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Ich darf Sie nicht lieben, Miss Jessica

Ich darf Sie nicht lieben, Miss Jessica

Titel: Ich darf Sie nicht lieben, Miss Jessica
Autoren: DOROTHY ELBURY
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alles spricht dafür, dass Theo freiwillig aus dem Leben geschieden ist.“
    „Humphreys teilte mir mit, dass dein Bruder einen Brief für dich hinterlassen hat. Ich gehe davon aus, dass er darin eine Erklärung abgibt für sein unakzeptables Verhalten.“
    Benedict nahm das Schreiben aus seiner Rocktasche und gab es seiner Großmutter. „Ich fürchte nein. Er bittet um Entschuldigung, doch ansonsten zeugen seine Zeilen von einem Zustand extremer geistiger Verwirrung.“
    Seufzend lehnte Benedict sich zurück und fuhr sich durch sein widerspenstiges dunkles Haar, während er im Geist die Worte seines Bruders wiederholte, die er inzwischen auswendig kannte.
    Ben, alter Junge, lauteten sie, bin am Ende … habe alles ver murkst … sehe keinen Sinn mehr im Leben … hinterlasse Dir die Zeche … tut mir so leid … kümmer Du Dich darum … habe nicht mehr die Kraft … weißt du noch, wo wir als Kinder gespielt haben? … musst den Besitz retten, unbedingt … verlasse mich auf Dich … verzeih mir, Theo.
    „Mir ist unbegreiflich, wie es so weit kommen konnte“, wandte er sich an seine Großmutter. „Ich wusste, dass es ihm schlecht ging, nachdem er Sophia und den kleinen Edwin verloren hatte, doch mir war nicht klar, wie schlimm es wirklich um ihn stand. Von einem Kameraden bei der Armee hörte ich zwar, es ginge das Gerücht, dass Theo zum Trinker geworden sei, aber als Humphreys mir eröffnete, dass er das gesamte Familienvermögen in Spielhöllen durchgebracht hat, konnte ich es kaum glauben – zumal Vater ihn früher immer wegen seiner Gesetztheit aufzog.“
    Für eine Weile hörte man nichts außer dem lauten Ticken der großen alten Standuhr, doch plötzlich wurde Benedict sich bewusst, dass Ihre Ladyschaft ihn erwartungsvoll ansah. Er holte tief Luft und versuchte, seine widerstreitenden Gefühle unter Kontrolle zu bekommen.
    „Nun, wenigstens darf man Theo zugute halten, dass er für kurze Zeit nüchtern genug war, um zu erkennen, was er angerichtet hat“, fuhr er fort. „Auch wenn sein Abschiedsbrief zeigt, wie verwirrt er in anderer Hinsicht gewesen sein muss. Denn wenn die Dinge wirklich so stehen, wie Humphreys sagt – wie konnte Theo dann davon ausgehen, dass ich alles wieder in Ordnung bringe?“
    „Du hast hoffentlich nicht die Absicht, gefühlsduselig zu werden, mein Junge!“, versetzte die Dowager Countess scharf. „Dein Bruder hat sich als Schwächling erwiesen und einen feigen Ausweg gewählt. Also lass uns nicht länger über die Angelegenheit reden.“
    „Langsam, Großmutter“, protestierte Benedict, bestürzt über die Mitleidlosigkeit der alten Dame. „Ich bin nicht der Auffassung, dass Theo ein Feigling war. Es ist doch verständlich, dass er nach dieser entsetzlichen Tragödie zu trinken anfing, zumal er sich zweifellos vorwarf, am Tod seiner Frau und seines Sohnes schuld zu sein – schließlich hatte er die Chaise kutschiert. Er muss furchtbar gelitten haben …“
    „Papperlapp“, fiel ihm die Dowager Countess ins Wort. „Er war nicht der erste Mensch auf der Welt, der einen solchen Verlust erlitt und mit dem Leben weitermachen musste, noch wird er der letzte gewesen sein. Darf ich dich daran erinnern, dass ich selbst mit zweiundzwanzig Jahren Witwe wurde, als dein Großvater von seinem Pferd abgeworfen wurde und sich das Genick brach? Und erlaubte ich mir etwa, dahinzusiechen oder zur Flasche zu greifen?“
    Benedict schüttelte nur den Kopf, ohne zu antworten. Er wusste aus Erfahrung, dass es keinen Zweck hatte, seine Großmutter zu unterbrechen, wenn sie in Fahrt war.
    „Nein, das tat ich nicht!“, beantwortete die Dowager Countess ihre rhetorische Frage. „Der Besitz musste geführt werden, zwei kleine Kinder waren zu erziehen – also verbot ich mir meinen Kummer und meine Tränen, klemmte mich hinter die Dinge und stand die Schwierigkeiten durch. Darum jammere mir bitte nichts von Leid vor. Schlimm genug, dass dein Bruder sich seinen Lastern ergab, aber dir die Lösung der Probleme aufzubürden, die er verursacht hat und denen er sich nicht gewachsen fühlte, ist wirklich der Gipfel!“
    Als ihr Enkel beharrlich schwieg, leerte Lady Wyvern ihr Glas in einem Zug und zuckte verächtlich mit den Schultern. „Nun, ich habe meine Meinung gesagt, und du kannst gerne beleidigt sein. Als der Mann indes, für den ich dich halte, wirst du uns noch einen Brandy eingießen und mit mir zusammen erörtern, wie wir den Schaden beseitigen, den Theodore mit seinem Mangel an
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