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Huff, Tanya

Huff, Tanya

Titel: Huff, Tanya
Autoren: Blood Ties 05 - Blutschuld
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schüttelte den Kopf. Ihm reichte die Gewißheit, daß
Henry nicht fortfahren würde, wenn er, Tony, es nicht wollte. Sie war ihm sogar
mehr als genug, denn Tony wollte gar nicht, daß Henry aufhörte. „Nichts. Nicht
weiter wichtig."

Wenig später drangen spitze Zähne durch zarte Haut und
bohrten sich in eine Ader, und eine Zeitlang wurden all die Toten im Blut der
Lebenden fortgespült.
    Die warme Abendsonne im Gesicht fuhr Corporal Phyllis
Roberts die Commissioner Street entlang, summte den neuesten Hit von Celine
Dion vor sich hin und schlug auf dem Lenkrad mit den Fingerspitzen den Takt
dazu. Die neuen Fahrzeuge der kanadischen Hafenpolizei verfügten über
Klimaanlagen, aber Corporal Roberts schaltete ihre nie ein, weil sie sich beim
Fahren mit geschlossenen Fenstern stets wie in einer Raumfähre eingeschlossen
vorkam, ein Gefühl, das sie nicht mochte.
    Corporal Roberts hatte bereits seit drei Stunden Dienst
und war guter Stimmung. Bislang war nichts schiefgelaufen.
    Als Corporal Roberts Dienst drei Stunden und fünfzehn Minuten
gedauert hatte, hörte sie auf zu summen.
    Sie bog gerade in den Vanterm ein, einen der
siebenundzwanzig Kais für Fracht- und Kreuzfahrtschiffe im Hafen von Vancouver
und derjenige, den Roberts zur Zeit am wenigsten mochte, und mußte die Augen
zusammenkneifen, um die winzigen Gestalten dreier Männer ausmachen zu können,
die vor dem riesigen Bug eines in Singapur registrierten Containerschiffes wie
Zwerge wirkten. Helle, auf hohen Pfosten angebrachte Lampen zeichneten ein
Schachbrettmuster aus Containerstapeln und scharf umrissenen Schatten auf den
hölzernen Ponton, wobei sie die Gesichter der drei Männer so verschwommen
erscheinen ließen, daß Corporal Roberts ihnen fast schon direkt
gegenüberstehen mußte, ehe sie feststellen konnte, daß sie einen der drei
kannte.
    Roberts ließ die Uniformmütze im Wagen liegen, griff zu
der langen Stabtaschenlampe mit Gummigriff, vergewisserte sich mit einem kurzen
Handgriff, der eher auf Gewohnheit beruhte als auf der Befürchtung, die Waffe
auch wirklich einsetzen zu müssen, daß ihr Gummiknüppel dort hing, wo er
hingehörte und trat auf die Männer zu. „Lädst du in Nachtschicht, Ted?"
    Ted Polich, der kleinste der drei Schauerleute, wies mit
dem Kopf auf den Brückenkran, der über dem Kai zu lauern schien wie ein
riesiger mechanischer Raubvogel. „Die Kontrollen sind verschärft worden, und
der

Schweinehund hier zieht nach links. Wir wollten das heute
nacht wieder hinkriegen, damit es uns morgen nicht aufhält."
    „Was Gott verhüten möge", murmelte Roberts. Der
Handel mit den Pazifik-Anrainerstaaten hatte derart zugenommen, daß der Hafen
von Vancouver sein Äußerstes geben mußte, um die anfallende Arbeit bewältigen
zu können. „Wo ist die Sache, die ich mir ansehen soll?"
    „Vorne am Bug. In einem von diesen Strudeln zwischen Mole
und Schiff." Polich verfiel mit Roberts in Gleichschritt und steckte die
Hände in die Taschen seines speckigen Overalls. „Wir dachten, sie schicken uns
die städtische Polizei."
    „Tut mir leid. Fürs erste müßt ihr mit mir vorlieb nehmen.
Bis wir wissen, ob das auch wirklich stimmt, was ihr da gesehen haben
wollt."
    „Denken Sie, wir haben uns das ausgedacht?" fragte
einer der anderen Männer indigniert und streckte den Kopf vor, um der
Polizeibeamtin einen tadelnden Blick zuzuwerfen.
    Corporal Roberts schüttelte den Kopf und seufzte. „Das
wäre zuviel des Guten."
    War es auch.
    In dem engen Dreieck zwischen dem Bug des Schiffes und der
Mole hüpfte der nackte Körper eines Mannes auf und ab. Sein Rücken wirkte wie
eine dunkle, mit Haut überzogene Insel, gegen die, wie schwarzes Seegras, die
Haare schlugen.
    „Mist."
    Polich nickte. „Meine Worte. Meinen Sie, er ist selbst da
reingesprungen?"
    „Das bezweifle ich." Es sprangen zwar manchmal
Selbstmörder von der Lion's Gate Bridge, aber bisher war der Polizei noch kein
Fall untergekommen, bei denen diese Verzweifelten sich die Zeit genommen
hätten, sich vor ihrer Tat zu entkleiden. Roberts richtete ihre Taschenlampe
auf das Wasser und ließ den Lichtstrahl langsam über die Leiche gleiten. Ein
Muster aus großen und kleinen Flecken zierte die Haut. Der Mann war nicht alt,
würde nun auch nicht mehr älter werden, wie Roberts finster feststellen mußte,
und hatte noch nicht lange im Wasser gelegen.
    „Komisch, warum wohl manche oben bleiben und manche
sinken", sinnierte Polich, der neben der Beamtin stand. „Der Typ
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