wir könnten das sogar beweisen. Schließlich sei sie auch eine potenzielle Leserin, wahrscheinlich sogar die erste, und deshalb würden wir sie jetzt einfach ein bisschen charakterisieren: Sie habe gewiss oft gute Laune, manchmal sei sie aber auch ganz schön zornig. Am anderen Ende der Leitung wurde es still. Sie sei überdies grundsätzlich bodenständig, könne aber gelegentlich auch ganz gut   – Verzeihung   – die Sau rauslassen. Außerdem könne sie sehr selbstbewusst wirken, zweifle aber ab und an, ob sie sich in einer bestimmten Situation richtig verhalten habe. Wir haben von der netten Frau nichts mehr gehört. So für gefühlte zwei Minuten. Dann hat sie gemeint, dass das ja wohl auf fast jeden zutrifft. »Aber Madame«, haben wir ihr da mit einem triumphalen Unterton entgegnet, »genau das meinten wir, als wir sagten, das Buch ist für alle interessant.«
    Natürlich ist das alles an den Haaren herbeigezogen. Wir kennen unsere Leser bei Weitem nicht alle. Wie auch? Trotzdemdürfte sich so ziemlich jeder bei der obigen Beschreibung getroffen fühlen oder zumindest kurz geschmunzelt haben. Das ist ganz normal. Und typisch für den Barnum-Effekt, mit dem wir da gespielt haben.
    Phineas Taylor Barnum war ein amerikanischer Zirkuspionier des 19.   Jahrhunderts   – und ein wahres Marketinggenie. Er tingelte mit verschiedenen Wanderzirkussen durch die USA und legte dabei besonderen Wert auf Vielfalt: Es gab eine Ausstellung mit ausgestopften Vögeln und Mumien, einen Bauchredner, Zwerge und Riesen sowie Schlangen, Hunde und Affen. Jedem Besucher wollte Barnum etwas Passendes bieten. Keiner sollte hinterher sagen können, dass der Zirkus seinen Geschmack nicht getroffen hätte. Und mit diesem Konzept war er außerordentlich erfolgreich. Den Begriff Barnum-Effekt prägte dann aber ein paar Dekaden später, in den Fünfzigerjahren, der amerikanische Psychologe Paul Meehl. Zuvor trug das Phänomen den Namen Forer-Effekt   – nach dem gleichnamigen Psychologie-Professor Bertram R.   Forer. Dieser gaukelte seinen Studenten 1948 vor, sie nähmen an einem Persönlichkeitstest teil. Nachdem alle seine Fragen beantwortet hatten, legte er ihnen eine angebliche Auswertung vor, deren Wahrheitsgehalt sie von 0 (überhaupt nicht zutreffend) bis 5 (sehr zutreffend) bewerten sollten. Was die Studenten nicht wussten: Forer hatte allen ein und denselben Text gegeben. Darin enthalten: allerlei Allgemeinplätze wie »Sie sind tendenziell selbstkritisch«, »Sie überprüfen die Aussagen von anderen, bevor Sie sie glauben« oder »Einige Ihrer Ziele sind eher unrealistisch«. Ergebnis: Im Schnitt vergaben Forers Studenten über vier Punkte.
    Seltsam? Nein, gar nicht, resümierte Forer   – und nach ihm zahlreiche weitere Psychologen, die das Experiment wiederholten. Wir Menschen neigen nämlich dazu, allgemeingültige Aussagen auf uns zu beziehen. Wir suchen sozusagen nach unserer eigenen Nadel im Heuhaufen der Charaktereigenschaften. Dieses Prinzip lässt sich ständig im Alltag beobachten. Denken Sie nur an die vielen Horoskope, die täglich in Zeitungen und Zeitschriftenabgedruckt werden (siehe auch Hindsight-Bias). Was steht da nicht alles drin?
     
    In finanzieller Hinsicht haben Sie in der letzten Zeit einige kleine Rückschläge verkraften müssen, keine Angst, es geht bald wieder bergauf. Harmonische Stunden zu zweit sind genau das Richtige für Ihre Beziehung, die Liebessterne stehen gut dafür. Spielen Sie im Beruf etwas mehr Ihre wahren Stärken aus, und
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher