Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich Bin Dann Mal Weg: Meine Reise Auf Dem Jakobsweg

Ich Bin Dann Mal Weg: Meine Reise Auf Dem Jakobsweg

Titel: Ich Bin Dann Mal Weg: Meine Reise Auf Dem Jakobsweg
Autoren: Hape Kerkeling
Vom Netzwerk:
diese eben nicht unter kommunaler Aufsicht stehen.
    Nach Sheelagh und Anne suche ich später, denn erst mal brauchen wir zwei ein Dach über dem Kopf.
    Ein Hotel nach dem anderen klappern wir in absteigender Kategorienfolge ohne nennbares Ergebnis ab. Keiner will uns. Mich hätten sie trotz meines fleckigen Jeanshemdes gerade noch aufgenommen, aber nur ohne den Hund. In einer Seitenstraße bietet eine schäbige Pension in einem heruntergekommenen Neubau fragwürdige Ein-Zimmer-Apartments für einen Spottpreis an. Da dieses Etablissement unsere wahrscheinlich letzte Chance ist, entscheide ich mich schweren Herzens, Pepe hundert Meter davon entfernt an einer Laterne anzubinden. Trotz seiner gruseligen Erfahrung macht er keinen großen Aufstand und bleibt, den Kopf leicht geneigt und kritisch dreinschauend, ganz ruhig sitzen. Keine Ahnung, ob ein Hund so schnell Vertrauen aufbaut, aber ganz offensichtlich hat Pepe das getan.
    Man bietet mir ein Apartment in einem Nebengebäude mit unabhängigem Eingang an. Hier scheinen also öfter Herrschaften ungesehen auf den Zimmern verschwinden zu wollen. Natürlich schlage ich sofort zu und zahle wie verlangt bar im Voraus. Falls man mich mit Pepe später erwischen sollte, kann ich ja immer noch behaupten, er gehöre einem Freund oder er sei mir erst nach der Anmietung des Zimmers zugelaufen.
    Fahrstuhl gefahren ist Pepe scheinbar noch nicht, denn der macht ihm mächtig Angst, sodass ich befürchte, er könne das ganze Haus zusammenbellen, aber tapfer unterdrückt er jedes laute Geräusch.
    Es ist herrlich unkompliziert, den Hund in das kleine Apartment unter dem Dach zu schmuggeln. Als wir den Raum betreten, habe ich das Gefühl, seine Gedanken lesen zu können. Oh Gott, er glaubt die karge Kammer sei mein Zuhause und von nun an auch das seine. Kritisch inspiziert er die Minibude und ruck, zuck sitzt er mit einem dicken Fragezeichen auf seiner von feuerrotem Fell bewachsenen Stirn auf dem sauberen weißen Bett und ähnlich wie mir scheint es ihm hier nicht besonders gut zu gefallen.
    Trotzdem erklärt er die weiße Tagesdecke auf dem Bett zu seinem Eigentum und saut sie mit den roterdigen Pfoten vorsichtshalber schon mal tüchtig ein. Das Zimmermädchen wird vermutlich nie vollends begreifen können, welche spielerische Tobsucht über das Zierlaken in diesem Zimmer hergefallen ist.
    Nachdem ich meinen Rucksack abgestellt und Pepe ein weiteres Mal kulinarisch versorgt habe, schmuggele ich ihn wieder aus dem Haus. Anne und Sheelagh machen sich wahrscheinlich mittlerweile Sorgen um mich, da ich jetzt schon seit Stunden überfällig bin. In der Stadt erkundige ich mich nach dem örtlichen refugio , in dem sie wahrscheinlich abgestiegen sind, und nach einer guten halben Stunde Fußmarsch erreichen mein neuer Freund und ich das albergue in einem modernen plattenbauartigen Vorort des ansonsten mittelalterlichen Ponferrada.
    Mit dem Hund darf ich das fürchterliche Siebziger-Jahre refugio nicht betreten, also bitte ich eine dralle, patente spanische Pilgerin, sich in dem riesigen Gebäude liebenswürdigerweise nach Sheelagh und Anne umzusehen und sie zu mir nach draußen auf den betonierten Vorplatz zu bitten. Inzwischen hat sich um Pepe eine internationale Pilgertraube geschart und bemuttert ihn. Als Anne und Sheelagh aus dem refugio gestürzt kommen, können sie den Hund also zunächst gar nicht sehen, sondern nur meinen Kopf über den nach unten gebeugten Menschen.
    Anne brüllt sofort: »Oh god! Hans, wo warst du? Was ist passiert?«, und Sheelagh denkt aufgrund der kleinen Ansammlung um meine Beine, ich sei verletzt. Als sie dann meinen kleinen spanischen Freund entdecken, entgleiten beiden die Gesichtszüge komplett.
    Anne ist fassungslos: »Oh no! Wo hast du den geklaut?«
    Wahrheitsgemäß berichte ich nun von meinen Abwegen und vom Fund des kleinen Sonnenscheins. Eigentlich ist es mir auch egal, ob die beiden das verstehen. Ich verstehe es und das reicht. Beide erklären mich danach natürlich für komplett verrückt, allerdings nicht ohne sich selbst auch sofort in den quiekenden Pepe zu verlieben und ihn pausenlos zu bemuttern. Anne fällt als Erster die Nervosität des Hundes auf, denn dafür hat sie nun mal einen besonderen Blick; dann stellt sie die entscheidende Frage: »Sag bitte, dass du ihn nicht behalten willst?«
    Ich erkläre den beiden, dass ich den Hund nur unter der Bedingung abgebe, dass ihm garantiert nichts zustößt.
    Unser nächster Halt ist die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher