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Ich darf Sie nicht lieben, Miss Jessica

Ich darf Sie nicht lieben, Miss Jessica

Titel: Ich darf Sie nicht lieben, Miss Jessica
Autoren: DOROTHY ELBURY
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verfallen. Er hatte angefangen zu spielen und Unsummen verloren – und Ashcroft Grange, das Anwesen der Familie in Middlesex, völlig heruntergewirtschaftet.
    Unter den Freunden, die Theo in dieser Zeit um sich geschart hatte, schien es keinen gegeben zu haben, der willens oder imstande gewesen wäre, ihn von seinen unglückseligen Neigungen abzubringen – nicht einmal, als er, nachdem er sein eigenes, nicht unbeträchtliches Vermögen vergeudet hatte, offenbar dazu übergegangen war, Wertgegenstände zu verkaufen, die sich seit Generationen im Besitz der Familie befanden. Fast das gesamte silberne Tafelbesteck, die meisten der kostbaren Ölgemälde und etliche unersetzliche Wandteppiche hatten zur Finanzierung von Theos verheerender Spielleidenschaft herhalten müssen.
    Es war dem Anwalt nicht leichtgefallen, Benedict auch noch den niederschmetternden Rest zu erzählen. Sein Bruder hatte eine Liste von Gläubigern hinterlassen, deren Ansprüche an ihn sich auf insgesamt dreißigtausend Pfund beliefen – bei fünfundzwanzigtausend davon handelte es sich um unbezahlte Spielschulden.
    Je mehr ihm die Ausweglosigkeit von Theos Lage klar zu werden begann, desto besser konnte Benedict verstehen, wieso sein Bruder sich entschieden hatte, seinem Leben ein Ende zu setzen. Bei alledem, so betonte er an den sprachlosen Fitzallan gewandt, blieb jedoch die Frage offen, wie er selber die schier unüberwindlichen Probleme lösen sollte.
    „Wenn das, was der Anwalt sagt, zutrifft“, erwiderte der Freund und steuerte die Karriole vorsichtig in die Grosvenor Street, „bleibt dir nichts anderes übrig, als Ashcroft Grange möglichst Gewinn bringend zu verkaufen.“
    „Oh nein, nicht du auch noch!“ Dass Fitzallan bereit schien, ein Anwesen, das sich seit Jahrhunderten in Familienbesitz befand, schulterzuckend aufzugeben, machte Benedict wütend. „Humphreys riet mir dasselbe, doch allein der Gedanke an einen Verkauf ist völlig abwegig. Eher würde ich sterben.“ Im nächsten Moment ging ihm die Bedeutung seiner Worte auf, und er stieß ein hohles Lachen aus. „So weit wird es natürlich nicht kommen.“
    „Immer mit der Ruhe, alter Freund“, mahnte Fitzallan. „Noch ist nicht alles verloren, und wenn wir uns vernünftig über die Sache unterhalten, werden uns sicher ein paar gute Ideen kommen. Wahrscheinlich hat die Dowager Countess auch schon ein oder zwei Asse im Ärmel. So wie ich sie kenne, ist ihr längst eine passende Lösung eingefallen.“
    Das Lächeln, das Benedict daraufhin aufsetzte, missglückte ein wenig. „Wenn man Humphreys glauben darf, ist meine Großmutter so umtriebig wie eh und je und saust durch die Gegend, als wäre sie fünfundzwanzig.“
    „Dabei ist sie um die achtzig, nicht wahr?“
    „Sechzig, wie sie behauptet.“ Benedict sah seinen Freund fragend an, als die Karriole in den Grosvenor Square einbog. „Kommst du kurz mit hinein und sagst ihr Guten Tag? Du weißt ja, dass sie immer eine Schwäche für dich hatte.“
    Fitzallan zog seine Taschenuhr hervor und warf einen Blick darauf. „Ein andermal“, erklärte er bedauernd. „Ich habe mich mit Holt verabredet und bin schon eine halbe Stunde zu spät dran. Aber vielleicht hast du Lust, uns heute Abend bei Brooks’ zu treffen?“
    Mit dem Versprechen, zu tun, was er konnte, sprang Benedict zu Boden. Er winkte seinem Freund zum Abschied zu und eilte die flachen Stufen zum Eingang des Stadthauses hinauf. Jesmond, der ältliche Bedienstete der Dowager Countess, öffnete ihm.
    Ein paar Minuten später betrat Benedict den Roten Salon, in dem seine Großmutter sich des Nachmittags am liebsten aufhielt.
    „Benedict! Mein lieber Junge – endlich bist du wieder da.“ Anmutig erhob sich die hochgewachsene weißhaarige Lady Lavinia Wyvern aus ihrem Sessel und ergriff ihren Enkel bei den Schultern, um ihn fest auf beide Wangen zu küssen. Dann schob sie ihn ein kleines Stück von sich und musterte sein attraktives Gesicht.
    „Du siehst müde aus, mein Junge. Ich werde Mrs. Winters Bescheid sagen, dass sie ein Bad für dich vorbereitet. Aber als Erstes musst du ein Glas Brandy mit mir trinken.“ Mit diesen Worten trat Ihre Ladyschaft zum Klingelzug und läutete nach einem Diener.
    „Du warst bei Humphreys?“, fragte sie gespannt, als Jesmond ihnen Karaffe und Gläser gebracht hatte und sie und ihr Enkel Platz nahmen.
    Benedict nickte. „Ich habe ihn aufgesucht, sobald ich an Land gegangen war. Und deine Vermutung scheint zuzutreffen –
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