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Ich bin Spartacus

Ich bin Spartacus

Titel: Ich bin Spartacus
Autoren: Kai Brodersen
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nicht der Eindruck
     von Überfluss entstehe, war diese Gesamtzahl recht klein. Wann hätte denn der private Wachdienst die unfrommen Hände der verzweifelten
     Gruppe hindern können, da bereits der erste Tag des Gladiatoren-
ludus
29 Sachsen sah, die sich ohne einen Strick die Kehlen zerbrochen hatten? Nicht mehr abgeben will ich mich also mit dieser
familia
(von Sklaven), die nichtsnutziger ist als Spartacus, sondern will diesen Schaukampf für den Kaiser durch eine Darbietung von
     wilden Tieren aus Afrika ersetzen!“ 3
    „fugitivi“ – Freiheit durch Flucht?
    Selbstmord war das letzte Mittel, sich dem Sklavenschicksal zu entziehen, Flucht das erste. Welche Überlegungen solche Sklaven
     wohl anstellten, zeigt die Geschichte von Androclus und dem Löwen, von der mehrere antike Fassungen berichten (außerdem ein
     Theaterstück von George Bernhard Shaw, das 1952 mit Schauspielern verfilmt wurde, die acht Jahre später bei Stanley Kubricks
Spartacus -
Film mitwirkten). Der Sklave Androclus habe, so wird berichtet, zur Volksbelustigung denKampf mit einem wilden Löwen bestehen sollen – der ihn aber nicht zerfleischte, sondern ihm ganz sanft begegnete. Als Ursache
     habe sich herausgestellt, dass Androclus einst in Afrika als Sklave in die Wüste geflohen war und dort einen verletzten Löwen
     gepflegt hatte; später seien beide, Mensch und Tier, als Gefangene nach Rom geraten, wo sie im Tierkampf zur Schau gestellt
     werden sollten.
    In unserem Zusammenhang ist die bei dem römischen Autor Aulus Gellius nebenbei gegebene Information über Androclus’ Motiv
     zur Flucht aus der Sklaverei aufschlussreich; sie zeigt, dass eine antike Leserschaft in der Flucht von Sklaven vor ihrem
dominus
nichts Überraschendes sah – und auch nicht darin, dass die Alternative zur Flucht nur Selbstmord war: „Als mein
dominus
Statthalter in Afrika war, sah ich mich durch seine ungerechten, aber tagtäglichen Prügel zur Flucht gezwungen – und um vor
     meinem
dominus
, dem Gebieter des ganzen Landes, einen sicheren Unterschlupf zu haben, zog ich mich in die Einsamkeit der weiten Wüstentäler
     zurück. Sollte mir die Nahrung ausgehen, war ich fest entschlossen, auf irgendeine Art den Tod zu suchen.“ 4
    In der Tat war die Flucht von Sklaven offenbar häufig genug, 5 dass es umfangreicher Regelungen bedurfte. So war im römischen Recht, dessen über die Jahrhunderte entstandene Regelungen
     und Expertenmeinungen im 6. Jahrhundert n. Chr. im Auftrag von Kaiser Iustinianus in den sogenannten
Digesta
zusammengestellt worden waren, der Status eines
fugitivus
, eines „zur Flucht neigenden oder bereits geflohenen Sklaven“, Gegenstand ausführlich wiedergegebener Expertenmeinungen.
     Ein Rechtsexperte meint: „Ein
fugitivus
ist, wer sich in der Absicht zu fliehen außerhalb des Hauses seines
dominus
aufgehalten hat, um sich vor seinem
dominus
zu verbergen.“ Ein anderer hingegen hält fest: „Ein
fugitivus
ist derjenige, der sich in derAbsicht entfernt, nicht zu seinem
dominus
zurückzukehren, auch wenn er seinen Entschluss ändert und wieder zu ihm zurückkehrt.“ Ein dritter legt dar: „Der Begriff
fugitivus
ist im Allgemeinen nach der inneren Einstellung zu bestimmen und nicht schlechterdings durch die Flucht. Denn wer vor dem
     Feind oder einem Räuber, vor einer Feuersbrunst oder einem Gebäudeeinsturz flieht, ist – obwohl es zutrifft, dass er geflohen
     ist – dennoch kein
fugitivus
.“
    Und was ist mit einem Sklavenjungen, der seinem Ausbilder davongelaufen und wieder bei seiner Mutter erschienen ist? „Wenn
     er zur Mutter gelaufen ist, um sich bei ihr zu verstecken und nicht zu seinem
dominus
zurückzukehren, ist er ein
fugitivus
; wenn aber deswegen, um von ihr wegen irgendeines Vergehens Fürsprache, die einer Mutter leicht fällt, zu erlangen, ist er
     kein
fugitivus
.“
    Ein vierter Rechtsexperte wird angeführt: „Ein Sklave, den du gekauft hattest und der sich in den Tiber gestürzt hat, ist
     kein
fugitivus
, wenn er allein mit dem Entschluss zu sterben von seinem
dominus
weggelaufen ist; hatte er sich dagegen zunächst zur Flucht entschlossen, dann aber seinen Willen geändert und sich in den
     Tiber gestürzt, so bleibt er ein
fugitivus
. Dieselbe Unterscheidung trifft er auch im Fall desjenigen, der sich von einer Brücke gestürzt hat … Ein Sklave, der sich
     auf einem
fundus
(Landgut) befindet und die
villa
in der Absicht, das Weite zu suchen, verlassen hat und den jemand, bevor er
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