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Ich bin Legende

Ich bin Legende

Titel: Ich bin Legende
Autoren: Richard Matheson
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Er musste gut auf sich aufpassen, denn er war jetzt sein eigener Zahnarzt. Mochte auch so manches zum Teufel gehen, seine Gesundheit war wichtig. Warum hörst du dann nicht auf, Alkohol in dich hineinzugießen?, dachte er. Ach, halt doch die Klappe, dachte er dann.
    Er ging durchs Haus und schaltete überall das Licht aus. Ein paar Minuten lang blieb er vor der Fototapete stehen und versuchte sich vorzumachen, dass es wirklich das Meer war. Aber wie konnte er das, mit all dem Schlagen, dem Scharren, dem Heulen und Knurren und den Schreien in der Nacht?
    Dann knipste er auch noch die Wohnzimmerlampe aus und tastete sich ins Schlafzimmer, wo er kurz noch einmal Licht machte.
    Verärgert brummte er vor sich hin, als er sah, dass das Bett mit Sägemehl bestäubt war. Er wischte es mit der Handkante weg und dachte, dass es angebracht wäre, eine Trennwand zwischen dem Schlaf- und dem Werkstattteil des Zimmers zu errichten. Was soll ich denn noch alles tun?, fragte er sich verdrossen. So viele verdammte Dinge gab es zu tun, dass er nie Zeit für das wirkliche Problem hatte.
    Er schob sich die Wattepfropfen in die Ohren und eine gewaltige Stille setzte ein. Nach einem Griff zum Lichtschalter kroch er unter die Bettdecke. Ein Blick auf die Leuchtziffern des Weckers verriet ihm, dass es erst ein paar Minuten nach zehn war. Auch gut, dachte er. Dann mach ich mich eben früher an die Arbeit.
    Tief atmete er im Bett die Dunkelheit ein und hoffte auf Schlaf. Doch die Stille half nicht. Immer noch konnte er sie vor seinem inneren Auge dort draußen sehen: die bleichen Männer, die um das Haus herumstapften und ruhelos nach einer Möglichkeit suchten, an ihn heranzukommen. Einige von ihnen saßen vielleicht zusammengekauert wie Hunde, mit glitzernden Augen auf das Haus starrend, und ihre Zähne knirschten langsam vor und zurück, vor und zurück.
    Und die Frauen ...
    Musste er denn schon wieder an sie denken? Er rollte sich fluchend auf den Bauch und drückte das Gesicht ins warme Kissen. So lag er, er atmete schwer, und sein Körper wand sich auf dem Betttuch. Lass Morgen werden! Jede Nacht stieß er stumm diese Worte hervor. Lieber Gott, lass Morgen werden!
    Er träumte von Virginia und schrie auf im Schlaf, während seine Finger sich verzweifelt in die Kissen krallten.

2
    Der Wecker schrillte um halb sechs. Robert Neville tastete benommen danach und brachte ihn mit einem Knopfdruck zum Verstummen.
    Noch schlaftrunken griff er nach seinen Zigaretten und zündete sich eine an, dann setzte er sich auf. Nach einer Weile kletterte er aus dem Bett. Er ging ins dunkle Wohnzimmer und hob die Klappe des Gucklochs.
    Draußen standen die dunklen Gestalten Posten wie stumme Soldaten. Während er sie beobachtete, zog sich erst der eine, dann der andere zurück. Ihr unzufriedenes Murmeln war zu hören. Wieder war eine Nacht zu Ende.
    Er kehrte ins Schlafzimmer zurück, schaltete das Licht ein und kleidete sich an. Als er in das Hemd schlüpfte, hörte er Ben Cortman brüllen: »Komm raus, Neville!«
    Das war alles. Danach schleppte sich auch der Rest davon, schwächer, das wusste er, als sie gekommen waren - außer sie waren über einen der ihren hergefallen. Das taten sie oft. Es gab keinen Zusammenhalt unter ihnen - nur ihr Bedürfnis.
    Angekleidet setzte Neville sich auf die Bettkante und stellte seufzend seine Liste für den neuen Tag auf:
    Drehbank von Sears
    Wasser
    Generator nachsehen
    Dübelholz (?)
    Übliches
    Das Frühstück nahm er hastig zu sich: ein Glas Orangensaft, eine Scheibe Toast und zwei Tassen Kaffee. Es ging viel zu schnell, und er wünschte sich, er brächte die Geduld auf, langsam zu essen.
    Als Erstes schaute er draußen zum Himmel hoch. Er war klar, fast wolkenlos. Heute konnte er sich unbesorgt weiter vom Haus entfernen. Gut!
    Auf der Veranda trat er auf ein paar Spiegelscherben. Also war das verdammte Ding jetzt endgültig zerbrochen, genau wie er es befürchtet hatte. Er würde die Scherben später wegräumen.
    Eine Leiche lag hingestreckt auf dem Bürgersteig, eine andere war halb von der Hecke verborgen. Beides Frauen. Es waren fast immer Frauen.
    Er sperrte die Garagentür auf und fuhr seinen Kombiwagen rückwärts in die morgendliche Kühle hinaus. Dann stieg er aus, klappte die Hecktür herunter, schlüpfte in dicke Arbeitshandschuhe und holte zuerst die Frau auf dem Bürgersteig.
    Im Tageslicht wirkten sie wahrhaftig nicht attraktiv, dachte er, während er die beiden nacheinander über den Rasen schleifte
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