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Hummeldumm

Hummeldumm

Titel: Hummeldumm
Autoren: Tommy Jaud
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ha!«
    »Klar ist Weiß ein Farbe«, schmunzelte Bahee. »So wie Schwarz auch. Ich weiß das, weil ich bin schwarz, ne!«
    »Dann brauchst du nur an Schwarzweiß-Fernseher und siehst trotzdem an Farbfilm, oder!« Speckhut feixte beifallheischend in die Runde, doch wie durch ein Wunder verwandelte sich unser Toyota Quantum nicht in einen Hexenkessel.
    »Für was bist du denn mal Professor?«, fragte Bahee.
    »I wor Lehrer für Latein und Geschichte. Aber jetzt bin i pensioniert.«
    »Ach ja ...«, stöhnte die Rosinenhexe leidend, und wir näherten uns dem Stadtzentrum. Sina tat so, als ob sie eingenickt wäre, aber das sollte ihr nicht helfen, denn Bahees Flaggen-Exkurs hatte mich die Gesamtfahrzeit unserer Reise nicht vergessen lassen.
    »Sina?«
    Meine Freundin öffnete nur ein Auge. Aber das reichte mir.
    »Schatz?«
    »Ja?«
    »Hast du eigentlich mal überlegt, was mich am meisten daran nerven könnte, dass ich in Frankfurt arbeite und in Köln wohne?« Mit halbherzig geheuchelter Unschuld schüttelte sie den Kopf. »Überleg einfach mal: Ist es a) mein Chef, b) das Wetter, oder sind es c) die drei Stunden, die ich jeden Tag in verspäteten und überfüllten Zügen sitze?«
    Ich war lauter geworden bei c), und mit einem Mal war Sina wach und ihr Blick scharf. »Du gibst mir jetzt nicht wirklich die Schuld dafür, dass Namibia so groß ist, oder?«
    »Nein, Schatz. Wofür ich dir die Schuld gebe, ist, dass ich insgesamt vierundachtzig Stunden in einem japanischen Minibus sitze. Im Urlaub!«
    »Sag nicht >Schatz<, wenn du sauer bist!«
    Statt Sauergras und Sand sahen wir nun die ersten Wohnhäuser Windhoeks. Die meisten waren aus buntem Holz und mit Mauern sowie Elektrozäunen gesichert. An einigen klebten Verkaufsschilder von Maklern und erinnerten uns daran, dass wir ja selbst bald umziehen wollten. Drei Tage nach unserem Urlaub würden wir den Kaufvertrag unterzeichnen - natürlich nur, falls wir das hier überlebten.
    Sina hatte mir in der Zwischenzeit die Broschüre abgenommen und rechnete mit gestresster Miene die Fahrzeit nach. »Zweiundachtzig Stunden, nicht vierundachtzig!«, zischte sie und gab mir den Prospekt zurück, »und die Broschüre hättest du ruhig vorher mal lesen können, statt mich jetzt im Bus anzupampen!«
    »Stimmt. Ich hätte wirklich die Broschüre lesen sollen, statt unsere Wohnung klarzumachen in letzter Minute, und das neben meinem Projekt.«
    »Du bist echt so blöd manchmal!«
    Sina kochte vor Wut, also ließ ich sie vorerst in Frieden. Mit gemächlicher Geschwindigkeit erreichten wir das Stadtzentrum von Windhoek und passierten einen großen, relativ unspektakulären Platz. Der Lautsprecher klickte. »So, ich werde euch jetzt mal an die ein oder andere Sight von Windhoek mal vorbeifahren, ne. Also ... Windhoek, der ist unsere Hauptstadt, ne, und der liegt fast 1700 Meter hoch zwischen die Eros und die Auasberge. Die Platz hier rechts zum Beispiel, das ist die berühmte >Ausspannplatz<, und die heißt so wegen die deutsche Soldaten damals.«
    Wetterfloh Brenda zog die Stirn kraus: »Echt? Auf dem Platz haben die Soldaten gechillt?«
    Es war plötzlich recht still im Bus, und auch Brendas grauhaariger Begleiter zog es vor, stumm durchs Fenster zu schauen. Bahee tat so, als hätte er die Frage gar nicht gehört, was mit Sicherheit das Beste war, was er tun konnte.
    »Ja, und hier sind wir jetzt schon in die Independence Avenue, die hieß auch mal Kaiserstraße, aber nach der Unabhängigkeit so eine Name war naturlich ein bikkie unglücklich, ne.«
    »Kann man hier denn gut shoppen?«, wollte Brenda wissen. »Du hast doch alles!«, hustete Breitling recht uncharmant.
    »Ich frag ja nur!«, zickte Brenda zurück.
    »Also, hier in Windhoek kriegst du so gut wie alles, ne. Klamotten, Computer und auch so was wie Bratwurste und Leberkäse, das haben wir noch aus die deutsche Zeit mal übernommen, ne, das ist jetzt auch Teil von unsere Kultur!«
    »An Leberkäs? Sauber!«, knarzte die fränkische Schildkröte neben mir.
    »Wann war denn die deutsche Zeit?«, fragte der Schweizer Erdbeerigel.
    »Vierundachtzig bis fünfzehn!«, antwortete Bahee knapp und bremste den Bus, um ein paar weiße Touristen über die Straße zu lassen.
    Aufgeregt schaute Brenda durchs Fenster. »Ach, dann sind wir noch mittendrin?«
    Die gesamte zweite Sitzreihe drehte sich wie in Zeitlupe nach hinten um. Breitlings Kopf klackte an das Seitenfenster. Brenda merkte, dass man sich über sie lustig machte, und mit dem
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