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Ich bin an deiner Seite

Ich bin an deiner Seite

Titel: Ich bin an deiner Seite
Autoren: John Shors
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Und dann fingen sie an, ihn zu treten. Und bald kamen noch mehr Leute dazu, um sich das Spektakel anzusehen – ein Haufen verdammter Feiglinge, wenn du mich fragst, weil niemand versuchte einzugreifen, selbst als diese drei Bastarde anfingen, ihn zu treten.«
    »Habt ihr auch da gestanden?«
    Ian lächelte und erinnerte sich, wie Kate nach vorn getreten war. »Deine Mutter ließ ihr Essen fallen und rannte sofort hinüber zu ihnen. Und ich hatte keine andere Wahl, als das Gleiche zu tun. Als ich ankam, schrie sie die Geschäftsleute bereits an. Zwei von ihnen hatten schon aufgehört, ich schätze, die hatte sie ganz schön schockiert. Aber einer von diesen Bastarden blieb stur. Zumindest, bis ich auftauchte. Da rannte er dann davon, als hätte ihm jemand Feuer unterm Hintern gemacht.«
    Mattie nahm sich noch eine Gurke. »Und was hat Mami gemacht?«
    »Deine Mutter beugte sich hinunter und half dem obdachlosen Mann auf die Füße. Und dann gab sie ihm Geld. Eine ziemlich stattliche Summe, wenn ich mich recht erinnere.«
    »Hatte sie keine Angst?«
    »Ich weiß es nicht. Ich hatte welche. Wenn etwas passiert wäre, hätten sie uns vielleicht ausgewiesen. Und ich war damals erst seit ein paar Monaten im Land. Ich hätte nicht gewusst, wohin ich gehen soll.«
    Mattie nickte, nicht überrascht von der Geschichte. »Ich will so wie Mami werden. Ich will Leuten helfen.«
    »Und das wirst du, Schatz. Das wirst du. Aber werde nicht zu schnell erwachsen, okay? Du kannst den Menschen auch helfen, wenn du jung bist.«
    Sie aß ihre Gurken auf und nahm sich einen rosafarbenen Teller, auf dem dünne Garnelenscheiben lagen. »Papa, sollen wir morgen unsere Nachrichten von Mami aufmachen?«
    »Morgen?«
    »Ich glaube, das sollten wir.«
    Ian tat noch etwas Wasabi in seine Sojasauce, um Zeit zum Nachdenken zu haben. Er wusste nicht, ob er schon wieder in der Lage war, Kates Worte zu lesen. Er hatte Angst, dass sie mehr von ihm verlangen würde, als er geben konnte. Schon jetzt hatte sie ihn an seine Grenzen gebracht, indem sie ihn zwang, nach Japan zurückzukehren, an den Ort, an dem er sich in sie verliebt hatte. Ein Teil von ihm hatte nicht zurück nach Kyoto kommen wollen, denn manchmal war es besser, nicht zu viele Erinnerungen zu wecken. Solche Erinnerungen schwächten eher, als dass sie stärkten, und er musste stark sein für Mattie. Er konnte ihr nicht zeigen, dass ihn Dämonen quälten, die Trauer, die ihn zu ersticken drohte. Er musste ein Schauspieler sein, musste sie davon überzeugen, dass er diese Reise machen wollte, auch wenn er es Kate manchmal regelrecht übel nahm, dass sie ihn darum gebeten hatte. Sie verlangte zu viel von ihm. Wie sollte er Erinnerungen durchlaufen, die niemals mehr mit Leben erfüllt sein würden? Wie konnte er Mattie zum Lachen bringen und sie lächeln lassen, wenn ihm so viel Freude genommen worden war? Er würde es natürlich versuchen, aber er hatte Angst zu versagen. Er war nie so stark wie Kate gewesen, und sie hätte daran denken müssen, bevor sie das Unmögliche von ihm verlangte.
    »Können wir noch bis übermorgen damit warten, Ru?«, antwortete er schließlich. »Wie wäre das? Wir beide spielen morgen Captain Cook, und übermorgen machen wir dann die Filmdosen auf.«
    »Richtig Captain Cook?«
    »Sicher, Schatz. Wir sehen uns alles ganz genau an. Wir erkunden Tokio. Und haben Spaß. Und dann lesen wir die Briefe von deiner Mutter.«
    »Aye, aye, Captain«, erwiderte Mattie und versuchte zu lächeln, weil sie wusste, dass ihr Vater sich wegen der Filmdosen Sorgen machte. Sie wusste, dass er glaubte, er könne seine Gefühle vor ihr verbergen, aber sie hatte ihn schon viel zu lange leiden sehen. Sie tat so, als sähe sie es nicht, aber er konnte ihr nichts vormachen. Nicht, wenn sie ihn auf das Foto ihrer Mutter starren sah, nicht, wenn er mitten im Satz aufhörte zu sprechen, weil ein Geruch oder ein Anblick ihn an seinen Verlust erinnerte. Und vor allem nicht nachts, wenn er ins Badezimmer ging, die Dusche anstellte und weinte.
    Mattie verstand ihren Vater. Sie verstand ihn, weil sie sein Gesicht in glücklicheren Zeiten gesehen hatte. Sie wusste, wie gerne er lachte, wie gerne er sie kitzelte und Witze machte. Jetzt tat er das kaum noch und machte es nicht mal annähernd so gut wie früher. Manchmal blitzte sein altes Ich noch auf, aber das war so selten wie die Momente, in denen sie selbst glücklich war.
    »Ich hab dich lieb, Papa«, sagte Mattie und stellte einen weiteren
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