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Ich bin Zlatan Ibrahimović

Ich bin Zlatan Ibrahimović

Titel: Ich bin Zlatan Ibrahimović
Autoren: Lagercrantz David
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Hamburger und Softeis. Einmal schlug er richtig zu und schenkte jedem von uns ein Paar Nike Air Max, die coolen Sportschuhe, die tausend Kronen kosteten oder so. Meine waren grün, Sanelas rosa. Niemand in Rosengård hatte solche Schuhe, und wir fühlten uns so cool wie sonst was. Mit Vater ging es uns gut, und wir konnten fünfzig Kronen für Pizza und Coca-Cola kriegen. Er hatte eine ordentliche Arbeit und nur einen weiteren Sohn, Sapko. Er war unser lustiger Feiertagspapa.
    Aber die Lage wurde kritischer. Sanela war eine krasse Läuferin. Sie war die Schnellste in ihrer Altersklasse über sechzig Meter in ganz Schonen, und Vater war stolz wie Oskar und fuhr sie zum Training. »Gut, Sanela. Aber du kannst es noch besser«, sagte er. Das war sein Ding: »Besser, besser, gib dich nicht zufrieden«, und diesmal war ich mit im Auto. Vater hat es jedenfalls so in Erinnerung, und er merkte es direkt. Etwas stimmte nicht. Sanela schwieg. Sie kämpfte gegen die Tränen an.
    »Was ist passiert?«, fragte er.
    »Nichts«, erwiderte sie, und er fragte weiter, und am Schluss erzählte sie. Wir brauchen nicht in die Details zu gehen, das ist Sanelas Geschichte. Aber mein Vater, er ist wie ein Löwe. Wenn seinen Kindern etwas passiert, wird er wild, besonders wenn es sich um Sanela dreht, seine einzige Tochter, und es gab einen Riesenzirkus mit Verhören und Sozialamtsuntersuchungen und Sorgerechtsstreitigkeiten und dergleichen. Ich begriff nicht viel davon. Es war kurz vor meinem neunten Geburtstag.
    Es war der Herbst1990 , und man hielt es von mir fern. Dennoch ahnte ich natürlich etwas. Zu Hause wurde es unruhig. An und für sich war es nicht das erste Mal. Eine meiner Halbschwestern nahm Drogen, harte Sachen, und sie hatte das Zeug zu Hause versteckt. Es gab oft Aufregung ihretwegen, zwielichtige Leute riefen an, und man hatte Angst, dass etwas Ernstes passieren könnte. Ein andermal war Mutter wegen Hehlerei im Gefängnis gelandet. Bekannte hatten zu ihr gesagt: »Nimm mal diese Halsketten an dich!«, und sie gehorchte. Sie begriff nicht. Aber dann stellte sich heraus, dass es Diebesgut war, und die Polizei rauschte bei uns rein und nahm Mutter fest. Ich erinnere mich vage an ein wunderliches Gefühl: Wo ist Mutter? Warum ist sie weg?
    Aber jetzt nach diesem letzten Ding mit Sanela weinte sie wieder, und ich floh davor. Ich rannte draußen herum oder spielte Fußball. Dabei war ich nicht gerade ein Muster an Ausgeglichenheit oder ein vielversprechendes Talent. Ich war einer unter vielen Rotzlöffeln, die Fußball spielten, nur etwas schlimmer. Ich bekam wahnsinnige Ausbrüche. Ich verteilte Kopfnüsse und beschimpfte die Mitspieler. Aber ich hatte den Fußball. Das war mein Ding, und ich spielte die ganze Zeit, im Hof, auf dem Platz und in den Pausen. Wir gingen damals auf die Värner-Rydén-Schule, Sanela in die fünfte Klasse und ich in die dritte, und es gab keinen Zweifel, wer von uns beiden sich gut führte! Sanela musste schon früh groß werden und Extramama für Keki sein und die Familie versorgen, als die Schwestern sich aus dem Staub machten. Sie trug eine unglaubliche Verantwortung. Sie war brav. Sie war kein Mädchen, das zum Rektor bestellt und zurechtgewiesen wurde, und deshalb bekam ich es sofort mit der Angst zu tun, als der Bescheid kam. Wir sollten beide zu einem Gespräch erscheinen, und wenn es nur ich gewesen wäre, das wäre normal gewesen, die reine Routine. Aber jetzt waren es Sanela und ich. War jemand gestorben? Was war los?
    Ich hatte Bauchschmerzen, und wir gingen über den Schulkorridor. Es muss im Spätherbst oder Winter gewesen sein. Ich hatte Angst. Aber als wir hineinkamen, saß Papa mit dem Rektor da, und ich war total erleichtert. Papa, das bedeutete meistens spaßige Sachen. Aber es war ganz und gar nicht spaßig. Die Stimmung war angespannt und feierlich, und es begann am ganzen Körper zu kribbeln, und ehrlich gesagt, ich begriff nicht viel von dem Ganzen, nur dass es sich um Papa und Mama drehte und nichts Angenehmes war, überhaupt nicht. Aber inzwischen weiß ich es. Jetzt, viel später, als ich mich mit diesem Buch beschäftigt habe, sind die Puzzlestücke an ihren Platz gerückt worden.
    Im November hatte das Sozialamt seine Untersuchung abgeschlossen, und Vater bekam das Sorgerecht für Sanela und mich. Das Milieu bei Mutter wurde als ungeeignet angesehen, nicht in erster Linie ihretwegen, das muss ich sagen. Es ging um andere Dinge, aber trotzdem war es ein schwerer Schlag, eine
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