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Ich bin Legende

Ich bin Legende

Titel: Ich bin Legende
Autoren: Richard Matheson
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anfangen.
    Zwei waren es. Auf der Couch im Wohnzimmer lag eine etwa dreißigjährige Frau in rotem Hauskleid. Ihre Brust hob und senkte sich langsam. Die Augen hatte sie geschlossen und die Hände über dem Bauch verschränkt.
    Zitternd griff Robert Neville nach einem Pfahl und dem Holzhammer. Es fiel ihm immer schwer, wenn sie noch lebten, besonders bei Frauen. Er spürte, wie der blinde Trieb in ihm erwachte. Er biss die Zähne zusammen und kämpfte dagegen an.
    Sie gab keinen Laut von sich, als der Pfahl eindrang, nur der letzte Atemzug kam röchelnd.
    Als er ins Schlafzimmer trat, hörte er ein Geräusch wie von fließendem Wasser. Was könnte ich denn sonst tun?, fragte er sich, denn immer noch musste er sich selbst überzeugen, dass es das einzig Richtige war.
    An der Tür blieb er stehen und blickte auf das Bettchen am Fenster. Seine Kehle war wie zugeschnürt. Er zwang sich zu dem kleinen Bett zu gehen und sich das Kind anzuschauen.
    Warum bilde ich mir ein, in ihnen allen Kathy zu sehen?, dachte er. Jetzt bebten seine Hände noch mehr, als er einen Pfahl aus dem Beutel holte.

    Langsam fuhr er zu Sears und versuchte zu vergessen, indem er darüber nachdachte, weshalb nur hölzerne Pfähle wirkten. Stirnrunzelnd neigte er sich über das Lenkrad. Nur das Brummen des Motors war zu hören. Es erschien ihm plötzlich unglaublich, dass er fünf Monate gebraucht hatte, bis er anfing, sich Gedanken darüber zu machen.
    Das brachte ihn auf eine zweite Frage. Wieso gelang es ihm, immer das Herz zu treffen? Der Pfahl musste genau ins Herz dringen, das hatte Dr. Busch gesagt. Und doch hatte Neville keine anatomischen Kenntnisse.
    Sein Stirnrunzeln vertiefte sich. Es verblüffte ihn, dass er dieser grauenvollen Pflicht jetzt schon so lange nachging, ohne sie jemals infrage gestellt zu haben.
    Er schüttelte den Kopf. Ich muss alles genau überlegen, sagte er sich, und erst einmal alle Fragen zusammenstellen, ehe ich versuche, sie zu beantworten. Wenn schon, dann musste er es richtig angehen, auf wissenschaftliche Weise.
    Ja, ja, ja, dachte er, die Schatten des alten Fritz - Fritz war der Name seines Vaters gewesen. Neville hatte seinen Vater nicht ausstehen können und sich dagegen gewehrt, sich seiner Logik und seiner handwerklichen Fähigkeiten zu bedienen, die er von ihm geerbt hatte. Bis zum letzten Atemzug hatte sein Vater sich geweigert, an die Existenz der Vampire zu glauben.
    Im Kaufhaus des großen Versandkonzerns holte er sich eine kleine Heimwerkerdrehbank und lud sie in den Wagen, dann erst sah er sich in den Verkaufsräumen um. Erst im Keller fand er fünf, die sich in verschiedene düstere Ecken verkrochen hatten. Einen entdeckte er sogar in einer Ausstellungstiefkühltruhe. Unwillkürlich musste er lachen, als er den Mann in diesem Emailsarg liegen sah - es war schon ein ungewöhnliches Versteck.
    Später musste er daran denken, wie humorlos sein Leben geworden war, dass ihn etwas so Makabres erheitern konnte.
    Gegen vierzehn Uhr parkte er den Wagen und machte Brotzeit. Alles schmeckte irgendwie nach Knoblauch.
    Daraufhin dachte er auch über die Wirkung nach, die Knoblauch auf sie hatte. Es musste der Geruch sein, der sie vertrieb - aber warum?
    Seltsam waren sie schon, die Tatsachen über sie: dass sie tagsüber nicht ins Freie kamen; dass sie Knoblauch mieden; dass sie nur durch den Pfahl wirklich getötet werden konnten; dass sie sich offenbar vor Kreuz und Spiegel fürchteten.
    Aber Letzteres, beispielsweise - der Legende nach sollten sie kein Spiegelbild haben. Er wusste jedoch, dass das nicht stimmte. Diese Behauptung war genauso unwahr wie die, dass sie sich in Fledermäuse verwandelten. Logik und Beobachtung hatten diesen Aberglauben schnell widerlegt. Genauso idiotisch war es, zu glauben, sie könnten sich in Wölfe verwandeln. Zweifellos gab es Vampirhunde - sie hatte er des Nachts vor seinem Haus selbst gesehen, aber es waren nur Hunde.
    Heftig presste Robert Neville die Lippen zusammen. Vergiss es, sagte er sich, dazu bist du noch nicht bereit. Doch die Zeit würde schon noch kommen, wenn er sich jede Einzelheit vornahm - nur im Augenblick war es dazu noch zu früh. Es gab viel zu viel anderes zu tun, das dringender war.
    Nach seiner Brotzeit ging er von Haus zu Haus und führte alle Pfähle ihrer Bestimmung zu. Es waren siebenundvierzig gewesen.

3
    »Die Stärke der Vampire besteht darin, dass niemand an sie glauben will.«
    Vielen Dank, Dr. Van Helsing, dachte er ironisch und legte den
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